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K20 Kunstsammlung NRW in Düsseldorf - db deutsche bauzeitung

… in die Jahre gekommen
K20 Kunstsammlung NRW in Düsseldorf

Das K20 von Dissing+Weitling ist eines der Aushängeschilder der 80er-Jahre-Architektur. Daran hat auch die 2010 abgeschlossene Sanierung und Erweiterung durch die erneut beauftragten dänischen Planer nichts geändert. Bei der behutsamen Sanierung des schwarz-glänzenden Originals versuchte man zudem, seine etwas ungünstige Eingangssituation zu entschärfen.

    • Architekten: Dissing+Weitling

  • Kritik: Uta Winterhager Fotos: Dissing+Weitling, Jens Willebrand, Walter Klein, Sebastian Drüen
Schon in den 60er Jahren hatte das Land Nordrhein-Westfalen eine qualitätvolle Sammlung der Klassischen Moderne angelegt, doch fehlte ein geeigneter Ort, sie in Gänze und dauerhaft zu präsentieren. Da fügte es sich gut, dass die Stadt Düsseldorf dem Land ein Grundstück auf dem Grabbeplatz zwischen Hofgarten und Altstadt für den Museumsneubau zur Verfügung stellte. Der Neubau der Kunstsammlung des Landes sollte hier auf halber Strecke einer geplanten Kulturachse zwischen Kunstakademie und Städtischer Kunsthalle entstehen. Den 1975 für den Bau des Museums ausgelobten Wettbewerb gewann das Kopenhagener Büro Dissing+Weitling. Hans Dissing und Otto Weitling waren bis dahin in Deutschland kaum bekannt, wohl aber Arne Jacobsen, dessen Büro und auch dessen Bestreben nach Perfektion und nordischer Eleganz beide nach seinem Tod weiterführten. ›
Der unheilige Schrein
Städtebaulich brachte der Entwurf von Dissing+Weitling Ordnung durch Hierarchie in die heterogene Situation am Grabbeplatz. Von nun an war der Fokus auf den dunkel-glänzenden Museumsbau gerichtet, der die gesamte Nordseite des Platzes besetzt. Mit einem wohlproportionierten Schwung auf der Hofgartenseite macht der Bau den Platz zum Museumsvorplatz, über den zwar immer noch, wie von der Stadt gefordert, die Sichtachsen zum Rhein und zum Hofgarten offen geblieben sind, formal ist er jedoch nur noch dazu bestimmt, die Annäherung an das Museum zu inszenieren. Die Fassade aus dunklem Rønne-Granit verleiht dem Gebäude Eleganz und Leichtigkeit, die Spiegelungen in der hochglänzenden Oberfläche schaffen ein kohärentes Bild der ungleichen Nachbarschaft. Die Architekten verzichteten auch auf die Verwendung repräsentativer Insignien und entschärften alles Prachtvolle: Sie setzten das Museum nicht auf ein Podest, sondern ließen den Vorplatz langsam und asymmetrisch ansteigen. Sie verzichteten auf Attika und Sockel, sodass sich die Fassade in den Spiegelbildern des Gegenübers und des Himmels fast aufzulösen scheint. Doch der Charme dieser Ansicht verliert leider etwas durch die zu auffälligen Öffnungen, Durchstöße und gar eine dreigeschossige Wintergartenkaskade. Der eigentliche Eingang in das Museum befindet sich nicht unmittelbar an der Schauseite, sondern liegt versteckt und wenig einladend in einer düsteren Passage.
Architektur für die Kunst
Ein trichterförmig streng organisiertes und ebenfalls relativ dunkles Foyer führte vor dessen Umgestaltung die Besucher in die Ausstellungsräume. Diese, ein bis drei Geschosse hoch, überzeugen auch heute noch ganz unerwartet durch ihre außergewöhnliche Lichtqualität und eine fast sakrale Atmosphäre, wie sie zuvor in der äußeren Erscheinung des Museums schon einmal angeklungen war. Weitere Bezüge nach außen gibt es nicht, da die räumliche Organisation der Sammlung allein dem Raster der Oberlichter folgt. Durch den Verzicht auf Farbe, Form und Struktur entstanden vollkommen neutrale Räume, deren einzig markantes Gestaltungsmerkmal die weißen gewölbten Kunststoffsegel sind, die das durch die Oberlichter einfallende Tageslicht gleichmäßig im Raum verteilen. Ideale Bedingungen also für die Kunst.
2010 wurde die Kunstsammlung nach einer umfassenden Sanierung und Erweiterung für rund 40 Mio. Euro wieder eröffnet. Pläne und sogar Studien für eine Erweiterung hatte es schon seit den 90er Jahren gegeben, als die Sammlung unter Direktor Armin Zweite um zahlreiche Werke der Gegenwartskunst angewachsen war. Auch die Auslagerung der Kunst des 21. Jahrhunderts in das Ständehaus am Kaiserteich (K21) konnte das Platzproblem nur partiell lösen: Der inzwischen nur noch »K20 Grabbeplatz« genannten Kunstsammlung fehlten große Räume für Wechselausstellungen. Erst 2006 erlaubte ein Kabinettsbeschluss die dringend notwendige Erweiterung sowie eine Grundsanierung des gesamten Gebäudes. Einigkeit herrschte darüber, dass neue Gebäudeteile keinesfalls in Konkurrenz mit dem Bestand treten dürften, denn das Museum wollte sich auch weiterhin innen wie außen als ein harmonisches Ganzes darstellen – da lag es nahe, erneut Dissing+Weitling zu beauftragen. Auch für die Architekten durfte die Erweiterung lediglich zu einer »evolutionären Weiterentwicklung« des Gebäudes führen. Bauliche Eingriffe auf der Schauseite zum Grabbeplatz waren dadurch ausgeschlossen, doch auf der Gebäuderückseite konnte ein zweigeschossiger Quader angefügt ›
› werden, ohne das Ensemble zu schwächen. Der Standort der Erweiterung war zuvor als Freifläche wenig attraktiv und erschien wie eine zufällige Aufweitung jener Kunstachse, die auch die unglückliche Passage durch das Museum erzwungen hatte. Durch den Erweiterungsbau wurde der »Kleeplatz« zwar erheblich kleiner, aber auch deutlicher Teil des Museums. Denn auch der gesamte Anbau, dessen lange Flanke den Kleeplatz nun begrenzt, ist, wie das gesamte Gebäude, mit dem charakteristischen dunklen Granit bekleidet. Dafür wurde sogar der bereits stillgelegte Steinbruch auf der dänischen Insel Bornholm wieder aktiviert.
Auffällig ist, dass die Architekten nun deutlich subtiler mit der kostbaren Natursteinhülle umgegangen sind. Auch hier gibt es zahlreiche Öffnungen, doch sie wurden so gestaltet, dass sie nicht gegen die noble Erscheinung der dunkel-glänzenden Fläche antreten, sondern sich wie z. B. die Türen der Notausgänge unauffällig einfügen. Allein die so dringend benötigte Anlieferungszone sollte nicht versteckt werden, sodass nun doch ein aluminiumbekleideter Block im LKW-Format die Ansicht dominiert.
Zwei jeweils fast 1 000 m² große stützenfreie Ausstellungssäle bieten ausreichend Fläche für Wechselausstellungen jeglichen Genres. Den Übergang von alt zu neu bemerkt der Besucher kaum, denn innen gibt es genau wie außen keine formalen oder visuellen Brüche. Marion Ackermann, seit 2009 Direktorin des Museums, nutzte die Gelegenheit der zweijährigen Schließung, während des Umbaus die Hängung und damit auch die Wegeführung durch die Sammlung komplett neu zu konzipieren. So änderte sie die bis zuvor an einigen Stellen unschlüssige Raumfolge und präsentiert die rund 200 Werke von Beckmann bis Pollock jetzt in einem Parcours, dessen mäandernde Struktur kleinere räumliche Einheiten schafft.
Die strategische Verdunkelung des Eingangsbereichs wurde auf das Treppenhaus mit den futuristisch abgehängten Treppenläufen beschränkt und das Foyer erleuchtet, freigeräumt und ohne Zwangsführung organisiert. Nur an dieser Stelle wurde das 25 Jahre alte Konzept deutlich korrigiert und den Ansprüchen heutiger Museumsbesucher angepasst – dies allerdings ohne die Beteiligung von Dessing+Weitling, sehr zu deren Bedauern.
Kunst für die Architektur
Die Passage, einer der schwierigsten Orte des K20, ist ein Zugeständnis an die Stadt gewesen. Mit einem Wasserbecken und einem Lichtschacht hatten die Architekten zwar ihren Gestaltungswillen bezeugt, doch den praktischen Problemen, wie der allnächtlichen Verunreinigung und der unklaren Eingangssituation, setzten sie damit nichts entgegen. Für die Wiedereröffnung 2010 lud das Museum den dänisch-isländischen Künstler Olafur Eliasson ein, den Durchgang mit Kunst zu bespielen. Seine Installation lässt seither tagsüber gelbes Licht und Nebel aufsteigen, sodass die Passage erfüllt von diesem Kunst-Wetter nun auch ihren Platz im Kontext des Hauses gefunden hat. Unterstützt wird dieser Eindruck durch den neuen point de vue der Passage, einer farbigen Keramikwand, die die Künstlerin Sarah Morris als Preisträgerin des Wettbewerbs für die Gestaltung des Kleeplatzes entworfen hat.
Dass die ohnehin schon plakative dunkel-glänzende Fassade, an der noch überdeutlich die Handschrift Arne Jacobsens abzulesen ist, zum Werbeträger des Museums geworden ist, war kein Vorschlag der Architekten. Doch für das K20 sind die Großflächenplakate zur wichtigsten Kommunikationsplattform geworden. Manchmal muss man eben etwas deutlicher werden. 
    • Standort: Grabbeplatz 5, 40213 Düsseldorf


… in die Jahre gekommen (S. 58)
Uta Winterhager
1972 in Bonn geboren. 1992-95 Architekturstudium in Aachen. 1995 Diplom und 1999 Master an der Bartlett School in London. 1997-99 Bürotätigkeit in London, seit 2000 freie Autorin für Architektur und Kinderliteratur.
 
 
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