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Kinder-KulturZentrum Nicolai in Kolding (DK)

In den dänischen Wolken
Kinder-KulturZentrum Nicolai in Kolding (DK)

Kinder-KulturZentrum Nicolai in Kolding (DK)
Ziemlich eigen: Im Kinder-Kulturzentrum empfängt einen ein knallroter Flur mit Installationen zu wechselnden Themen Nur die auffälligen, kastenartigen Fensterrahmen aus Corten-Stahl deuten auf den Umbau des Gebäudes aus der Zeit der Jahrhundertwende hin Die begehbare, gläserne Wolke hängt über dem Mal-, Zeichen- und Tanzsaal im 1. OG Lieblingsplatz der Kinder: Vom 2. OG steigen sie auf die gläserne Wolkenebene hinab. Durch Blickbeziehungen nach oben und unten gewinnen sie ein Gefühl für Raum und Höhe Die lianenartigen Taue sind zwar beliebt, der ungepolsterte Boden und die Metallösen haben sich aber als nicht ganz ungefährlich erwiesen Sichtbeziehungen: Die verschiedenen Ebenen und Räume sind über Galerien und Fenster miteinander verbunden Die »Theatergrotte« mit Kostümfundus. Auch ins Theater kann man aus anderen Räumen des Kinderhauses hineinblicken Grundriss 2. OG, M 1:400 Grundriss 1. OG, M 1:400 Grundriss EG, M 1:400 Grundriss KG, M 1:400 Schnitt »Dschungel«, M 1:400 Schnitt »Theater«, M 1:400 Lageplan, M 1:1000 1 Bühne 2 Umkleide 3 »Theatergrotte« 4 Mehrzweckraum 5 Dschungel 6 Workshop 7 Stauraum 8 Büro 9 Wolke 10 Technik A neues Foyer B Musikhaus C Werkstatthaus D Kinderkulturhaus E Haus der Geschichte F Kino und Café
Dänemarks wohl bekannteste Attraktion für Kinder heißt Legoland. Im 40 km südlich davon gelegenen Kolding gibt es ein Haus, das mit der Spielzeugwelt aus den kleinen Plastikklötzchen durchaus konkurrieren kann: Das farbenfroh umgebaute Schulhaus inspiriert Kinder unterschiedlichen Alters zu kreativem Spiel.

    • Architekten: Dorte Mandrup Arkitekter
      Tragwerksplanung: EKJ rådgivende ingeniører

  • Kritik: Clemens Bomsdorf
    Fotos: Adam Mørk, Jakob Galtt
Mit Blut fängt alles an. Knallrot tropft es von der Decke herab. Überdimensionierte rote Blutkörperchen, aus Styropor geformt, hängen an kaum sichtbaren Fäden im rot gestrichenen Eingangsbereich des Freizeitheims »Nicolai for børn« (Nicolai für Kinder). Nicht jeder Besucher – ob jung oder alt – wird direkt erkennen, was die ovalen, etwa Motorrollerrad großen Formen darstellen sollen. Doch das macht rein gar nichts; schön anzusehen sind sie in jedem Fall.
UNAUFDRINGLICHE PÄDAGOGIK
Mit der Umschreibung »unaufdringliche Pädagogik« ist ein wichtiger Aspekt des Hauses bereits benannt. Viele Objekte und Räume stellen etwas Spezielles dar – was, muss jeder selbst herausfinden und wer es nicht schafft, hat dennoch seine Freude an der Innenarchitektur. »Wir sind keine Schule, wollen aber trotzdem die Möglichkeit geben, etwas zu lernen. Dass die Kinder in unserem Haus spielen und kreativ sein können, ist jedoch mindestens ebenso wichtig«, sagt Tina Klemmensen, eine der 13 Mitarbeiterinnen von »Nicolai for børn«. Dass Klemmensen nicht etwa Pädagogin ist, sondern Designerin, sagt ebenfalls viel über das Haus aus.
Die roten Blutkörperchen gehören zum alle zwei Jahre wechselnden Thema, das die Dekoration bestimmt. Derzeit lautet es »Darwin«. »Leben« wäre sicherlich eine ebenso gute Umschreibung gewesen, denn neben den Blutkörperchen gibt es Pflanzen, Federn und an die Wände gemalte gehende Skelette – die Verbindung zu dem britischen Naturforscher erschließt sich erst durch Nachdenken, sie zu erkennen, ist aber gar nicht nötig. »Nicolai for børn« ist eine Art Freizeitheim, das Schul- und Kindergartengruppen sowie einzelnen Kindern – die Zielgruppe ist zwischen zwei und zwölf Jahre alt – in Begleitung von Erwachsenen gegen vier Euro Eintritt vor- und nachmittags offen steht. Hier können sie malen, schauspielern, toben und mit dem Computer arbeiten. Und zwar in einer ziemlich anderen Umgebung als sie es von zu Hause oder aus der Schule gewohnt sind.
LIANEN OHNE NETZ UND DOPPELTEN BODEN
Das Kulturzentrum für Kinder ist in einem umgebauten Schulgebäude untergebracht. Wie in Dänemark häufig, hat u. a. die Stiftung Realdania einen großen Teil der Baukosten von rund 10 Mio. Euro übernommen. »Nicolai for børn« ist Teil eines aus fünf Häusern bestehenden Komplexes, der zwischen 1856 und 1909 im Zentrum der mitteldänischen Stadt Kolding (knapp 90 000 Einwohner) errichtet wurde. Die Gebäude bilden das neue Kulturzentrum »Nicolai« mit Kino, Stadtarchiv, Künstlerateliers, Musiksaal und dem Haus für Kinder. Von Außen ist nur an wenigen Details zu erkennen, dass das Haus aus hellem Backstein umgebaut worden ist. Lediglich die Eingangstür und drei Fenster links daneben deuten darauf hin. Deren Rahmen ragen gut einen halben Meter nach Außen und sind mit Corten-Stahl verkleidet. Das Innere des Gebäudes ist in Teilen entkernt und neu aufgeteilt worden. Einige Details jedoch wurden unverändert gelassen und erinnern an die alte Bausubstanz. So ist das Treppenhaus zwar wie der Eingangsbereich in hellem Rot gestrichen, doch die Oberflächen der steinernen Stufen sind ebenso wie der Messinghandlauf des Geländers noch im Ursprungszustand und lassen die Historie des Hauses erahnen.
Das Kinderkulturhaus ist in mehrere Zonen unterteilt: den Dschungel, die Grotte und den Himmel. Gleich rechts vom Eingang lockt der Dschungel mit seinen »Lianen«. Die Hälfte des Raums erstreckt sich über zwei Etagen – von der verspiegelten Decke hängen Taue, wie man sie aus Gymnastikhallen kennt. Am Rande stehen Pflanzen sowie eine riesige Spielkiste mit Bällen, Kissen und anderem. Hier können die Kinder toben und klettern. Auf dem hellgrün gestrichenen Boden liegen überraschenderweise keine Matten, Ösen ragen ungeschützt empor. Ernste Unfälle habe es noch nicht gegeben, erzählt Klemmensen, stattdessen aber amerikanische Besucher, die sagten, dass keine Versicherungsgesellschaft in ihrer Heimat so etwas akzeptieren würde. Die Architekten waren den Nutzern des Hauses dann aber doch zu unvorsichtig: Die erste Reihe Taue haben sie zu nah an den Fenstern platziert, ohne weiteres könnten die Kinder auf die Fensterbretter klettern. Das Risiko war der Leitung zu groß, also hängt die erste Reihe Taue nun angebunden und ungenutzt am Rande. Zwei Mütter, die mit ihren Kindern das erste Mal hierher gekommen sind, schwärmen aber dennoch am Rande des Dschungels sitzend vom Angebot des Hauses. »Es gibt in jedem Raum Neues zu entdecken«, sagt die eine Mutter und ihr 5-jähriger Sohn stößt ein freudiges »Ja« aus, als er gefragt wird, ob es ihm hier gefällt.
MAGEN-DARM-GESCHICHTEN
Die meisten Kinder haben zwei Lieblingsräume. Der eine wird vom Erdgeschoss aus betreten und heißt »Magen«. Er ist schlauchförmig, rund 6 m lang, komplett Rot gestrichen und durchgängig kaum mehr als 1,50 m breit. Dadurch ergibt sich das Gefühl, in einer Höhle zu sein. Drinnen liegen riesige rote Kissen und eine lange Stoffschlange, die den Darm symbolisieren soll. Ein Fenster gibt den Blick nach Draußen frei, ein anderes den, in den benachbarten Raum, der sich über Erdgeschoss und Keller erstreckt und Grotte heißt. Dort wurde wieder eine Zwischendecke entfernt, um mehr Platz zu schaffen, schließlich wird der Raum als Theatersaal genutzt.
Im Hauptraum des ersten Stocks hingegen wurde nur ein rund drei mal drei Meter großes Stück in der Decke ausgespart und durch einen tiefer gehängten Kasten aus Spezialglas ersetzt. In dieses aquariumartige, Wolke genannte Gebilde können die Kinder vom Obergeschoss aus hineinsteigen und so eine Art Schwebezustand erfahren, in dem sie auf die anderen Kinder im Raum drunter schauen. Dieser Raum mit dem eingehängten Glaskasten ist der Hauptraum; hier halten sich die Kinder üblicherweise am längsten auf, weil sie dort den meisten Aktivitäten nachgehen können – Werkeln, Malen oder Basteln. Ein großes Manko des rechteckigen Raumes ist allerdings die Belüftung, im Sommer wird es sehr heiß und die nur wenig über dem Boden beginnenden Fenster sollen aus Sicherheitsgründen geschlossen bleiben.
Das Dachzimmer, von dem aus die Wolke bestiegen werden kann, hat Dank vieler Dachfenster, die sich fern von Kindern befinden, dieses Problem nicht. Stattdessen bereitete, wie auch in anderen Räumen, die Akustik anfangs Schwierigkeiten. Wenn die Töne einer Handvoll spielender Kinder ungehindert durch die Räume hallen, ist das auf Dauer deutlich zu laut.
Einfache Lösung dieses vom Büro nicht bedachten Problems war die Installation von schallschluckenden Platten an den Wänden. Weil von hier aus die gläserne Wolke betreten werden kann, ist es der zweite Lieblingsraum der Kinder. Dazu trägt sicherlich auch die Beleuchtung bei: Als zusätzliche Lichtquelle gibt es einzeln dimmbare Leuchtstoffröhren in Regenbogenfarben – wie im richtigen Himmel.
Dem Büro Dorte Mandrup ist mit einfachen Mitteln ein spannendes Haus für Kinder gelungen. Die simplen Ideen regen die jungen Menschen an, überfordern sie aber nicht. Die flexible Innenarchitektur lässt viel Raum für Kreativität – der Pädagogen und der Kinder. Von Außen hingegen wirkt das Haus nur wenig attraktiv, etwas auffälligere Änderungen hätten gutgetan. Immerhin gibt es auf dem Platz vor der Tür einen Abenteuerspielplatz.


  • Bauherr: Stadt Kolding (DK)
    Architekten: Dorte Mandrup Arkitekter ApS, Kopenhagen
    Entwurf: Dorte Mandrup-Poulsen, Kristoffer Nejsum, Anne Carlsen Dam, Jesper Kaasbøl Henriksson
    Ausführungsplanung: Dorte Mandrup-Poulsen, Anders Brink, Torben Pedersen, Jens Riise
    Projektleitung: Jesper Kaasbøl Henriksson
    Tragwerksplanung: EKJ rådgivende ingeniører, Kopenhagen
    Landschaftsgestaltung: Arkitekt Kristine Jensens Tegnestue, Århus
    Baukosten: Rund 10 Mio. Euro. Gefördert durch den Lokale- og Anlægsfonden, Kopenhagen, und die Stiftung Realdania Bauzeit: 2006-08
  • Bauausführung: Jorton A/S, Århus (DK)
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