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Einheit trotz Vielfalt

Stadtbücherei in Grosuplje (SLO)
Einheit trotz Vielfalt

Die Bücherei des kleinen, südöstlich von Ljubljana gelegenen Ortes war lange Zeit in einem ehemaligen herrschaftlichen Haus untergebracht. Der wachsende Raumbedarf führte zur Erweiterung um einen signalhaften Funktionsbau, der mit Elementen des disparaten Umfeldes spielt und dabei der Ortsmitte wie auch dem altehrwürdigen Gebäude neue Wertigkeit zukommen lässt.

    • Architekten: A.Biro
      Tragwerksplanung: Antone Berce

  • Text: Mateja Medvedič
    Fotos: Miran Kambič
Slowenien ist in den letzten Jahren reicher geworden an einigen ausgezeichneten Beispielen zeitgenössischer Architektur, die von der Regierung oder den Kommunen mitfinanziert wurden. Bei vorgeschriebenen Wettbewerben wird die Jury im Allgemeinen vom Verband der Architekten und Raumplaner bestimmt. Dies war jedoch bei der Sanierung und Erweiterung der Stadtbibliothek in Grosuplje durch Miloš Florijančič und Matej Blenkuš, den Gründern des Architekturbüros A.Biro, nicht der Fall. Das Preisgericht wurde vom ehrgeizigen Bürgermeister von Grosuplje selbst ernannt. Trotzdem fiel das Ergebnis überaus positiv aus. Nach diesem und anderen Beispielen zeitgenössischer Architektur in Slowenien zu urteilen, lässt sich kaum mehr sagen, die öffentlichen Auftraggeber seien untätig, eher das Gegenteil ist der Fall.
Wie bei allen mit Geldern der öffentlichen Hand errichteten Gebäuden war auch der Bau der Bücherei stark durch Vorschriften eingeschränkt, die den Architekten wenig bis keinen gestalterischen Spielraum ließen. Aber dieser Nachteil wirkt sich nicht bei allen Auftraggebern gleich aus und hängt vom Ausmaß ihres Engagements, ihrem Interesse am Bauen und vom Gebäudetyp ab. Der für Grosuplje ausgewählte Entwurf entsprach den strengen funktionalen Forderungen heutiger Bibliotheksregeln, bot aber auch erstklassige Architektur innerhalb eines maßvollen Kostenrahmens von 1500 Euro pro Quadratmeter. Auch der Druck der verschiedenen Auftraggeber – Stadtverwaltung und Regierungsbehörden – auf den Zeitablauf vom Wettbewerb bis zur Eröffnungsfeier war ungewöhnlich groß. Die Bücherei von Grosuplje wurde in einer Rekordzeit von zweieinhalb Jahren fertiggestellt, während die durchschnittliche Bauzeit für Projekte der öffentlichen Hand vier bis sechs Jahre beträgt. Das berüchtigteste solcher Bauvorhaben ist die Staatsbibliothek in Ljubljana, mit deren Bau nach einem Wettbewerb aus dem Jahre 1989 jetzt vermutlich in diesem Jahr begonnen wird!
Die Bedeutung, die die Bauherren ihrem neuen Gebäude beimessen, lässt sich an der gut gestalteten Werbebroschüre der Bibliothek von Grosuplje ablesen, in welcher der Bürgermeister schreibt: »Die Entscheidung für diese außergewöhnliche Lösung, die moderne mit traditioneller Architektur verbindet, war mutig und im bestehenden, aber noch nicht weit entwickelten städtischen Kontext von Grosuplje sehr innovativ und provozierend. Heute kann ich sagen, dass wir erfolgreich waren, weil die neue Bücherei einen maßgeblichen Beitrag zur Architektur im Zentrum von Grosuplje verkörpert und eine visuelle Auffrischung der Stadtmitte bedeutet.« Damit hat er in jeder Beziehung Recht.
Bezugnahme und Abgrenzung Zugleich
Das kleine Grundstück hinter dem Altbau von 1889, dem einzigen denkmalgeschützten Gebäude der Stadt, umgeben von gesichtslosen sozialistischen Wohnblocks der sechziger Jahre und mit Blick auf die geneigten Dächer von Einfamilienhäusern weiter hinten, kann kaum als Traumlage bezeichnet werden. Da die Architekten von A.Biro eine respektvolle Haltung gegenüber dem bestehenden Kontext vertreten, sahen sie ihre Aufgabe darin, der vorgefundenen Vielfalt gerecht zu werden und zugleich entgegenzuwirken, eine Verbindung zur Planlosigkeit der städtischen Situation herzustellen und sich zugleich von ihr zu distanzieren. Die im Zickzack gefaltete Betonschale bot dafür viele Spielarten. Der Bau ist als selbstständiges Volumen konzipiert, das der historischen Bibliothek den ihr gebührenden Respekt zollt, mit der er nur durch eine verglaste Brücke verbunden ist. Blickt man von der Hauptstraße auf den Neubau, scheinen die einheitlichen Glasflächen mit dem Hintergrund aus den sechziger Jahren zu verschmelzen und stellen zugleich das Innere zur Schau. Die Schale wirkt auf der den Wohnblocks zugewandten Rückseite kompakt und sichert deren Bewohnern ihre Privatsphäre. Das Farbsystem in Rot und Beige entspricht den Farben und Materialien des Altbaus. Das gefaltete Dach nimmt die Form der Satteldächer von der benachbarten Bebauung auf.
Die Wettbewerbsausschreibung forderte für das Innere des neuen Gebäudes offene Räume, um dem Bibliothekspersonal die Aufsicht zu erleichtern. Die Mehrzahl der Bücher und sonstigen Medien sollte auf für die Besucher zugänglichen Regalen untergebracht werden.
Besonders zu berücksichtigen waren junge Leser. Die Lösung für diese unterschiedlichen Forderungen lag in einer genau überlegten Organisation der Raumfolge. Der Eingang im Erdgeschoss mit dem geschäftigen Schalterbereich ist optisch mit den tiefer liegenden, abgestuften Ebenen der Kinderabteilung verbunden. Über der stark strukturierten Betondecke der Halle im Erdgeschoss sind die wichtigsten Funktionen der Bibliothek angeordnet. Hier wurde der Raum vertikal in zwei Bereiche geteilt: Der große, zweigeschossige Lesesaal liegt an der Ostseite, während die Westseite dicht gestapelte, mit Bücherregalen angefüllte Ebenen enthält. Das verbindende Element zwischen der ausgedehnten Leere des Lesesaals und der Dichte des Buchbestands bildet ein liebevoll gestaltetes Treppenhaus mit zusätzlichen Podesten, die als weitere intime Lesebereiche dienen. Die Materialien und Details sind schlicht und minimalistisch, natürliche Belichtung wird maximal genutzt.
Der gewaltige Raum des Lesesaals wirkt luxuriös und ausschweifend. Doch in Verbindung mit der Wärme des Fußbodens und der Möblierung aus Eiche, den neutralen, weiß verputzten Wänden und den groben Sichtbetondecken entsteht auch ein flüchtiges Spiel zwischen Respekt einflößender Monumentalität und spielerischer Heiterkeit. Anstelle der normalerweise in Arbeitsräumen herrschenden Grabesstille lebt der Raum hier von den Geräuschen der Menschen, die ihn als städtischen Wohnraum nutzen. •
  • Bauherr: Stadt Grosuplje (SLO) Architekten: A.Biro, Ljubljana (SLO), Matej Blenkuš, Miloš Florijančič Mitarbeiter: Tina Kobe, Nataša Slokar Innenarchitektur: Nena Gabrovec, Arne Vehovar, Kaja Lipnik Vehovar Bauleitung: GPG, Grosuplje, Peter Žeželj Tragwerksplanung: Antone Berce HLS-Planung: Nevenka Škrabe Bauphysik: Peter Žargi, Kristian Volpi Lichtplanung: Miha Klopčič (Arcadia, Ljubljana), Tomi Križaj Nutzfläche: 1800 m² Bruttorauminhalt: 8900 m³ Baukosten: 1,53 Mio. Euro Fertigstellung: Februar 2007 Auszeichnung: Plečnik-Preis 2007
  • Beteiligte Firmen: Fassaden, Verglasung: AluFinal, Krško, www.alufinal-sp.si Elektroarbeiten: EPG, Grosuplje Installationen: Instalacije Grosuplje, www.alufinal-sp.si Mobiliar: Astra Oprema, Ljubljana
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