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Das gold der lichtplaner

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Das gold der lichtplaner

Bislang wurden LEDs in der Architektur nur verwendet in Medienfassaden, zur Fassadeninszenierung oder auch vereinzelt im Gebäude zur Akzentbeleuchtung. Ein ganzes Haus komplett mit LEDs auszustatten, scheiterte bisher hauptsächlich an den – noch – hohen Kosten. Stellt man diesen allerdings die Vorteile von LEDs gegenüber, kann sich deren Einsatz als alleiniges Mittel zur Allgemeinbeleuchtung schnell lohnen. Bei dem Projekt Haus im Haus der Handelskammer Hamburg resultiert die ausschließliche Verwendung von LEDs vor allem aus der engen Zusammenarbeit zwischen Architekt und Leuchtenhersteller.

Text: Christine Fritzenwallner Fotos: Roland Halbe

Die LED-Technologie macht rasante Fortschritte: Ihre Lichtausbeute verdoppelt sich zur Zeit etwa alle zwei Jahre. Sie entspricht inzwischen fast der von Leuchtstofflampen, also 100 lm/W. 1997 kamen Leuchtdioden mit kaltem, neutralweißem Licht auf den Markt, seit 2003 gibt es auch warmweißes Licht [1]. Experten nehmen an, dass LEDs in zehn oder 15 Jahren zu dem Spitzenreiter unter effizienten Lichtquellen zählen werden, vermutlich wird es sogar viel schneller gehen. Noch ist der Preis für das Halbleiterkristall, das mittels der so genannten Elektrolumineszenz zum Leuchten angeregt wird, hoch, und ein Leuchtenhersteller abhängig von der Halbleiterproduktion beziehungsweise vom Lieferanten. Die Kosten für das Leuchtmittel werden aber voraussichtlich in zwei Jahren auf die Hälfte gesunken sein, während die Leistungen kontinuierlich steigen, pro Jahr um rund 30 % [2].
LED-Module unterscheiden sich vor allem in ihrem Aufbau. Zum Schutz vor Umwelteinflüssen ist die Leuchtdiode normalerweise in ein Gehäuse eingebracht (bedrahtete LEDs in Durchstecktechnologie). Die Halbleiterkristalle können aber auch, wie bei der CoB-Technik (Chip-on-Board), direkt auf einer Leiterplatte angebracht sein, die durch eine lichtdurchlässige Abdeckung geschützt wird. Zusätzlich gibt es – wie im vorliegenden Fall – die SMD-Technologie (Surface mounted device) mit aufgesteckten Leuchtdioden in hoher Bestückungsdichte. Die Größe, sprich die Aufbauhöhe, ist bei SMD und CoB annähernd identisch (SMD: 0,8–1,5 mm, CoB: 1–2 mm), ihr Abstrahlwinkel hingegen unterschiedlich. Der Trend geht derzeit in Richtung SMD- oder CoB-Technologie mit Hochleistungs-LEDs beziehungsweise Hochstrom-LEDs, wie sie beispielsweise bei Autoscheinwerfern verwendet werden. Bei der Anwendung im Bau ist allerdings, verglichen mit herkömmlichen Leuchtdioden, durch die höhere Strahlung ›
› auch mit einer erhöhten Wärmeentwicklung zu rechnen, so dass in den Modulen zur Ableitung der im Halbleiterkristall entstehenden Wärme eine Leiterplatte enthalten sein muss. Außerdem benötigt man bei Hochleistungs-LEDs, um der Blendung durch das sehr konzentrierte Licht entgegenzuwirken, eine entsprechende Ausblendvorrichtung. Zu den entscheidenden und vor allem von Architekten geschätzten Vorteilen zählen die geringen Abmessungen von LEDs bei hoher Effizienz und Lebensdauer. Außerdem können sie einfach gedimmt werden, sind stoß- und vibrationsfest und besonders langlebig: Bei Raumtemperatur rechnet man mit einer Lebensdauer von etwa 50 000 Betriebsstunden. Diese ist allerdings abhängig von der Betriebs- und Umgebungstemperatur; Wärmestau muss unbedingt vermieden werden. Totalausfälle sind bei LEDs so gut wie nicht vorhanden, die Lichtintensität nimmt nur langsam ab. LED-Licht enthält weder ultraviolette noch infrarote Strahlung und wird deshalb bevorzugt auch in Museen verwendet – und nun erstmals auch in großem Maßstab als Grundbeleuchtung bei der Hamburger Handelskammer.
zum projekt
Wer das klassizistische, denkmalgeschützte Bauwerk der Hamburger Handelskammer mit seinen stimmungsvollen, großzügigen Innenhöfen bereits kannte, dem wird das Vorhaben, ein Haus im Haus mit einer Gesamtfläche von 1000 m² in einem der Innenhöfe unterzubringen, nicht realisierbar vorgekommen sein. Im Abstand von wenigen Metern zwischen die historischen Mauern gezwängt, Licht und Luft vereinnahmend, Sichtbeziehungen blockierend – undenkbar. Dennoch hatte der Bauherr, die Handelskammer Hamburg, einen Wettbewerb für solch ein Bauvorhaben gestartet, mit einem überraschenden Ergebnis: einer durchaus sensiblen Lösung für die ehemalige Halle der Wertpapierbörse. Deren Fläche wurde durch den zunehmenden Einsatz moderner Kommunikationsmittel nicht mehr benötigt. Rund vier Jahre später realisierten Behnisch Architekten den mit dem ersten Preis ausgezeichneten Wettbewerbsentwurf. Hierzu musste die Bodenplatte aufgebrochen werden, um die zusätzlichen Lasten des Stahltragwerkes in den schwierigen Untergrund abzuleiten. Dieses ragt nun fünfeinhalbgeschossig bis unter die Decke der Halle. Während die beiden unteren Etagen dem Existenzgründerzentrum zugeordnet und die beiden mittleren Ebenen überwiegend als Ausstellungs- und Veranstaltungsfläche der Handelskammer genutzt werden, befindet sich in den oberen Ebenen ein Restaurant mit Bar, Lounge sowie einzelnen Kabinetten – leider nur nutzbar für Mitglieder der Hamburger Handelskammer.
Umsetzung Einer unmöglichen Forderung
Wichtig war den Architekten, den Einbau möglichst filigran wirken zu lassen. Ebenen und Scheiben sollten mittels transparenten, transluzenten und reflektierenden Materialien in einer Art »immaterieller« Leichtigkeit die Halle durchziehen und so mit dem Bestand kontrastieren. Ursprünglich waren abgehängte Lichtdecken mit Leuchtstoffröhren geplant, doch diese waren kaum mit dem Entwurfsgedanken der »Immaterialität« vereinbar. Zusätzlich hätte aus der Ausleuchtung der Ebenen mit Leuchtstofflampen eine große Wärmeentwicklung resultiert – und daraus wiederum zusätzliche Einbauten zur Gebäudekühlung. So entwickelten die Architekten gemeinsam mit einem Leuchtenhersteller eine Deckenkonstruktion aus LEDs, die möglichst filigran und flach ist und der Forderung nach transparenter Erscheinung gerecht werden konnte.
Integriert in nur 8 mm dicke, sandgestrahlte Plexiglasplatten von 1,01 m mal 1,01 m, sorgen nun 150 000 LEDs für die Grundausleuchtung des Einbaus. Die Lichtausbeute einer LED beträgt etwa 60 lm/W – ein verglichen mit dem aktuellen Technikstand nicht gerade hoher Wert. Bewusst wurden allerdings keine Hochleistungs-LEDs verwendet, mit denen zum Beispiel andere Hersteller derzeit neue Produkte entwickeln. Denn durch die ausschließliche Verwendung herkömmlicher Leuchtdioden ist zum einen die Wärmeentwicklung geringer, zum anderen reichen für die homogene, einheitliche Beleuchtung auch diese eher geringeren Lichtstromwerte aus. Die einzelnen Lichtpunkte sitzen versenkt in der Deckenplatte und haben einen Abstrahlwinkel von 90 Grad. Bei der durchschnittlichen Raumhöhe von 3 m wurde damit ein Optimum zwischen Effektivität und Ausblendung erzielt; bei einem breiteren Winkel würde ohne zusätzliche Linsentechnik der Besucher durch Reflexionen gestört.
Insgesamt wurden 372 LED-Lichtdeckenplatten (mit 400 LEDs pro Platte) eingebaut, die einzeln etwa 15 Kilo wiegen und deren Abmessungen sich unter anderem an den Bahnenmaßen für die Plexiglasplatten orientieren. Ihr großer Abstand voneinander resultiert vor allem aus dem Entwurfsgedanken der sich auflösenden Strukturen und Materialien: Der Besucher kann die Deckenkonstruktion mit all ihrer dahinter liegenden Leitungsführung ›
› einsehen und nimmt so erst die geringe Dicke der Platten wahr. Ursprünglich als Sonderanfertigung für das Haus im Haus konzipiert, entwickeln sich die Leuchtplatten mittlerweile zum Serienprodukt. Je nach Abnahme/Stückzahl belaufen sich die Kosten dabei auf etwa 1000 Euro/m².
unterschiedliche Lichtstimmungen
Ein Wechsel der Lichtintensität soll, analog zum Entwurfsgedanken, dem Statischen entgegenwirken; die vorhandene, greifbare Struktur »auflösen«. Hintergrund der Dimmbarkeit ist aber noch mehr: Die eingesetzte LED-Technik ist mit ihrer Steuerungsmöglichkeit anpassungsfähig an die vorgesehene Nutzung – mal schnellerer Wechsel, mal ruhiger Übergang, mal Inszenierung, mal statisches Arbeitslicht. Und dass, ohne die Lebensdauer der LEDs durch häufiges An- und Ausschalten zu schwächen oder den Stromverbrauch zu erhöhen. Wo sattes Arbeitslicht notwendig ist, können 500 Lux erzielt werden, für eine Verkehrsbeleuchtung hingegen reichen 100 Lux. Wichtig war den Planern vor allem, dass das Licht (neutralweiß, Lichtfarbe 48) nicht synthetisch wirkt, sondern es auch dem natürlichen Lichtverlauf angepasste Steuerungsmöglichkeiten gibt. Jede Deckenplatte ist für sich dimmbar, so dass durch die gezielte Programmierung Bilder erzeugt werden können. Zum Beispiel eines mit konzentrischen Kreisen, die von der Mitte aus nach außen verlaufen. Oder die »Welle«, bei der das Licht von hell zu dunkel in langsamen Bewegungen die Decke überzieht. Ein weiteres Thema ist der »Wolkenzug«, ähnlich sich vor die Sonne schiebender Wolken. Zusätzlich gibt es noch ein Energiesparprogramm, bei dem nur einzelne Punkte sternenähnlich strahlen, sowie ein Programm mit rein »statischem« Licht, bei dem alle LEDs in gleicher Intensität leuchten.
Krönender Abschluss
Nicht nur die abgehängten Decken sind aus LEDs. In den drei Kabinetten im obersten Geschoss (Bild 7) strahlen ebenfalls Hunderte kleiner Lichtpunkte. Aus dem spontanen Wunsch der Architekten, statt traditioneller Kronleuchter auch hier mit Leuchtdioden zu arbeiten, entstand binnen drei Wochen ein kleines Schmuckstück: Eine Kronleuchter-Nachahmung, die mit der noblen Ausstattung zu spielen scheint, ihr die Ernsthaftigkeit nimmt, ohne im Erscheinungsbild zu stören, sie mit Witz und Charme gelungen unterstreicht. Der LED-Kronleuchter, ebenfalls mit dimmbarem Licht, besteht aus sechs Armen, konstruiert aus einzelnen Aluminiumplatten, die beidseitig mit Plexiglas versehen und mit je 62 LEDs bestückt sind. Die Dicke eines Armes misst gerade mal 8 mm. Mit derzeit noch 4500 Euro Kosten für die neuartige Leuchtenkonstruktion dürfen Interessenten aber noch auf einen erschwinglicheren Preis hoffen.
Ausblick
Die Kommune in Ravenna entscheidet derzeit über einen Entwurf für eines ihrer Verwaltungsgebäude, der ebenfalls neben dem Tageslicht ausschließlich LEDs zur Grundbeleuchtung vorsieht, eingesetzt in Stehlampen für flexible Arbeitsplätze. Architekt und Hersteller, wiederum in gleicher Konstellation, planen, zusätzlich LEDs in die Betonschalung der Decken zu integrieren. Bis das Projekt fertiggestellt sein könnte, wird sich im Bereich LED-Technik vieles verändert haben, allen voraus wohl ihr Preis: Denn erst wenn man diesem die Vorteile gegenüberstellt – die hohe Lebensdauer, die geringe Wärmeabstrahlung, der geringe Stromverbrauch – könnte sich deren Einsatz als alleiniges Mittel zur Beleuchtung auch für Bauherren »rechnen«. Und somit wiederum die Leuchtmittelkosten entscheidend reduzieren. •
  • Bauherr: Handelskammer Hamburg Architekten: Behnisch Architekten, Stuttgart Wettbewerb (2003): Behnisch & Partner, Stuttgart Mitarbeiter: Katja Knaus (Projektleitung ), Daniel Neves-Pimenta, Ohh Hie Gown Projektsteuerung: Hamburg Team, Hamburg Bauleitung und Rückbau Börse: 360gradplus, Hamburg Statik: Wetzel & v. Seht, Hamburg Haustechnik: TPlan, Berlin Lichtplanung: Nimbus Design (LED-Decken, LED-Einzelleuchten), Ulrike Brandi Licht (sonstige Beleuchtungen) Bauherr: Handelskammer Hamburg Bruttogeschossfläche: 1 000 m² Bruttorauminhalt: 3 000 m³ Eröffnung: März 2007
  • Beteiligte Firmen: LED-Decken, LED-Einzelleuchten: Nimbus Design GmbH, Stuttgart, www.nimbus-design.de, Stuttgart Touchpannels zur Lichtsteuerung: Erco Leuchten GmbH, Lüdenscheid, www.nimbus-design.de Beleuchtung Handläufe (Leuchtstoffröhren): Luxx Lichttechnik GmbH, Anröchte, www.nimbus-design.de
  • Quellen: [1] Eine informative Broschüre über LEDs ist bei der Fördergemeinschaft Gutes Licht, Frankfurt, erhältlich: LED – Licht aus der Leuchtdiode, Heft 17, www.licht.de [2] Dietrich Brennenstuhl, Nimbus Design GmbH, Stuttgart
Tragstruktur L-Profile,
mit verstellbarer Seilabhängung
Rastergitter
Aluminium 2 mm
Led-Stripes, 40 Stück
Diffusorplatte 8 mm,
Brandschutzklasse B 1
Streulicht der LED wird in die Diffusorplatte eingekoppelt
• Strahlende Lichtkante
• hell-leuchtende Fläche
LED-Abstrahlwinkel 90°
• bessere Ausblendung als nach DIN EN 12464–1 gefordert
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