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Bunt bis ins Bad

Gästebäder des 25hours Hotels in Zürich (CH)
Bunt bis ins Bad

Mit farbigem Knopfmosaik und maßgeschneiderter Sanitärausstattung ging der Designer Alfredo Häberli ans Werk, um die betont individuelle und farbenfrohe Atmosphäre im Innern des neuen Hotels in Zürich-West bis in die Bäder der Hotelzimmer zu tragen. In Anbetracht des auf Jahre im Umbruch befindlichen städtischen Umfelds überzeugt diese Strategie.

    • Innenarchitektur: Alfredo Häberli Design Development mit Aeberli Vega Zanghi Architekten

  • Kritik: Jochen Paul Fotos: Stephan Lemke, Jonas Kuhn
Die Gegend zwischen Gleisfeld, Duttweilerstraße und Sportweg ist seit Jahren im Umbruch: Auf dem Nachbargrundstück des 25hours Hotels im Hard Turm Park, entsteht bis Oktober 2013 nach Plänen von Gmür & Geschwentner Architekten ein 25-geschossiges Hochhaus mit Wohnungen und einem weiteren Hotel, östlich davon wird die ehemalige Toni Molkerei mit der spektakulär gewendelten Rampe von EM2N Architekten für die Züricher Hochschule der Künste umgebaut und auf dem im Westen benachbarten Hardturm-Areal planen Burkard Meyer Architekten die neue Fußballarena.
Alfredo Häberli blickt hingegen von seinem Atelier in der Seefeldstraße aus auf den Zürichsee. Zwischen hier und Zürich-West liegen 20 Haltestellen der Tramlinie 4. Sie verbindet das Büro von »Alfredo Häberli Design Development« quer durch Zürich mit dem 25hours Hotel, und ihr hat der in Argentinien geborene Gestalter im verglasten Atrium des Hotels den mit 18 m längsten »Comic« der Stadt gewidmet. Aber nicht nur hier, im ganzen Haus finden sich künstlerische und grafische Interventionen, die Eigenheiten und Sehenswürdigkeiten der Stadt Zürich thematisieren und so dem Gast die große Sympathie des Gestalters für diese Stadt vor Augen führen – als ebenso persönliche wie ironische Hommage an Zürich.
Individualisiert
Dass sich die Betreiber der 25hours Hotels für den Hard Turm Park entschieden haben, ist kein Zufall – wenn auch eher als Option für die Zukunft zu verstehen: Die im Segment zwischen drei und vier Sternen angesiedelten Boutiquehotels wenden sich explizit an ein erlebnisorientiertes, design-affines Publikum, das auf der Suche nach dem Reiz – und den Brüchen – des (Groß-)Städtischen ist.
Gestalterisch hatte Alfredo Häberli, der mit seinem Team um Thomas Spycher und Olivier Schmitt über 60 Produkte für das Hotel entwickelt hat, »carte blanche«; einzig das Budget und die Grundrisse waren vorgegeben. In der Eingangshalle mit Rezeption, Lobby – im 25hours Hotel heißt sie »Wohnzimmer« –, Restaurant und Bar beherrscht eine mondäne Freitreppe als Zitat der Schweizer Grand Hotels die Szenerie: Hier geht es ums sehen und gesehen werden; und damit sie auch frequentiert wird, sind die großflächig verspiegelten Toiletten im 1. OG angesiedelt. Dort sind auch die Business Lounge – hier »Arbeitszimmer« genannt –, und ein Meeting Room in der Tradition einer Züricher Zunftstube untergebracht.
Gegenüber der im Welleternit-Design der 40er und 50er Jahre gehaltenen Halle sind die 126 Zimmer geradezu unaufgeregt zurückhaltend. Als Kontrapunkt zu dem derzeit weit verbreiteten Grand-Hotel-Mustermix entschied sich Häberli für einen großflächigen Umgang mit Farbe: Jede der ›
› vier Zimmerkategorien folgt einem eigenen Schema, das Wände und Fußboden ebenso umfasst wie die Bäder. Während in den Zimmern der Kategorien Bronze und Silber – sie sind mit einem speziell für das Hotel produzierten Teppichboden ausgelegt – Rot- und Braun- respektive Gelb- und Grüntöne dominieren, sind die Zimmer der Kategorie Gold in Violett und Braun gehalten, die der mit Möbeln und Einbauten aus Naturholz ausgestatteten Kategorie Platin in hellem Petrol.
Gehobene Ansprüche
Dass Ästhetik, Funktionalität und Ausstattung der Bäder mittlerweile zu den wichtigsten Entscheidungsfaktoren für oder gegen ein Hotel gehören, ist hinreichend belegt: In einer Untersuchung von dehoga/tns emnid für die Vereinigung Deutsche Sanitärwirtschaft rangierte das Thema »Dusche/Bad/WC« für 31,4 % der Befragten noch vor »Ruhiges Schlafen« (23,4 %). Gegenüber Prognosen wie der zunehmenden Bedeutung der räumlichen Trennung von Bad und Toilette oder der berührungslosen Steuerung der Bedienelemente von Armaturen, verhalten sich die Bäder im 25hours Hotel relativ reserviert: Dusche und Toilette sind nur durch eine Glaswand getrennt, die Armaturen und Lichtschalter werden traditionell bedient – flächenbündig in die Decke integrierte LED-Beleuchtung und bodengleiche Duschen folgen hingegen den Trends zu Energieeinsparung und Seniorenfreundlichkeit im Hotel.
Die Ausstattung richtet sich eindeutig an ein zentraleuropäisches Publikum: Es gibt mit Ausnahme der Häberli-Suite weder Badewannen noch Bidets, die für südeuropäische Gäste einen hohen Stellenwert haben, und auf eine – für Gäste aus dem asiatischen und arabischen Raum wichtige – warme Wasserspülung der Toiletten wurde ebenfalls verzichtet. Die Farbgebung der Bäder liegt eindeutig im Trend: Die unterschiedlichen Farbskalen – Rosé für Silber, Braun für Gold und Grau für Bronze und Platin – sind durchweg hell und warm gehalten, wobei als Hommage an die Bankenstadt Zürich in die Knopfmosaik-Oberflächen von Wänden, Böden und Duschen eingestreute Metallplättchen in Bronze, Silber, Gold oder Platin die jeweilige Kategorie markieren. ›
› Obwohl Mosaikfliesen in Hotels durchaus üblich sind, entspricht der bei Rundfliesen höhere Fugenanteil nur bedingt dem Anspruch an leicht zu reinigende Oberflächen. Die Bäder der beiden oberen Kategorien erhielten eine zusätzliche Kopfbrause, in der Häberli-Suite lässt sich die freistehende Badewanne mit Vorhängen wahlweise vom übrigen Raum abtrennen.
Darauf, dass Bad und Zimmer nicht immer nur von einer Person genutzt werden reagierte der Gestalter mit einer überraschenden Blickbeziehung: Wie im Wohnungsbau der 20er und 30er Jahre üblich, wird das Bad über ein quadratisches Fenster in der Wand zum Hotelzimmer indirekt mit natürlichem Licht versorgt. Die Scheibe ist teilweise verspiegelt, sodass der Gast vom Waschtisch aus am amorph geformten Spiegel vorbei ins Zimmer sehen kann – und umgekehrt. Weil so viel »Offenheit« auch in einem zentraleuropäischen Kontext nicht generell akzeptiert wird, ist die Glasscheibe in den Zimmern der Gold-Kategorie zugunsten eines Plus an Privatsphäre mattiert: »Mit dem Fenster vom Bad zum Bett tragen wir den vielen allein reisenden Gästen Rechnung, die damit ein neues Raumgefühl haben. Bei Paaren dürfte das Thema polarisieren«, sagt Hoteldirektorin Anita Vogler.
Zuerst das Bad
Für die Designer – Ausführungsplanung und Realisierung verantworteten Aeberli Vega Zanghi Architekten, Signaletik und das visuelle Erscheinungsbild Stefanie Häberli-Bachmann – hatte das Thema Bad noch aus einem anderen Grund hohe Priorität: Aufgrund der vorgegebenen Zeitschiene des über dreieinhalb Jahre laufenden Projekts mussten die von Schwörer Bauindustrie vorgefertigten Nasszellen als Erstes entworfen werden, sodass die komplette Gestaltung des Hotels gewissermaßen »vom Bad ausgehend entwickelt wurde«, so Daniela Aeberli. Für die Gestalter bedeutete das, mit Ausnahme der Handtuchhalter, der Kleiderhaken und der Toilettenpapierhalter auf Neuentwicklungen zu verzichten. Die Waschtische aus Mineralguss sind hingegen Spezialanfertigungen nach Entwürfen Häberlis. Weil die Produktion von eigens für das 25hours Hotel entworfenen Armaturen zeitlich allerdings nicht möglich gewesen wäre, griff Häberli auf vorhandene Produkte zurück.
Im 6. OG befindet sich der Wellnessbereich. Hier steht der hölzerne Kubus der finnischen Sauna leicht verschwenkt frei im Raum, umgeben von einem runden Tauchbecken mit umlaufendem Vorhang, abtrennbaren Ruhezonen, Duschen und dem Sanitärbereich. Insgesamt ist die Farbgebung hier zurückhaltender, die Palette reicht von Erd- zu Holztönen – Reduktion ›
› statt »Wellness-Chichi«. Gänzlich auf Farbe verzichten wollte Alfredo Häberli aber auch hier nicht: Die Front der Sauna besteht aus einer rosa eingefärbten Glasscheibe, durch die der Blick über die Bahngleise bei guter Fernsicht bis zu den Alpen reicht – Großstadtidylle durch die rosarote Brille.
Stärker als alle anderen 25hours Hotels, deren Gestaltungen sich eindeutiger an Themen – Frankfurt: Levi’s, Hamburg: Hafen, Wien: Zirkus – orientieren, ist das Züricher Haus einerseits subtiler, andererseits ganz im Sinn einer »Autorenschaft« gestaltet. Dies mag bei dem einen oder anderen Detail auf die Spitze getrieben sein, aber grundsätzlich ist Alfredo Häberlis radikal persönlicher Ansatz sympathisch: Um dem Hotel eine Seele zu geben, die sich gegenüber dem auf Jahre hinaus noch ruppigen Kontext auch behaupten kann, braucht es ein üppigeres Design als anderswo. •
    • Standort: 25hours Hotel Zürich-West, Pfingstweidstraße 102, CH-8005 Zürich Eigentümer: Credit Suisse Real Estate Fund Hospitality Entwicklung und Realisation: Halter Unternehmungen, Zürich Betreiber: 25hours Hotel Company, Zürich Architektur: ADP Architekten Zürich, Beat Jordi Caspar Angst Interior Design & Story: Alfredo Häberli Design Development, Zürich Ausführungsplanung und Realisation Innenarchitektur: Aeberli Vega Zanghi Architekten, Zürich Grafik und Signaletik: Stefanie Häberli-Bachmann, Zürich Tragwerksplanung: Henauer Gugler Ingenieure und Planer, Zürich Planergemeinschft HLKSE: Federführung, R+B engineering, Zürich Bauphysik: Amstein + Walthert, Zürich BGF: 13 235 m² Gesamtnutzfläche: 8 542 m² Raumprogramm Hotel: 126 Zimmer, 3 Konferenzräume, Saunabereich, Lobby, Bar, Restaurant Baukosten: keine Angabe Bauzeit Gebäude: Mai 2010 bis Oktober 2012 Bauzeit Innenausbau Hotel: November 2011 bis November 2012
    • Beteiligte Firmen: Bäder und Saunabereich: Ausführung der Bäder als Fertignasszellen: Schwörer Bauindustrie, Ahrensfelde/Berlin, www.schwoererbau.de Armaturen: Hansgrohe, Axor Citterio M, Schiltach, www.schwoererbau.de Mosaikfliesen: Jasba, Centino, Alfter-Witterschlick, www.schwoererbau.de Sanitärkeramik: Keramag, Ratingen, www.schwoererbau.de; Ceramica Catalano, Fabrica di Roma, www.schwoererbau.de Waschtische: Rosskopf & Partner, Obermehler, www.schwoererbau.de; HI-MACS, LG Hausys Europe, Petit-Lancy, www.schwoererbau.de Leuchten: Baulmann Leuchten, Sundern, www.schwoererbau.de Türbeschläge: FSB, Brakel, www.schwoererbau.de Sauna: Silgmann, Freilassing, www.schwoererbau.de

Zürich, Hotel (S. 42)

Alfrdo Häberli Design Development
Alfredo Häberli
1964 in Buenos Aires geboren. Studium des Industrial Design an der HfG Zürich, 1991 Abschluss und Eröffnung des eigenen Studios. 2008 eigene Retrospektive »SurroundThings« im Museum für Gestaltung Zürich, »Designer des Jahres 2009« auf der Kölner Möbelmesse.
Jochen Paul
1964 in Memmingen geboren. Studium von Romanistik, Psychologie und Kultur- und Medienmanagement in Augsburg, München, Berlin. Bis Ende 1999 in der Redaktion der Bauwelt. Seit 2012 Presse- und Öffentlichkeitsarbeit bei E2A Eckert Eckert Architekten. Freier Journalist und Autor für Architektur und Design.
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