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Baugruppen als erfolgreiche alternative Bauträger

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Baugruppen als erfolgreiche alternative Bauträger

Das gemeinschaftliche Wohnen ist in Berlin von einer beachtlichen Dynamik erfasst. Baugemeinschaften sind inzwischen auch hier als »Dritte Säule« – neben etablierten Bauträgern und Einzelbauherren – fest im Wohnungsmarkt verankert. – Vorteile, Potenziale und Schwierigkeiten von Baugemeinschaften: ein kurzer Abriss.

Text: Gerd Kuhn

Während in den anderen Hochburgen der Baugemeinschaftsbewegung die Gründungsimpulse von den Akteuren in den Stadtverwaltungen oder von gesellschaftlichen Initiativgruppen ausgingen und übergeordnete Aspekte wie soziale Stadtentwicklung, ökologische Experimente oder Integration von arbeitslosen Jugendlichen, mit dem Bedürfnis nach gemeinsamem Planen, Bauen und Wohnen verknüpft waren, stand in Berlin als Gründungsmotiv bisher überwiegend die individuelle und kostengünstige Wohneigentumsbildung im urbanen Kiez im Vordergrund. In der Mieterstadt Berlin, in der die organisierte Wohnungswirtschaft und Wohnraumsubventionen stets eine hohe Bedeutung hatten, wurde von Seiten der Politik traditionell nur sehr zögerlich auf die Eigeninitiative der Bürgerinnen und Bürger eingegangen.
Es ist daher nicht verwunderlich, dass hier selbstinitiative Projekte als Motoren einer sozialen Stadtentwicklung bisher nur eine untergeordnete Rolle spielten. Die lange andauernde Phase der Initiativarmut auf diesem Feld wurde von jungen Architekturbüros durchbrochen. Risikobereit suchten sie Baulücken in den lebendigen Quartieren, regten die Gründung von Baugemeinschaften an und begleiteten ihre Umsetzung.
Den sichtbaren Aufbruch der neuen Baugemeinschaftsbewegung in Berlin markierte 2007 die Ausstellung »auf.einander.bauen«. Ein Jahr später nahm die Stattbau Berlin im Auftrag der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung die Beratungen für Projekte des generationsübergreifenden Wohnens auf. Ein weiterer wichtiger Schritt war 2009 die Einrichtung eines Festpreisverfahrens durch den Liegenschaftsfond; durch ein transparentes Ausschreibungsverfahren sollen Grundstücke bevorzugt an jene Baugemeinschaften und Baugruppen vergeben werden, deren Konzepte die größte Aussicht auf Umsetzung stadtentwicklungspolitischer Ziele in sozialer, ökologischer und baulicher Hinsicht haben.
Charakteristisch für die meisten bisher realisierten Berliner Baugemeinschaften ist ihr hohes architektonisches Niveau. Oft weit fantasievoller als durch die Bauten traditioneller Bauträger konnten zahlreiche Baulücken geschlossen werden. Es gelingt in diesen Projekten, die Qualitäten des Berliner Miethauses in die Gegenwart zu transformieren. Soziale und wohntypologische Wohnexperimente sind allerdings in Berlin weniger in Baugemeinschaftsprojekten zu finden. Dies ist besonders der Tatsache geschuldet, dass die Grundrisse sich zumeist an den Bedürfnissen der jungen Familien orientieren. Sehr deutlich kann diese Entwicklung an den verschiedenen Varianten des gereihten Hauses (Berlin Terrace, Townhouses etc.) der Baugruppen abgelesen werden. In diesen werden suburbane Sehnsüchte in die Städte gerettet. Die sozialen Milieus in den Baugemeinschaften und Baugruppen sind noch dominiert von einer homogenen sozialen und ethnischen Gruppe. Die Bauherren sind überwiegend in der Kreativwirtschaft sowie im Bildungs- und Forschungsbereich tätig. Auch weisen die Haushaltstypen nur eine geringe Differenzierung auf: es überwiegen bei weitem Eltern-Kinder-Haushalte. Aus Sicht der Senatsverwaltung kann für Familien jetzt eine Alternative zur Stadtflucht angeboten und diese an die Stadt gebunden werden. Die Debatte über die Gefahr der Gentrifizierung beliebter urbaner Quartiere durch Baugemeinschaften, die in Berlin mit großer Leidenschaft geführt wird, berücksichtigt kaum, dass die meisten Bewohner keine zuziehenden Spekulanten sind. Die Bauherren in den Baugemeinschaftsprojekten rekrutieren sich überwiegend aus dem unmittelbaren Wohnumfeld.
Um eine höhere Akzeptanz zu finden, ist es zukünftig allerdings erforderlich, eine größere soziale und generative Öffnung zu erreichen. Auch sind Modelle bisher unzureichend entwickelt, die zeigen, wie ein sozial orientierter Mietwohnungsbau in Baugemeinschaftsprojekte integriert werden kann. Trotz der noch offenen Möglichkeiten zur Weiterentwicklung zeigt die inzwischen schon bemerkenswerte Anzahl von Baugemeinschafts- und Baugruppenprojekten, dass die wichtigsten Impulse im Wohnungsbau des letzten Jahrzehnts von diesen ausgingen und dass weiter wichtige Impulse von diesen zu erwarten sind. •
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