Text: Roland Pawlitschko, Fotos: Thomas Jantscher
Ebenso stark verändert wie das äußere Erscheinungsbild zeigen sich auch die rund um einen Betonkern mit neuem Schachteltreppenhaus organisierten Obergeschosse – die Erschließungszonen und die große Aula im EG wurden erst vor wenigen Jahren saniert und blieben daher weitgehend unverändert. Geprägt werden die Büro-, Seminar-, Besprechungs- und Übungsbereiche v. a. von dem aus allen Himmelsrichtungen tief einfallenden Tageslicht, das von den verzinkten Blechen am Boden der neuen Wartungsbalkone (zwischen den beiden Glasfassaden) zusätzlich reflektiert wird. Einen wesentlichen Beitrag in diesem Zusammenhang leisten aber auch die konsequent raumhohen Glastrennwände, die von jedem Standpunkt den Blick auf die Berge Tirols erlauben. Die großzügige Raumwirkung wird unterstützt von einem einheitlichen Boden aus Eichen-Industrieparkett sowie offen als studentische Anschauungsobjekte unter der Rohdecke installierte Haustechnikleitungen. Grundsätzlich sind die Geschossflächen flexibel teilbar: Anschlussmöglichkeiten für Trennwände bestehen alle 2,50 m an der Außenfassade im Bereich der links und rechts der Lüftungsklappen als schlanke vertikale Körper gestalteten Heizkörper und Kabelkanäle.
Im Sinne einer ganzheitlichen Bewertung von Energieeffizienz und Nachhaltigkeit zog die BIG den Kriterienkatalog »Total Quality Building« (TQB) der Österreichischen Gesellschaft für nachhaltiges Bauen (ÖGNB) hinzu. Am Ende erreichte das sanierte Hochhaus einschließlich der niedrigen, lediglich ertüchtigten Nebengebäude 917 von 1000 möglichen Qualitätspunkten, in den Untergruppen »Gesundheit & Komfort« und »Baustoffe & Konstruktion« sogar die maximale Punkteanzahl – damit gilt es als zweitbestes saniertes Bürogebäude Österreichs. Nach Angaben des Passivhaus Instituts konnte der Primärenergiebedarf durch die Sanierung um insgesamt 75 % auf ca. 100 kWh/m²a reduziert werden.
Integraler Teil der Nachtauskühlung ist die wegen der vielen Räume im Kernbereich ohnehin nötige Lüftungsanlage, mit der (via Grundwasserbrunnen kühlbare) Zuluft nicht – wie im unsanierten Bestandsgebäude – in die Kernflächen eingebracht wird, sondern mittels geringfügiger Leitungsverlängerungen direkt in die Büroräume. Von dort gelangt die Luft durch gläserne, schallabsorbierende Überströmelemente über den Bürotüren erst in den Flur und dann in die bereits bestehenden Abluftkanäle in den Sanitärbereichen. Einerseits werden die Räume auf diese Weise auch ohne manuelles Öffnen der Fenster ganzjährig natürlich belüftet. Andererseits tragen die eigens entwickelten Überströmelemente in den Bereichen, die nicht im Zuge der Modernisierung mit Glastrennwänden versehen wurden, zur natürlichen Belichtung der Flure bei. In der Architekturwerkstatt erfolgt die Nachtauskühlung mithilfe der bereits erwähnten Lüftungsklappen auf ganz ähnliche Weise. Wegen des offenen Grundrisses waren allerdings keine Überströmelemente nötig.
Nicht alltäglich sind aber auch andere Umstände: Zum einen waren den Architekten insbesondere die räumlichen Gegebenheiten der Architekturfakultät wohlbekannt: der Projektleiter hatte dort einst selbst studiert. Zum anderen war das Passivhaus Institut nicht nur als Bauphysikplaner am Projekt beteiligt, sondern in gewisser Weise auch als betroffener Nutzer. So befindet sich der von Wolfgang Feist, dem Gründer des Passivhaus Instituts, geleitete »Arbeitsbereich Energieeffizientes Bauen« im Hochhaus der Fakultät für Technische Wissenschaften. Hinzu kam im Verlauf der Planungsarbeiten schließlich noch der Ansporn, ein Vorzeigeprojekt zu realisieren: durch das oben erwähnte Forschungsprojekt BIG MODERN, aber auch durch das angestrebte Erreichen des weltweit anwendbaren EnerPHit-Standards, einem vom Passivhaus Institut speziell für Sanierungsprojekte entwickelten Programm für effektive und wirtschaftliche Sanierungen. Dieser Standard wurde vor wenigen Jahren eingeführt, weil der Neubau-Passivhaus-Standard bei Altbaumodernisierungen nicht immer mit vernünftigen Mitteln erreichbar ist – zulässig sind nun u. a. ein höherer Energiebedarf sowie reduzierte Anforderungen an die Luftdichtigkeit.
Ein Monitoring, das die Schaltzustände der Beleuchtung ebenso erfasst wie Energieverbräuche, Raumtemperaturen und Raumluftqualitäten, ist noch nicht abgeschlossen, weshalb sich heute leider noch keine Prognosen treffen lassen. Zumindest im Arbeitsbereich Energieeffizientes Bauen waren die sommerlichen Temperaturen nach Auskunft der Mitarbeiter allerdings selbst im Jahrhundertsommer 2015 an der Südfassade untertags nie höher als 27 ° – ganz so, wie es die Simulationen im Vorfeld vorhergesagt hatten. •
Standort: Technikerstraße 15, A-6020 Innsbruck
Bauherr: Universität Innsbruck / BIG Bundesimmobliengesellschaft, Wien
Architekten, Tragwerks- und TGA-Planung: ATP architekten ingenieure, Innsbruck
Gesamtprojektleitung: Hans Kotek, ATP
Projektleitung Planung: Paul Ohnmacht, ATP
Bauphysik: Passivhaus Institut, Innsbruck (Wolfgang Feist, Harald Malzer, Laszlo Lepp)
Fassadenplanung: gbd Projects, Dornbirn
Lichtplanung: Bartenbach lighting design, Aldrans
BGF: 36 200 m², davon Architekturfakultät 12 800 m², Fakultät für Techn. Wissenschaften 19 300 m²
BRI: 138 200 m³
Primärenergiebedarf: Architekturfak. 203,4 kWh/m2a, davon 150,5 kWh/m²a nichterneuerbarer, 52,9 kWh/m²a erneuerbarer Anteil); Fakultät für Techn. Wissenschaften 199,8 kWh/m²a (nach PhP, nicht vgl.bar mit Berechnung für Energieausweis)
Heizwärmebedarf: Architekturfakultät nach Sanierung 31,9 kWh/m²a , Fakultät für Techn. Wissenschaften vorher 237,79 kWh/m²a, nach Sanierung 15,75 kWh/m²a
Baukosten: keine Angaben
Bauzeit: 2013-14
Zertifizierungen/Auszeichnungen: TQB-Zertifikat und klima: aktiv-Standard Gold, Österreichische Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (ÖGNB) , EnerPHit »Sanierung Passivhausstandard«
Beteiligte Firmen:
Senkklappfenster: Schüco, Bielefeld/Wien, www.schueco.com
Glasschuppen: Guardian – SG Solar, www.guardian.com, mit Srarmann Metallbau, Klagenfurt, www.starmann-metallbau.at
Überströmöffnungen: Huter & Söhne, Innsbruck, www.huter.soehne.at/
Kautschukböden (Fakultät für Techn. Wissenschaften): »noraplan signa«, Nora systems, Weinheim, www.nora.com
Holzböden Hochkantparkett (Architekturfak.): Reinlein Holz & Parkett, Stadl-Paura, reinlein-parkett.com
Gebäudeleittechnik: Siemens, Innsbruck, www.siemens.com
Heizung: Molin, Wels, www.molin.at
Lüftung: Dietrich, Kirchbichl, www.dietrichluft.at
Brandschutz: Tyco, Wien, www.tyco-austria.at/home-at
Aufzüge: ThyssenKrupp Aufzüge, Innsbruck, www.thyssenkrupp-aufzuege.atTüren und Tore: Tortec, Wolfsegg am Hausruck, www.tortec.at