Eine eigenwillige Kombination aus alten Bruchsteinmauern und modernem Holzbau ist in einer kleinen Nachbargemeinde von Oberwiesenthal entstanden. Oberwiesenthal? Der Wintersportort im Erzgebirge ist v. a. Skifahrern ein Begriff.
Nur wenige Meter von der tschechischen Grenze entfernt, umgeben von viel Wald, liegt Tellerhäuser. Neben Wintersportlern dürfte die Gegend auch dem ein oder anderen Architekten bekannt sein, denn 2015 erregte das Berliner Büro aff hier Aufsehen mit seiner »Schutzhütte« aus Sichtbeton. Am anderen Ende von Tellerhäuser entstand nun das Erstlingswerk des jungen Architekten Florian Voigt. Seine Eltern wünschten sich ein Wohnhaus mit starkem Bezug zum Ort und viel Platz für die ganze Familie. Die Nähe des Waldes und der Beruf des Bauherrn als Sachverständiger für Holzschutz gaben schnell den Impuls für die Wahl des Baumaterials. Und so folgt das Haus der Analogie eines Baumes: Außen dunkle Borke, innen helles Holz. Die schwarz gestrichene Deckleistenschalung der Fassade harmoniert mit dem dunklen Wald hinterm Gebäude.
Vom vorhandenen Wohnhaus ließen sich nur noch die Bruchsteinwände im Hanggeschoss erhalten, der Rest musste ob seines desolaten Zustandes abgetragen werden. Das neue obere Stockwerk mit den vier prägnanten Giebeln wurde komplett in Holz errichtet. Der Architekt nahm den Umbau zum Anlass, das Gebäude zu verkleinern. So wurde auf der Hangseite der vorhandene Keller zugunsten einer großen Terrasse nicht wieder überbaut. Lediglich ein kreisrundes Oberlicht zeigt an, dass unter dieser Freifläche noch nutzbare Räume liegen.
Doch zunächst betritt man das Gebäude durch die Straßenseite des Hanggeschosses und wird dort von der rauen Ruppigkeit der geschlämmten Bruchsteinmauern empfangen. Das lose Mauerwerk wurde mittels einer neuen, massiven Betondecke verfestigt und gesichert. Die Dielenböden aus Nadelholz bilden einen farblichen und haptischen Kontrast zum Hellgrau der Wände und der Schalungsstruktur der Sichtbetondecke. Schön herausgearbeitete Details wie ehemalige Fensterdurchbrüche, nun zugemauert, bilden Wandnischen. Vorgesetzte Türelemente, die bis zur Decke reichen, nehmen Lichtschalter und Steckdosen auf. Auf dieser Etage finden zwei Schlafzimmer, ein Bad und Kellerräume Platz.
Über eine einläufige Treppe gelangt man ins obere Stockwerk, das wegen der Hanglage ebenerdigen Zugang zur Terrasse und zum Garten auf der Rückseite des Gebäudes gewährt. Im Zentrum des Hauses öffnet sich als tennenartige Halle der neue Wohnraum. Die Verschneidungspunkte der Giebel und ihrer Firstlinien ergeben die gefaltete Innenansicht des steilen Daches. Hier oben dominiert helles Holz, die Seekieferplatten zeigen ihre grobe Maserung; dem entgegen steht die feine Struktur der Türen aus Lärche. Ein zentraler Kaminofen sorgt für wohlige Wärme und unterstützt die Fußbodenheizung. Sie ist in die massive Betondecke integriert, die ohne weiteren Bodenaufbau oder -belag auskommt. Der Beton wurde nur fein geschliffen. Flankiert wird die zentrale Wohnhalle von einer niedrigeren Küche mit Essplatz, einem Bad und weiteren Schlafzimmern. In raumhaltigen Wänden führen steile »Hühnerstiegen« hinauf in die Spitzböden unter den Giebeln. ~ra