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Leben auf dem Lande. Umbau des Stall B in Tschagguns zum Wohnhaus

Wohnhaus in Tschagguns (A)
Leben auf dem Lande

Historische Bautechnik, ortstypisches Material, respektvoller Umgang mit dem Bestand: Beim Umbau eines Stalls zum Wohnhaus gelang Bernhard Breuer – trotz erheblicher Eingriffe – eine ausgeglichene Balance zwischen Moderne und Tradition.

Typisch für die Täler des Vorarlbergs sind kleine Ortschaften mit Holzhäusern, überall finden sich verwitterte Scheunen und Hütten. Auch dort geht die Landwirtschaft zurück, Gebäude liegen brach und harren einer neuen Nutzung. Der Architekt Bernhard Breuer hat sich eines ehemaligen Stalls angenommen und ihn behutsam zu einem vollwertigen Wohnhaus umgebaut. Seine Idee dabei war es, das Erscheinungsbild des fast 100-jährigen Bestand so wenig wie nur möglich anzutasten, trotz der notwendigen großen Veränderungen zur Anpassung an die neue Funktion. Beispielsweise lassen sich die hinzugefügten Fenster mit ihrem liegenden Format und ihrer Ausbildung als Bandfenster klar als heutiger Eingriff erkennen. Und doch wirken sie nicht fremd, spiegeln die Umgebung und bilden so die Verbindung zwischen alt und neu.

So blieb die vorhandene Konstruktion in großen Teilen bestehen, nur aus dem 80 cm dicken Bruchsteinmauerwerk im Sockelbereich musste zugunsten einer neuen Treppe ein etwa 2 m breites Stück herausgebrochen werden. Einige tragende Stützen fing man ab und verwendete das dort ausgebaute Holz für notwendige Wechsel wieder. Die Lasten wurden in die Außenwände abgeleitet. Hier kam auch die originale Bautechnik zum Einsatz: alle Anschlüsse sind als gesteckte Verbindungen ausgeführt.

Die Außenhaut aus verwitterter, graubrauner Bretterverschalung blieb in situ erhalten – großformatige Öffnungen wurden eingeschnitten, um den zukünftigen Wohnraum ausreichend belichten zu können. Die Ertüchtigung der Fassade als komplette energetische Hülle erfolgte ausschließlich von innen. Für eine ausreichende Hinterlüftung der Verschalung sorgt nun eine 4 cm starke Lattung, die in der Ebene des alten Holzfachwerks montiert wurde; es folgten eine dünne Beplankung mit DWD, 24 cm Holzfaserdämmung, eine Dampfbremse und als Abschluss eine Bekleidung aus unbehandeltem Holz der Weißtanne aus den Bregenzer Wäldern. Die festverglasten Fenster sind bündig zur äußeren Schalung eingebaut. Nur die schmalen, hochformatigen Öffnungsflügel stechen durch ihr helles Holz und die tiefgezogene Laibung kontrastreich hervor. Die ortstypischen Holzornamente – die im Halbrund angeordneten Durchbrüche der Schalung über den Scheunentoren, die Gitter in den Türen und Fensterläden – wurden behutsam repariert, erhielten eine dahinterliegende Verglasung und erzeugen so ein romantisches Licht- und Schattenspiel im Innern der Wohnräume.

Die Geschossdecken aus 5-7 cm starken Weichholzdielen in variabler Breite, mit konischem Zuschnitt und fremder Feder, wurden ausgebessert und ergänzt. Auch die neuen Innenwände sind in massiver Weißtanne ausgeführt. Als Konstruktion dient hier ebenfalls eine traditionelle Technik: liegend gestrickt mit fremder Feder, d.h. die übereinander gelegten Kanthölzer greifen im Eckverband wechselweise ineinander.

Das 35° geneigte Dach wurde zum Energielieferanten umfunktioniert. Auf der nach Südosten ausgerichteten Seite wird die Deckung komplett von Photovoltaik und Solarkollektoren übernommen. Sie generieren 200% des errechneten Energiebedarfs. Im Winter, wenn der ehemalige Stall etwa einen Monat im kompletten Bergschatten steht, kommt ein Stückholzspeicherofen zum Einsatz. Eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung minimiert die Energieverluste.

Die Nordwestseite des Daches wurde mit Kupferblech belegt, dessen beginnende Patina sich harmonisch zum verwitterten Holz der Fassade gesellt. Die drei flächenbündig eingebauten, großen Dachfenster fügen sich unauffällig in die Dachhaut und sorgen für zusätzliche Belichtung in den Räumen des Spitzbodens.

Schön, dass solch ein ambitionierter Umbau nicht unbemerkt bleibt und seine Qualität Beachtung findet: Das Projekt wurde mit dem Vorarlberger Holzbaupreis prämiert.

~Petra Ralle


Standort: Tschagguns (A)
Architekt: Bernhard Breuer
Baukosten: ca. 400000 Euro

{Beteiligte Firmen:
Dachfenster: Velux Klapp-Schwing-Dachfenster in Holzausführung, 134 x 140 cm

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