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Haftung des Architekten für Fehler von Fachplanern und Sonderfachleuten

Haftung des Architekten
Haftung des Architekten für Fehler von Fachplanern und Sonderfachleuten

Komplexere Bauvorhaben erfordern es heutzutage in aller Regel, zusätzlich zum Architekten (oft viele) Fachplaner und Sonderfachleute (zum Beispiel Tragwerksplaner, Haustechnikplaner, Bauphysiker, Vermessungsingenieure und Baugrundsachverständige) hinzuzuziehen. Das betrifft keineswegs nur große Bauvorhaben, sondern auch relativ kleine Projekte, wie etwa die Planung eines Regenüberlaufbeckens1. Wird der notwendige Fachplaner beziehungsweise Sonderfachmann allerdings nicht eingeschaltet oder macht dieser einen Fehler, und es entstehen deshalb Schäden, stellt sich häufig die Frage, inwieweit auch der Architekt hierfür haftbar zu machen ist. Diese Problematik stellt sich vollkommen unterschiedlich dar. Entscheidend ist, ob der Architekt sich gegenüber dem Bauherrn lediglich zu Leistungen verpflichtet, die dem Leistungsbild »Objektplanung« zuzurechnen sind, oder ob er hierüber hinausgehend weitere Leistungen, insbesondere weitere Leistungsbilder im Sinne der HOAI bis hin zur »Generalplanung«, übernimmt.

Generalplanerlösung Bei einem Generalplanervertrag verpflichtet sich der Auftragnehmer, sämtliche Architektenleistungen und alle für die Realisierung des Bauvorhabens erforderlichen Fachplanerleistungen (etwa Tragwerksplanung oder technische Gebäudeausrüstung) zu erbringen. Jedoch ist der Generalplaner nur selten in der Lage, sämtliche Aufgaben mit seinem Büro und seinen Mitarbeitern zu erfüllen. Er ist deshalb meist auf eine Kooperation mit Fachplanungsbüros angewiesen. Hierfür kommen hauptsächlich zwei Konstellationen in Betracht: das ARGE- oder das Subplaner-Modell.
ARGE-Modell
Bei diesem Modell gründet der Architekt mit den zu beteiligenden Fachplanern eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (ARGE, Bild 1). Diese (nicht der Architekt als Gesellschafter der ARGE) schließt mit dem Bauherrn den Generalplanervertrag. Jeder Planungs- und Bauüberwachungsfehler, unabhängig davon, ob er aus dem Bereich der Objektplanung oder aber aus dem Bereich der Fachplanung herrührt, begründet im Verhältnis zum Bauherrn die Haftung. Die einzelnen Gesellschafter haften parallel hierzu ebenfalls uneingeschränkt. Der Architekt kann also unabhängig von einem eigenen Verschulden zur Haftung für Fehler eines Fachplaners oder sonstiger Sonderfachleute herangezogen werden. Es steht ihm dann nur der interne Rückgriffsanspruch gegen den eigentlichen »Schuldigen« zu.
Subplaner-Modell
Hier tritt der Architekt gegenüber dem Bauherrn als Generalplaner auf. Er vergibt diejenigen Leistungen, die er nicht selbst erbringen kann, an Fachplanungsbüros weiter. Letztere treten dann nicht in ein unmittelbares vertragliches Verhältnis zum Bauherrn, sondern lediglich zum Generalplaner (Bild 2). Im Verhältnis des Generalplaners zum Bauherrn sind die als »Subplaner« eingeschalteten Fachplaner »Erfüllungsgehilfen« des Generalplaners, für deren Verschulden der Generalplaner wie für eigene Fehler haftet. Auch bei diesem Modell haftet der Architekt für Fehler eines Fachplaners oder sonstiger Sonderfachleute, und es steht ihm nur ein Rückgriffsanspruch gegen den wirklichen Schadensverursacher zu.
Vorteile der Generalplanerlösung
Die Generalplanerlösung bietet durchaus für beide Vertragsparteien Vorteile. So hat der Bauherr nur einen »Ansprechpartner« und kann Koordinationsaufgaben an den Generalplaner delegieren. Der Generalplaner hingegen kann die zu beteiligenden Fachplaner selbst auswählen, deren Tätigkeit mit der eigenen abstimmen und gegebenenfalls auch kontrollieren. Im Idealfall führt dies zu einer verbesserten Qualität der insgesamt angebotenen Leistung und damit zu einem Wettbewerbsvorteil.
Gleichklang der Vertragsverhältnisse und des Versicherungsschutzes
Aus Sicht des Planers ist es entscheidend, Diskrepanzen zwischen den Bedingungen des Vertragsverhältnisses des Generalplaners zum Bauherrn einerseits und den Bedingungen des Vertragsverhältnisses zum Subplaner andererseits, unbedingt zu vermeiden. Zum Beispiel darf mit dem Subplaner keine kürzere Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche aus Planungs- oder Überwachungsfehlern vereinbart werden. Ein Widerspruch könnte nämlich schlussendlich dazu führen, dass die Rückgriffsansprüche des Architekten gegen den Fachplaner ins Leere gehen.
Aus dem gleichen Grund ist bei der Klärung des Versicherungsschutzes aller Beteiligten höchste Sorgfalt geboten. In erster Linie bietet sich der Abschluss einer speziellen Objektversicherung für das jeweilige Bauvorhaben an, in der dann alle an der Planung und Überwachung Beteiligten mitversichert sind. Andernfalls müsste zumindest der ausreichende Versicherungsschutz aller Beteiligten sichergestellt und nachgewiesen werden.
Nebeneinander von Objekt- und Fachplanung Grundsätzlich anders zu beurteilen ist die Situation, wenn – wie häufig – der Bauherr nicht einen Generalplaner, sondern den Architekten und die Fachplaner nebeneinander beauftragt (Bild 3). Bei dieser Lösung haftet der Architekt lediglich für eigene Fehler und nicht für das Verschulden des neben ihm beauftragten Fachplaners. Das bedeutet aber nicht, dass eine Haftung des Architekten im Zusammenhang mit den Fehlern eines Fachplaners vollkommen ausgeschlossen ist. In vielfacher Hinsicht berührt es durchaus die Pflichten des Architekten, wenn Fachplaner hinzugezogen und tätig werden.
Beratungspflichten
So ist der Architekt verpflichtet, den Bauherrn dahingehend zu beraten, welche Sonderfachleute voraussichtlich erforderlich sind. Zudem muss er in diesem Zusammenhang Entscheidungshilfen für die Auswahl der zusätzlich zu beteiligenden Fachplaner formulieren. Diese Beratungspflichten bestehen bereits im Rahmen der Grundlagenermittlung; sie sind in den Grundleistungen (GL) 2 und 3 der Leistungsphase (LP) 1 nach § 15 HOAI benannt. Verstößt der Architekt gegen diese Beratungspflicht und entsteht dadurch ein Schaden, etwa weil der Bauherr es unterlässt, den zusätzlich zum Architekten erforderlichen Fachplaner zu beauftragen, haftet der Architekt dem Bauherrn gegenüber. In diesen Fällen hat der Architekt in der Regel auch niemanden, an den er die Schadensersatzverpflichtung »weiterreichen« könnte. Hierzu folgendes Beispiel2:
Ein Architekt wurde mit der Planung und Bauüberwachung eines Klinikneubaus beauftragt. Der Komplex erhielt zum Teil ein begrüntes Flachdach, das als Umkehrdach ausgeführt wurde. Nach einiger Zeit kam es zur Versinterung der Abflussleitungen. Ein daraufhin beauftragter Sachverständiger führte die Schäden darauf zurück, dass ein Zementestrich als Schutzestrich verwendet worden war. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Planung zählten Probleme bei der Verwendung eines zementgebundenen Estrichs auf frei bewitterten Flächen jedoch noch nicht zum allgemeinen Architektenwissen, sondern gehörten zu den Spezialkenntnissen eines Bauphysikers. Hierauf kann sich der Architekt allerdings nicht berufen, wenn er versäumt hat, einen Bauphysiker hinzuzuziehen beziehungsweise dem Bauherrn dessen Beauftragung zu empfehlen. Der Architekt maßt sich dann gewissermaßen die erforderlichen Spezialkenntnisse selbst an und muss daher für eventuelle Schäden haften.
Pflicht zur Integration, Abstimmung und Koordination
Sind Fachplaner beauftragt, hat der Architekt die Pflicht, deren Leistungen in die eigene Planung zu integrieren (vergleiche LP 2, GL 5; LP 3, GL 2; LP 4, GL 3; LP 5, GL 4).
Bei der Erstellung der Leistungsverzeichnisse (LP 6) muss er seine Arbeit mit der Leistung der beteiligten Fachplaner so abstimmen, dass alle Leistungsbeschreibungen ineinander greifen, sich nicht widersprechen, vollständig sind und sich nicht überschneiden (vergleiche LP 6, GL 3). Ähnliches gilt für die Prüfung und Wertung der Angebote (LP 7, GL 3 und 4). Zudem ist der Architekt verpflichtet, die an der Objektausführung fachlich Beteiligten (einschließlich der an der Objektüberwachung beteiligten Fachplanungsbüros) in sachlicher und zeitlicher Hinsicht zu koordinieren, so dass der Bau zügig und reibungslos erstellt werden kann (LP 8, GL 3). Bei Tragwerken mit sehr geringem bis geringem Schwierigkeitsgrad (Honorarzonen 1 und 2 nach § 63 HOAI) muss der Architekt selbst überwachen, inwieweit die Ausführung mit dem Standsicherheitsnachweis übereinstimmt.
Eingeschränkte Prüfpflicht des Architekten
All das bedeutet nicht, dass den Architekten eine umfassende Prüfpflicht hinsichtlich der Leistung von Fachplanern und sonstigen Sonderfachleuten treffen würde. Umgekehrt darf der Architekt allerdings auch nicht auf die Leistung der Fachplaner blind vertrauen. Vielmehr trifft ihn eine eingeschränkte Prüfungspflicht hinsichtlich folgender Fragestellungen:
– Entspricht die Fachplanung den Vorgaben des Architekten?
– Weist die Fachplanung Fehler auf, die schon nach dem allgemein von einem Architekten zu erwartenden Kenntnis- und Erfahrungsstand hätten erkannt werden können?
Hierzu zwei Beispiele3, 4:
Für den geplanten Bau einer Siloanlage samt Maschinenhaus wurde zunächst – aufgrund einer Empfehlung seitens des Architekten – ein Bodengutachten eingeholt. Sodann beauftragte der Architekt im Namen des Bauherrn einen Tragwerksplaner mit der statischen Berechnung. Hierbei wurde dem Tragwerksplaner angegeben, dass er die sich aus dem Bodengutachten ergebenden Bodenverhältnisse zu beachten habe. Der Statiker legte jedoch eine »Normstatik« vor, die von vorgegebenen Bodenverhältnissen ausging. Diese stimmten aber nicht mit den durch das Gutachten festgestellten Verhältnissen überein, weshalb später die Bodenplatte erneuert werden musste. Der Architekt haftete. Er hätte überprüfen müssen, ob die statische Berechnung den Vorgaben, das heißt den dem Statiker vorgegebenen Bodenverhältnissen, entsprach.
Zweites Beispiel: Ein Architekt wurde mit Leistungen der Leistungsphasen 1 bis 8 nach § 15 HOAI für den Neubau eines Bürohauses beauftragt. Das eingeholte Bodengutachten enthielt einen Hinweis auf eine in Tiefe der Gründungsebene des Kellers vorhandene Schicht aus Tonstein. Besondere Abdichtungen gegen drückendes Wasser forderte das Gutachten aber nicht. Eine entsprechende Abdichtung des Kellermauerwerks wurde weder geplant noch ausgeführt. Nach starken Regenfällen kam es zu zwei Wassereinbrüchen im Keller, die auf die fehlende Abdichtung gegen drückendes Wasser zurückzuführen waren.
Auch in diesem Fall haftete der Architekt. Der Bundesgerichtshof begründete dies damit, dass der Architekt wegen seines allgemeinen Kenntnis- und Erfahrungsstandes bei den im Bodengutachten beschriebenen Bodenverhältnissen mit drückendem Wasser habe rechnen müssen. Der Planer konnte sich auch nicht darauf berufen, dass ihm an der Universität die für die Erfüllung der Aufgaben notwendigen Fachkenntnisse nicht vermittelt worden seien. Vielmehr muss der Architekt die Fachkenntnisse aufweisen, die erforderlich sind, um seine Leistungen erbringen zu können.
Umfang der Haftung des Architekten
Entsteht ein Schaden nur, weil der Architekt gegen die zuvor beschriebene Prüfpflicht verstößt, haftet er in vollem Umfang. Des Weiteren hat der Bundesgerichtshof in dem vorstehend zitierten Urteil4 entschieden, dass der Architekt sich in derartigen Fällen dem Bauherrn gegenüber nicht zu seiner (teilweisen) Entlastung auf das Verschulden des Fachplaners berufen kann. Der eingeschaltete Sonderfachmann sei grundsätzlich nicht Erfüllungsgehilfe des Bauherrn bei der Bauwerkerstellung. Daher haftet der Architekt in derartigen Fällen dem Bauherrn gegenüber in vollem Umfang. Ihm bleibt nur ein möglicherweise bestehender interner Rückgriffsanspruch gegen den Fachplaner. Ist dieser allerdings zum Beispiel nicht ausreichend versichert und zahlungsunfähig, bleibt der Architekt auf dem ganzen Schaden sitzen.
Vor- und Nachteile gegenüber der Generalplanerlösung
Aus der Sicht des Architekten hat die Beauftragung von Architekt und Fachplaner nebeneinander den Vorteil, dass eine Haftung im Zusammenhang mit fehlerhafter Fachplanerleistung nur unter sehr viel engeren Voraussetzungen eintritt.
Dem stehen aber gravierende Nachteile gegenüber: So besteht eine gewisse, unvermeidliche Rechtsunsicherheit, da sich der genaue Umfang der eingeschränkten Prüfpflicht gegenüber der Fachplanung nicht abstrakt und generell bestimmen lässt. Vielmehr kann er von Fall zu Fall unterschiedlich sein. Zudem ist der Architekt, wenn er nach den dargestellten Grundsätzen haftet, auf Rückgriffsansprüche verwiesen, ohne dass er in gleichem Umfang wie bei der Generalplanerlösung Einfluss auf die Auswahl und die Tätigkeit der Fachplaner nehmen kann. Darüber hinaus muss er einen insgesamt ausreichenden Versicherungsschutz aller Beteiligten sicherstellen. Michael Börgers
  • 1 Beispiel nach einer Stellungnahme des Ausschusses der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honorarverordnung eV: Neben der Objektplanung sind in diesem Fall auch Leistungen der Tragwerksplanung, der Technischen Ausrüstung, der Vermessung, der Baugrundbeurteilung, gegebenenfalls der Landschaftsplanung sowie des Straßenbaus und sogar Unterstützung des Auftraggebers in Finanzierungs- und Satzungsfragen erforderlich.
  • 2 Nach OLG Bamberg, Urteil vom 4. Juni 2003 – 8 U 12/02
  • 3 Nach OLG Frankfurt, Urteil vom 16. März 1990 – 2 U 117/88
  • 4 Nach BGH, Urteil vom 10. Juli 2003 – VII ZR 329/02
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