Um mehr Platz für Ausstellungen zu schaffen, haben David Chipperfield Architects die Royal Academy of Arts mit einem Nachbarbau verknüpft. Entstanden sind beeindruckende Räume, die den Denkmalbestand schonen, obwohl sie starke neue Akzente setzen.
First things first: Die Erweiterung der Royal Academy (RA) of Arts ist keine Londoner Zweitauflage des Neuen Museums aus Berlin. Dazu unterscheiden sich beide Bauaufgaben zu deutlich voneinander. In London ging es nicht darum, eine Ruine mit unterschiedlichen Erhaltungszuständen museal nutzbar zu machen, sondern um eine klassische Sanierung. Es galt, den ehrwürdigen Hauptbau der RA mit dem rückwärtigen Haus Burlington Gardens 6 zu verbinden und dort neue Ausstellungsräume zu generieren.
Mitte des 19. Jahrhunderts als Universitätsgebäude errichtet, wurden die im Lauf der Zeit eingefügten Einbauten in Burlington Gardens 6 im Zug des Umbaus ausgeräumt. Stattdessen entstanden großzügige Ausstellungsräume. Sie können nun entweder vom alten Haupteingang der RA über eine neue Passage erschlossen werden oder von der restaurierten Haupthalle des repräsentativen einstigen Universitätsgebäudes, dessen vorgelagerte Eingangszone ebenfalls attraktiv und barrierefrei umgestaltet wurde. In all jenen Bereichen wie dem neuen Restaurant, einst Senatssaal der Universität, in denen die Restaurierung des Bestandes im Vordergrund stand, übernahm Julian Harrap als Projektpartner das Zepter, der schon beim Neuen Museum mitgewirkt hatte. Trotz kräftiger Eingriffe in die historische Substanz kommt das Haus nach seiner Sanierung von den Terrazzoböden bis zu den ergänzten Treppenstufen mit bemerkenswerter Selbstverständlichkeit daher. Das gilt nicht zuletzt für die schönen Tageslichtausstellungsräume im OG. Technische Einbauten sind dort in den Wänden verborgen, die eine Fuge von den Decken trennt. Ein neuer doppelgeschossiger Vortragssaal für 250 Zuhörer rundet das Raumprogramm ab. In der Form eines antiken Theaters gestaltet, schafft er eine intime Raumatmosphäre für Veranstaltungen und ist gleichwohl hinreichend mit Tageslicht versorgt.
Zudem ist es Chipperfield gelungen, das enge Hauptfoyer der RA durch Verlagerung von Nutzungen zu entlasten. Die größte Herausforderung des Projektes lag dabei darin, dass die neu geschaffene Verbindungstrasse zwischen den beiden Häusern die Ausbildungs- und Lehrräume der RA durchmisst, die möglichst wenig beeinträchtigt werden sollten. Dafür räumte Chipperfield das technisch genutzte UG der RA aus und schuf dort einen eindrucksvoll backsteinroh belassenen Gang. Als öffentliche Passage stellt er einen Höhepunkt des Umbaus dar, in dem zudem einige Objekte mit Kontext zur Ausbildung an der RA gezeigt werden. Von dort gelangen die Besucher über eine neue Treppe und eine eindrückliche Sichtbetonbrücke samt großem Schaufenster in die neuen Ausstellungsräume von Burlington Gardens 6.
~Jürgen Tietz
Weitere Projekte von David Chipperfield Architects:
https://www.db-bauzeitung.de/aktuell/neu-in/neu-in-berlin/