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Planung ist gut, Kontrolle ist besser

Problempunkt Luftdichtheitsebene
Planung ist gut, Kontrolle ist besser

Was sich auf dem Papier oder im CAD-Programm mit einem simplen Strich zeichnen lässt, scheitert beim Gebäudebestand immer wieder in der Praxis: das Erzeugen einer durchgehenden Luftdichtheitsebene. Um einen Altbau wirklich dicht zu bekommen, ist eine gründliche Bestandsaufnahme ebenso nötig wie ein sorgfältige Kontrolle der Ausführung.

Viele positive Erfahrungen und Messergebnisse bei Blower-Door-Messungen in Neubauten legen einen Schluss nahe: Sowohl Planern wie Ausführenden ist inzwischen bewusst, wie wichtig eine luftdichte Gebäudehülle ist. Viel schwieriger gestalten sich die lückenlosen Anschlüsse der Luftdichtheitsebene bei einer energetischen Modernisierung (Bild 3). Zum einen erfordern viele Detailpunkte bei alten, verwinkelten Dachgeschossen, Erkern und an Fassadenversprüngen fast schon chirurgische Fähigkeiten inmitten des Chaos‘ auf der Baustelle, um Folien, Klebebänder oder Dichtmanschetten fachgerecht anzubringen. Zum anderen steigen zukünftig auch im Bestand die Anforderungen an die Luftwechselrate auf n50≤ 1,5 h-¹ bis ≤0,6 h-¹.

Hintergrund sind die vielfach beobachteten Schimmelschäden nach einem Fensteraustausch und der zunehmende Wärmeschutz, der inzwischen auch in der Altbaumodernisierung immer häufiger auf Passivhausniveau rangiert. Je besser der Wärmeschutz, umso wichtiger die Gebäudedichtheit und damit auch die Sicherstellung der Luftwechselrate. Dass sich diese bei luftdichten Gebäuden am effizientesten mit einer Lüftungsanlage – idealerweise mit Wärmerückgewinnung (WRG) – einstellt, gilt für Altbauten ebenso wie für Neubauten.

Bestandsanalyse mittels Luftdichtheitsmessung und Gebäudebegehung

Um potenzielle Leckagestellen in der Gebäudehülle zu orten, empfiehlt sich vor einer energetischen Modernisierung eine sorgfältige Bestandsaufnahme nebst detaillierter Grundlagenermittlung. Hilfreich ist in diesem Zuge eine Messung nach der Blower-Door-Methode, bei der im Gebäude über ein Gebläse ein stationärer Unterdruck im Vergleich zur Umgebung aufgebaut wird. Dieses Gebläse steckt in einem verstellbaren Rahmen, der mit einem Nylontuch bespannt ist (Bild 2). Diese luftdicht in den Rahmen einer Außentür geklemmte Vorrichtung erzeugt einen kontinuierlichen Volumenstrom. Der Luftwechselkoeffizient n50 ergibt sich aus der Menge an Luft, die am Blower-Door-Gerät nachströmen muss, um den eingestellten Unterdruck im Gebäude aufrechtzuerhalten. Je mehr Luftleckagen in der Gebäudehülle vorhanden sind, umso mehr Luft muss nachströmen und umso höher fällt die Luftwechselrate n50 aus. Dabei gibt die Größe n50 an, wie oft das gesamte Raumvolumen bei einer Druckdifferenz von 50 Pa in einer Stunde ausgetauscht wird. Dazu muss der ermittelte Volumenstrom (m³/h) noch durch das Raumvolumen (m³) geteilt werden. In dem WTA-Merkblatt E 6–14 „Luftdichtheit im Bestand“ wird die Vorgehensweise dieser Messung genau beschrieben.

Zu der Gebäudebegehung gehört auch ein geschärfter Blick auf die Bauteilbeschaffenheit und den Dämmstandard. Daneben ist mit Sachverstand und Messgeräten die Qualität der Luftdichtheitsschicht zu erfassen, also Leckstellen, Leckagepfade und luftdurchlässige Bauteile.

Keine Ausführung ohne Konzept für die Luftdichtheitsebene

Die Planung der luftdichten Schicht (Bild 1) erfolgt im Prinzip nicht anders als bei einem Neubau: Sobald das Luftdichtheitskonzept feststeht, geht es an die Detailplanung. Wie ein solches Luftdichtungskonzept aussehen kann, zeigt das folgende Beispiel (aus [3]) für ein ebenerdiges Fachwerk-Wohnhaus mit Dunstabzugshaube, Gasheizung, Kaminofen und Wäschetrockner:

Bestandteile der luftdichen Ebene

  • Im Bereich der neu einzuziehenden Sohle die Betonplatte; die Leitungsdurchführungen durch die Sohle (zum Beispiel Lüftungsleitungen) sind luftdicht auszuführen.
  • Im Bereich der Außenwände im Erdgeschoss der Lehm-Innenputz, im Obergeschoss die raumseitige Sperrholzplatte. Die Fenster der Dichtheitsklasse 3 schließen luftdicht an den Innenputz beziehungsweise die Sperrholzplatte an.
  • Bei der Elektroinstallation: Leerdosen in den Außenwänden sind luftdicht auszuführen. Die Kabelverlegung im Dach erfolgt auf der Raumseite der Luftdichtungsschicht (zum Beispiel Dampf- bremsfolie).
  • In der Dachschräge bildet die Dampfbremse die Luftdichtheitsschicht.
  • Der Spitzboden gehört mit zum beheizten Bereich.

Haustechnische Besonderheiten

  • Es wird eine Umlufthaube installiert.
  • Die Lüftungsanlage mit WRG wird innerhalb der luftdichten Ebene aufgestellt.
  • Der Kaminofen funktioniert raumluftunabhängig; die Zuluft für die Verbrennung erfolgt über eine neu zu verlegende Zuluftleitung unterhalb der Betonsohle.
  • Der Schornstein verläuft innerhalb der luftdichten Gebäudehülle. Das Kaminrohr ist dampfdicht, der Mantelstein ist luftdicht.
Detailplanung und Ausführung

Auf der Grundlage dieser Beschreibung erfolgt nun die Detailplanung. In diesem Zuge sind auch die Materialeigenschaften (dauerhaft luftdicht) für die einzuholenden Angebote oder die Ausschreibung festzulegen. Die auszuführenden Detailkonstruktionen sollten möglichst genau beschrieben und nach Möglichkeit um entsprechende Zeichnungen ergänzt werden.

Nachfolgend exemplarisch einige baupraktische Beispiele von luftdichten Detailpunkten, wie sie in Altbauten vielfach geplant und ausgeführt werden. Die qualitätssichernde Baubegleitung förderte dabei einige Schwachstellen und Ausführungsfehler zutage:

Fensteranschluss:

Die Fassade erhält ein Wärmedämmverbundsystem, die Fenster werden erneuert, die Rollläden entfallen ersatzlos. Die neue Fensterebene rückt von der Mitte der Laibung nach außen in den Bereich der alten Außenputzebene. Bei der Bauüberwachung hat sich herausgestellt, dass das elastische Material zur Abdichtung der Fuge zwischen neuem Fenster und Außenwand auf löchrigem, nicht tragfähigem Putz aufgebracht wurde (Bild 4–5). Die Abdichtung musste noch einmal entfernt werden, um den Untergrund zunächst mit einer Spachtelung zu verfestigen. Danach wurden die Fenster erneut luftdicht mit einem Klebeband an die Putzfläche angeschlossen.

Innenputz:

Obwohl bei der Gebäudebegehung vorgeschlagen wurde, das unverputzte Mauerwerk vollflächig zu verputzen, geschah dies nur punktuell (Bild 11). Die Überprüfung mit dem Messgerät offenbarte an vielen Stellen offene Fugen mit Zuglufterscheinungen.

Innendämmung in Trockenbauweise:

In der Fläche bildet die Gipskartonplatte die Luftdichtheitsebene. Die Detailplanung zeigt die Traufe mit dem durchdringenden Deckenbalken. Die eingezeichnete Folienschlaufe in Bild 6 bzw. 7 soll die Bewegungen des Dachstuhls aufnehmen. Bild 8 zeigt die vorbildliche Ausführung dieses Details nach der Qualitätskontrolle. Die weiße Schicht am Deckenbalken lässt den aufgebrachten Primer erkennen. Ursprünglich waren die Klebebänder zwischen den Deckenbalken auf einem nicht haftfähigen Untergrund aufgebracht worden.

Dach/Dachausbau:

Bei Dächern ist es teilweise sehr beliebt, die Dampfbremse und Luftdichtheitsebene von der Außenseite her anzugehen und die Luftdichtheitsebene über die Sparren hinwegzuführen (Bild 9). Das Problem bei dieser Variante sind die Anschlüsse. Es empfiehlt sich daher, eine solche Lösung nur bei einfachen Satteldächern möglichst ohne Gauben zu wählen und die Ausführung dieses Details penibel zu überwachen. Bei einem nachträglichen Dachgeschossausbau muss unbedingt zuvor geklärt werden, wo genau im Dach die Luftdichtheitsebene verlaufen soll.

Sorgfalt beim Planen – Know-how beim Machen

Die Luftdichtheitsebene ist bei der Modernisierung von Altbauten viel schwieriger umzusetzen als im Neubau. Zwar ergeben sich in der Praxis akzeptable bis gute Ergebnisse. Diese ließen sich weiter verbessern, wenn vor Planungs- und Baubeginn eine gründliche Bestandanalyse vorgenommen würde. Auch hakt es daran, dass die Detailplanung oft nur unzureichend oder gar nicht mit der tatsächlichen Ausführbarkeit vor Ort übereinstimmt. Die Folge sind oft unzureichende, handgestrickte und unkoordinierte Lösungen, die schlimmstenfalls erhebliche Mängel und Schäden nach sich ziehen können. Im Gebäudebestand ist viel mehr als im Neubau ein hohes handwerkliches Wissen gefragt, da an jeder Ecke eine neue Überraschung zutage treten kann, die kurzfristig gelöst werden will.

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