Mit seiner alten Backsteinfassade erzählt das kleine Wohnhaus viel von seiner wechselvollen Nutzung. Beim Umbau zum barrierefreien Domizil haben die Architekten diese Geschichten bewahrt und dem Haus dennoch ein zeitgemäßes Aussehen gegeben.
Das langgestreckte Backsteingebäude beherbergte früher eine ganze Reihe von Unterkünften für Arbeiter. 2015 bauten LENSASS ARCHITECTS aus dem belgischen Hasselt das Haus zu einer einzigen großzügigen Wohnung um. Da der Eigentümer im Rollstuhl sitzt, mussten sie sämtliche Zimmer erdgeschossig unterbringen. Als fließende Raumabfolgen ohne hinderliche Türen gruppieren sich die Räume nun um das Zentrum des Hauses, die offene Wohnküche mit Kamin. Möglich machen dies neu eingezogene massive Stahlträger; sie fangen die Decken an den Stellen ab, wo die Trennwände der kleinteiligen Vorgängerwohnungen standen.
Das Gebäude war über die Jahre hinweg vielfach umgestaltet worden, was v. a. an der Fassade deutliche Spuren hinterließ: Zugemauerte Fenster und Türen, neue Öffnungen und Ergänzungen in unterschiedlichen Stilen überziehen die Außenwände wie Narben. Die Architekten beschlossen, in dieser Weise weiterzuarbeiten – und nicht etwa die Originalfassade zu rekonstruieren. Sie ließen lediglich die Backsteine reinigen und das Mauerwerk neu verfugen. Ansonsten positionierten sie ihre neuen Fenster- und Türdurchbrüche einfach dort, wo sie aus innenräumlicher Sicht notwendig waren, ohne auf die vorhandene Gliederung der Außenhaut Rücksicht zu nehmen. Dabei sind die Änderungen allesamt deutlich als zeitgenössische Ergänzungen erkennbar; so wurden beispielsweise die Fenster als nahezu rahmenlose Verglasungen ausgeführt, die etwas aus der Fassade hervorspringen. Auf der Gartenseite sind sie überdies so groß dimensioniert, dass sie den Räumen einen lichtdurchfluteten, freundlichen Charakter verleihen. Dazu tragen auch der glatte, hellgraue Betonboden und die einheitlich weiß gestrichenen Wände bei, die sich neben einigen sichtbar belassenen Backsteinflächen durch die gesamte Wohnung ziehen.
Auf der Straßenseite stellt das große Schiebetor aus Cortenstahl, hinter dem sich die Garage verbirgt, den wohl augenfälligsten Eingriff dar: Wie die wenigen neu eingebauten Türen wurde es vor der Wandoberfläche platziert, damit die häufig schiefen Mauern des Gebäudes erhalten bleiben konnten.
~Tanja Feil
Das Projekt ist eine der zahlreichen Einreichungen zum Fritz-Höger-Preis, der besondere Backsteinbauten kürt. Die Sieger stellen wir in Ausgabe 12/2017 der gedruckten Zeitschrift vor – im Heftteil db-Metamorphose.