Schulzentrum Nord in Stuttgart
Voller Durchblick
~Christian Schönwetter
Den Auftrag, eine Bildungseinrichtung für rund 4 000 Jugendliche umzubauen, erhält man nicht alle Tage. In Stuttgart sind eine kaufmännische und eine elektrotechnische Berufsschule in einem gemeinsamen Zentrum von stolzen 26 000 m² zusammengefasst. Weil das weitläufige Gebäude aus dem Jahr 1982 relativ dunkel und introvertiert war, hat das ortsansässige Büro Wulf Architekten nun v. a. eines getan: den Außenbezug gestärkt. Wo immer möglich, wurden Brüstungen abgesenkt und Fenster vergrößert. Da die Planer ohnehin in den Grundriss eingriffen, um kleinere Räume von 60 m² zu größeren von 80-120 m² zusammenzulegen, nutzten sie auch die Chance, innen liegende Flure bis zur Fassade zu führen. Neben den Türen der Unterrichtsräume sorgen jetzt verglaste Wandfelder für Durchblick, sodass man selbst von der Mitte des bis zu 110 m tiefen Gebäudes bis nach außen ins Grüne schauen kann. In der zentralen Aula nutzen die Schüler die neu gestaltete, gestufte Sitzlandschaft zum »Abhängen« in den Freistunden. Die Architekten hatten dort probeweise mehrere Beläge nebeneinander verlegen lassen, um zu beobachten, welcher bei den Jugendlichen am besten ankommt – als sich die meisten auf einem blauen hochflorigen Teppichboden drängten, machte dieser das Rennen.
Die stark überformte und natürlich besser gedämmte Fassade gibt dem Gebäude ein völlig neues, viel freundlicheres Gesicht − und arbeitet doch auch vorhandene Qualitäten heraus: Sie betont die elegante horizontale Schichtung der Baukörper durch den deutlichen Kontrast von dunklen Fenster- und hellen Brüstungsbändern. Das runde Lochmuster in den eloxierten Aluminiumtafeln bezieht sich auf ein früher in der Schule ausgestelltes Kunstwerk aus den 80er Jahren, das – passend zum Unterrichtsschwerpunkt Elektrotechnik – mit dem Bild einer Lochkarte spielte. Die gleiche gestalterische Sorgfalt ist an der Dachlandschaft erkennbar, die wegen der Hanglage des Grundstücks von vielen Stellen einsehbar ist. Obwohl Labore und ihre Installationen im Gebäude eine zentrale Rolle spielen, ist es den Architekten gelungen, die Dächer frei von technischen Aufbauten zu halten.
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