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Gebäudeintegriert!

Photovoltaik in der Architektur
Gebäudeintegriert!

Die Integration von photovoltaischen Generatoren in die Hülle von Gebäuden (BIPV – Building-Integrated Photovoltaics) beinhaltet immense Potenziale bezüglich der Entwicklung neuer innovativer Bauelemente und architektonischer Konzepte sowie der dezentralen Produktion elektrischer Energie mit Photovoltaik (PV), nahe am Ort des Energieverbrauchs.

Text: Thorsten Schütze Fotos: Thorsten Schütze

Optik und Wirkungsgrade
Das Aussehen konventioneller und bauwerkintegrierter PV-Module wird wesentlich von den sichtbaren Komponenten geprägt. Neben den charakteristischen Solarzellen bestimmen die transparente Abdeckung und ggf. verwendete Rahmen das Erscheinungsbild. Hinsichtlich ihres Aussehens unterscheiden sich Dünnschicht- und kristalline Zellen maßgeblich voneinander. Dünnschichtzellen haben eine homogene Oberflächenstruktur und bestehen z. B. aus amorphem Silizium (a-Si), das in Farbtönen von Braun-rot über Grau bis nahezu Schwarz erhältlich ist. Kupfer-Indium-Diselenid (CIS) Module sind opak schwarz. Amorphe Kupfer Indium Gallium Selenid (CIS und CIGS) und Cadmiumtellurit (CdTe) Module und kristalline PV-Zellen sind auch in semitransparenter Ausführung mit verschiedenen Lichtdurchlassgraden verfügbar. Zellen aus kristallinem Silizium gibt es in mono- und multikristalliner Ausführung. Die einzelnen Zellen haben in der Regel Abmessungen von ca. 10 x 10 cm oder 15 x 15 cm und sind in den Farben Blau, Grau oder Schwarz, aber auch in verschiedenfarbigen Schattierungen (z. B. in Grün, Gelb oder Rot) erhältlich. Die unterschiedlichen Farben entstehen durch unterschiedliche Dicken der Antireflexschicht (Interferenzfarben). Farbe, Anzahl, ›
› Anordnung, die Abstände zwischen den einzelnen Zellen und der Lichtdurchlässigkeitsgrad prägen das Aussehen der Module.
Einen Wirkungsgrad-Weltrekord von 44,7 % hat das Fraunhofer ISE 2013 mit einer 4-fach Solarzelle erzielt. Die Wirkungsgrade konventioneller Solarzellen erreichen derzeit zwischen 15 bis 20 %. Bezogen auf die von den Herstellern deklarierte Nennleistung degradiert die Leistung von PV-Anlagen sehr wenig und sehr langsam. Die Leistung von fehlerfreien PV-Anlagen mit kristallinen Zellen sinkt nur um 0,1 % pro Jahr. Nach Ablauf der üblichen herstellerspezifischen Leistungsgarantien von 20, 25 oder 30 Jahren, haben kristalline PV-Module noch 97 % ihres ursprünglichen Wirkungsgrads.
In der Diskussion um den Einsatz von BIPV spielt die Erhöhung von Wirkungsgraden allerdings keine wesentliche Rolle. Durch Verwendung auf dem Markt verfügbarer PV-Technologien und Wirkungsgrade kann der Energiebedarf von sehr energieeffizienten Gebäuden bereits gedeckt werden. Kristalline Technologien und insbesondere Dünnschichttechnologien mit verhältnismäßig geringen Wirkungsgraden eignen sich besonders dazu, elektrischen Strom auch aus diffusem Tageslicht zu generieren. Amorphe Zellen reagieren weniger sensibel auf höhere Umgebungstemperaturen und sind daher besonders für den Einsatz in nicht hinterlüfteten Bauteilen geeignet. Die Preise von PV-Modulen beziehen sich auf deren Leistung in Wp und liegen für Dünnschichtmodule derzeit bei ca. 1 Euro pro Wp und für kristalline Module bei ca. 1,30 Euro pro Wp. Module mit geringeren Wirkungsgraden haben auch günstigere Flächenpreise. Dünnschichtmodule mit 86 Wp/m2 kosten z. B. 86 Euro pro m2, während kristalline Module mit 143 Wp/m2 186 Euro pro m2 kosten. Die Verwendung von PV mit geringeren Wirkungsgraden bietet daher Vorteile gegenüber dem Einsatz von PV mit hohen Wirkungsgraden, insbesondere bei der Substitution von konventionellen Bauteilen, beim großflächigen Einsatz von BIPV und bei von der idealen Ausrichtung abweichenden Gebäudegeometrien.
Aktuelle Förderpolitik und Kostenaspekte
Seit dem Jahr 2000 wird die Vergütung für regenerativ erzeugten und in das öffentliche Netz eingespeisten Strom durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) geregelt. Dies beinhaltet eine besondere Vergütung für PV-Strom der in, an oder auf Gebäuden generiert wird. Gegenwärtig unterscheidet das EEG grundsätzlich zwei verschiedene Kategorien von PV-Anlagen: 1. auf und an Gebäuden oder Lärmschutzwänden sowie 2. auf versiegelten Flächen. Gefördert wird bis zu einer maximalen installierten Leistung von 10MWp. Anlagen der 1. Kategorie sind in Deutschland in 4 Leistungsstufen unterteilt: von 0–10kW, >10–40kW, >40kW-1MW und >1MW-10MW. Der Preis von PV-Modulen ist für mehr als 50 % der Investitionskosten von PV-Kraftwerken verantwortlich. Die Endkundenpreise für fertig installierte PV-Anlagen auf Gebäudedächern mit bis zu 10kWp installierter Leistung sind in Deutschland während der letzten Jahre rapide gesunken. Sie betragen gegenwärtig durchschnittlich 1,80 Euro pro Wp. Es wird erwartet, dass die PV-Modulpreise auch zukünftig weiter sinken werden. Entsprechend des »New Lens«-Scenarios von Royal Dutch Shell wird die PV bis 2060 weltweit die wichtigste Primärenergiequelle sein, vor Kohle, Öl und Gas.
Gestaltung und Integration
Die Höhe des Ertrags von PV-Anlagen ist von der Dauer, der Intensität und dem Winkel der auftreffenden Sonnenstrahlung abhängig. Unverschattete, nach Süden ausgerichtete und in einem Winkel von ca. 30° installierte Anlagen empfangen in Mitteldeutschland ein optimales Strahlungsangebot von 100 %. Horizontale Flächen ermöglichen ca. 92 % und nach Süden ausgerichtete senkrechte Flächen, z. B. Fassaden, ermöglichen noch 70-75 % des Energiegewinns auf einer optimal nach Süden ausgerichteten Fläche. Nach Osten oder Westen ausgerichtete, senkrechte Flächen ermöglichen immerhin noch 50-60 % des optimalen Ertrags. Abschattungseinflüsse durch Umgebungsbebauung, Vegetation oder durch ungeeignete Gebäude- oder Fassadengeometrie können den Ertrag einer PV-Anlage signifikant reduzieren. Die Leistungsfähigkeit spezifischer PV-Module wird auch von der Temperatur beeinflusst. Leistungsverluste können bei nicht hinterlüfteten Modulen 10 % betragen.
PV-Bauelemente sind in einer Vielzahl von Varianten erhältlich. Module mit Glasabdeckungen besitzen in der Regel eine hohe Steifigkeit und eignen sich daher besonders gut für die Gestaltung von »Glasarchitektur« und für die Integration in feste Gebäudehüllflächen, wie hart gedeckte Dächer und die meisten Fassaden. PV-Bauelemente mit geringer Steifigkeit bestehen zumeist aus biegsamen Dünnschichtmodulen, die auf einem flexiblen Trägermaterial aufgebracht sind. Eine möglichst frühzeitige interdisziplinäre Zusammenarbeit von Architekten mit Fachplanern für Anlagen- und Gebäudetechnik und Herstellern von PV-Bauelementen ermöglicht die Entwicklung optimaler Lösungen hinsichtlich Gestalt, Funktion und des Ertrags.
Rechtliche Vorschriften und Zulassungen
Verwendete Bauprodukte müssen den bekannt gemachten technischen Regeln entsprechen. Ist dies nicht der Fall, wie z. B. beim Bauen mit nicht geregelten Bauprodukten aus Glas, so dürfen die spezifischen Bauarten nur angewendet werden, wenn ›
› sie über eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung (abZ), ein allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis (abP) oder eine Zustimmung im Einzelfall (ZiE) verfügen. PV-Module für den konventionellen Anwendungsbereich, wie z. B. die Aufdachmontage, gelten als nicht geregelt, sind aber als sonstiges Bauprodukt eingestuft und können daher ohne die oben aufgeführten Nachweise verwendet werden.
PV-Module, die von diesen beschränkten Anwendungen abweichen, wie z.B. die meisten PV-Bauelemente, gelten allerdings weder als geregelte noch als sonstige Bauprodukte. Sie sind nicht als eigenständige Produkte in der Bauregelliste enthalten und bedürfen daher für spezifische Anwendungen einer abZ, eines abP oder einer ZiE. Da es gegenwärtig in Deutschland praktisch keine BIPV-Produkte mit einer allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung gibt, ist die ZiE derzeit üblich. Dies ist kein Hindernis für die Verwendung von PV-Bauelementen, da Fassadenbauer und PV-Anbieter bereits über ausreichend Erfahrung mit diesen Genehmigungsverfahren verfügen.
Zukunftsmarkt BiPV
Trotz des weltweiten Wachstums des PV-Sektors ist der Anteil der BIPV bislang verhältnismäßig klein. Weltweit wurden bis 2009 nur ca. 1 % der installierten kumulierten PV-Leistung in Gebäuden installiert. Das Marktpotenzial wird in Deutschland allein für Gebäudeflächen auf 3 000 km² und eine installierbare Leistung von ca. 300 GWp geschätzt. Hiermit könnten ca. 50 % des Strombedarfs in Deutschland gedeckt werden. Die zukünftige Erschließung dieses Potenzials sowie zusätzlich zur Verfügung stehende Flächen an Bauwerken, sind eine große Herausforderung für Architekten, Fachplaner und Systemhersteller, da bis Ende 2010 in der EU mit 29,3 GWp installierter Leistung erst knapp 10 % dieses allein in Deutschland zur Verfügung stehenden Potenzials an Gebäudeflächen erschlossen wurde. In Deutschland sind 2009 nur 2 % der installierten PV-Kapazität in Gebäude integriert worden.
Umweltaspekte
PV ist grundsätzlich eine umweltfreundliche Energiequelle. Die Energierücklaufzeit, die den benötigten Zeitraum beschreibt, um die für die Herstellung einer PV-Anlage benötigte Energie mit PV zu generieren, beträgt derzeit ca. 2 Jahre. Die Lebensdauer von PV-Modulen liegt jedoch mindestens im Bereich von 20 Jahren. Somit erzeugen PV-Anlagen während ihrer Lebensdauer mindestens 10-mal so viel erneuerbare Energie wie für ihre Herstellung benötigt wird. Die technische Lebensdauer von PV-Modulen beträgt zurzeit über 30 Jahre. Das Sammeln und Recycling von PV-Altmodulen wird seit 2010 von PV Cycle, einem europäischen Industrieverband mit zahlreichen Landesvertretungen organisiert. •
»Mit der Gebäudeintegration auf dem Markt verfügbarer PV-Technologien und Wirkungsgrade kann der Energiebedarf von besonders energieeffizienten Gebäuden vollständig gedeckt werden.«
Thorsten Schütze

Energie (S. 68)
Thorsten Schütze
1967 in Flensburg geboren. Architekturstudium an der FH Hamburg. Seit 1998 eigenes Büro. Lehrauftrag an den FHs Wismar und Hamburg. Promotion an der Leibniz Universität Hannover. Seit 2005 Partner von hwp – Hullmann Willkomm & Partner in Hamburg. 2006-12 Juniorprofessur an der TU Delft (NL). Seit 2012 Professur an der Sungkyunkwan Universität in Suwon (Südkorea).
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