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Außergewöhnlich monolithisch

Schiefermonolithen im Vorgebirgsland der polnischen Beskiden
Außergewöhnlich monolithisch

Im Vorgebirgsland der polnischen Beskiden, 50 km südwestlich von Kattowitz, wird eher ländlich und beschaulich gebaut. Die zwei Schiefermonolithen am Ortseingang von Krostoszowice sind hier ein Novum. Das Bauwerk hat bis auf die von der Bauordnung geforderten geneigten Dachflächen nichts mit den Nachbarbauten gemein und regt die Ortsansässigen zu so mancher Diskussion an.

~Jens Lehmann

Die zwei felsenhaften, nahezu »galaktisch« wirkenden Monolithen liegen im Norden eines großen zum Osten abfallenden Grundstücks. Der Entwurf stammt von den Architekten Robert Skitek und Jakub Zygmunt von RS+ Robert Skitek Architekten aus Tychy. Der größere Baukörper ist das Wohnhaus, der kleinere eine vorgelagerte Doppelgarage. Das zur Bergseite eingeschossig wirkende Bauwerk wurde von der belebten Straße zurückgesetzt. Der Vorplatz vor dem Gebäude – teils Betonpflaster, teils Rasenfläche – ist geradlinig angelegt und unterbindet so jegliche Konkurrenz zum Bauwerk.

Das Konzept wird deutlich, blickt man von der Talseite auf das Projekt: Das von der Straße aus sichtbare EG steht auf einem Betonplateau, das mit einer niedrigen Sichtbetonmauer dreiseitig umrahmt ist. Dem abfallenden Gelände folgend wächst das Gebäude nach unten. Im UG, das von drei Seiten Tageslicht erhält, sind die Kinder- und Schlafzimmer angesiedelt. Auch Bad, Fitness-, Lager- und Wirtschaftsräume finden hier Platz. Auf dem Plateau hinter dem Garagenteil liegt die von Straßenlärm und Blicken geschützte, nach Süden und Osten ausgerichtete Terrasse, darunter eine zweite schattige Terrasse. Von hier aus haben die Bauherren einen unverbaubaren Blick ins Tal. Auf eine Westausrichtung wurde verzichtet, weil die Sonne an diesem Ort ohnehin schnell von der Bergseite verschattet wird.

Ungestörte Flächen

Die skulpturale Wirkung des Anwesens basiert auf der puristischen Gestaltung der Umschließungsflächen. Schieferdach und Schieferfassade gehen beinahe ansatzlos ineinander über. Ohne Regenrinne, Antennen, Dachfenster, Schornstein oder Schneestopper bleibt die Form ungestört. Um einen solchen Baukörper zu realisieren, musste v. a. die Wasserführung unsichtbar organisiert werden. Dafür ist das Betonplateau, auf dem der obere Teil des Gebäudes steht, auf drei Seiten als Flachdach ausgebildet. Das Regenwasser fließt vom Dach über die Fassade auf die aufgeständerten Holzterrassen und durch die Fugen auf das darunterliegende Flachdach, wo es mit klassischer Flachdachtechnik, unsichtbar im Betontragwerk integriert, entwässert wird. Die Wasserführung der Straßenseite hingegen wird über eine im Rasen und vor dem Garagentor integrierte Linienentwässerung organisiert. Schnee rutscht von den Dächern einerseits in eine Ecke der Terrasse und in einen sicheren Bereich im Nordosten des Hauses, andererseits in Richtung des verglasten Eingangs. Es zeigt sich nach dem ersten Winter, dass die Verglasung eine gute und praktische Kontrolle der darüberliegenden Schneemassen und bei Bedarf eine gezielte Räumung erlaubt.

Exakt im Raster

Die Schieferflächen sind handwerklich überaus engagiert ausgeführt. Artur Alfawicki von Alfa Dach System aus Breslau deckte die Monolithen mit einer Rechteck-Doppeldeckung aus Rathscheck Schiefer ein. Die verwendeten Schiefer der Marke »InterSIN« sind auf dem 35 ° geneigten Dach 40 x 25 cm groß. Bei der geforderten Überdoppelung von 100 mm entsteht eine Ansichtsfläche von 25 x 15 cm. An der Fassade wählte der Handwerker Schiefersteine der Größe 35 x 25 cm. Die Überdoppelung an der Fassade beträgt 5 cm. Damit wird im gedeckten Zustand auch hier eine Ansichtsfläche von 25 x 15 cm erzielt. Auf diese Weise sind die sichtbaren Schiefermaße von Dach und Fassade, trotz unterschiedlicher Überdeckungen, gleich groß, was den monolithischen Charakter der Bauwerke nochmals betont.

Perfekt eingekämmt

Eine Besonderheit an diesem Objekt ist das sogenannte Einkämmen der Außenecken. Diese handwerklich aufwendige und seltene Detaillierung folgt dem Wunsch des Architekten nach einer monolithischen bis ins Detail ungestörten Gebäudehülle. Beim Einkämmen werden an den Ecken die durch die Überdeckung der Schiefer leicht schräg aufeinandertreffenden Schieferflächen exakt angepasst, indem der Handwerker jeden Schiefer einzeln ebenfalls schräg zurichtet und damit Spalten vermeidet.

Das Einkämmen kann einseitig und beidseitig geschehen. Beim einseitigen Einkämmen wird die wetterzugewandte Seite einer Schieferfassade etwa einen bis zwei Zentimeter gerade überstehend gedeckt. Die wetterabgewandte Seite wird dann gegen diese Fläche von hinten gegengearbeitet und die Schiefer passend schräg zugerichtet, sodass keine Spalten entstehen. Bei einer zweiseitig eingekämmten Fassadenaußenecke werden beide Fassadenflächen schräg zugerichtet und eingearbeitet. Diese Lösung ist gestalterisch sehr elegant, handwerklich aber äußerst anspruchsvoll, weil an der Ecke jede noch so kleine Ungenauigkeit sichtbar ist. Bei dem Objekt in Krostoszowice sind die beidseitig eingekämmten Detaillierungen an allen Außenecken präzise ausgeführt.

Mehrfach gesichert

Die Dachfläche des Wohngebäudes ist zweilagig mit 2 x 15 cm Mineralwolle gedämmt, mit Unterdeckbahnen abgedeckt und die Schiefer auf 4 x 6 cm dicken Konter- und Dachlatten fixiert. Die Fassade ist ebenfalls zweilagig mit 10 + 5 cm Mineralwolle gedämmt. Dach und Fassade sind an den schräg verlaufenden Ortgängen mit farbigen, dem Schiefer angepassten Aluminiumblechen verwahrt. Die verfalzten Bleche ragen 15 cm unter die Schiefer der Dachfläche und 6 cm auf die Schiefer der Fassadenfläche. Als besondere zusätzliche Sicherung des Ortgangdetails setzten die Dachdecker zwischen Ortgangblech und den darauf aufliegenden Dachschiefern zwei Reihen Expansionsbänder ein. Die Schiefer, die an den durchweg schräg verlaufenden Ortgängen zuweilen spitz auslaufen, wurden neben der klassischen Befestigung mit feuerverzinkten Nägeln (Dach) oder Edelstahlschrauben (Fassade) zusätzlich bei Bedarf auch verdrahtet oder mit dem Spezialkleber »FixSklent« von Rathscheck Schiefer verklebt.

Der Autor ist Teamleiter Vetrieb und Service Osteuropa sowie Leiter Anwendungstechnik bei Rathscheck Schiefer.

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