Abgesang auf die Insel der Objekte. Von Hans Stimmann. 192 S., 250 Abb., hardcover, 48 Euro. DOM publishers, Berlin 2012
~Bernhard Schulz
Mit der Diskussion um die Verlagerung der Gemäldegalerie der Berliner Staatlichen Museen lebt auch die Debatte um das Kulturforum wieder auf. Das herzlich ungeliebte Kind der sechziger Jahre, damals geplant im Schatten der unüberwindbar scheinenden Mauer, ist seit der Wiedervereinigung der Stadt noch immer nicht erblüht, obgleich es doch nur wenige Minuten Fußweg vom zwar künstlichen, aber dank des Tourismus höchst lebendigen Potsdamer Platzes gelegen ist. Pläne zur Verbesserung der denkbar abweisenden Eingangssituation der Staatlichen Museen, vor allem aber der trostlosen Leerfläche zwischen Gebäuden und Neuer Potsdamer Straße hat es ebenso zahlreich wie folgenlos gegeben. Dem früheren Senatsbaudirektor Hans Stimmann, selbst die ersten 15 Jahre Nachwendezeit verantwortlich für das großmaßstäbliche Baugeschehen der Stadt, lässt dieses Notstandsgebiet keine Ruhe. Jetzt legt er das Buch »Zukunft des Kulturforums« vor, dessen Untertitel »Abgesang auf die Insel der Objekte« auf Wolf Jobst Siedlers berühmte Klage von 1964 über den Untergang der tradierten Stadt anspielt, und in dem Stimmann alles, aber auch alles an Planungen und Plänen, ausbreitet, was es je seit dem vorläufigen Bebauungsplan von Ende 1962 gegeben hat, mit dem das Kulturforum zum festen Bestandteil des Nachkriegsstädtebaus gerann.
Als aufrechter Alt-Linker, einem Konservativen wie Siedler darin verwandt, klagt Stimmann die Gedächtnislosigkeit der West-Berliner Stadtplanung an, insbesondere die Verdrängung der Nazi-Vergangenheit. Die Rückkehr zum Stadtgrundriss und zur Parzellenaufteilung von vor 1938 allerdings ist eine Stimmann-Marotte, die auch von den sechs ihm nahestehenden Architekten nicht geteilt wird, die er am Ende seines Buchs mit Ideen zur Urbanisierung des Kulturforums aufwarten lässt. Ob Bernd Albers, Klaus Theo Brenner, Max Dudler, Jan Kleihues, Christoph Sattler oder Sergei Tchoban – sie alle raten Verdichtung an, ohne die Integrität der solitären Kulturbauten, zumal der Philharmonie, der Neuen Nationalgalerie und der Staatsbibliothek, infrage zu stellen. Daraus ließe sich ein endlich baubarer Plan entwickeln, ja muss entwickelt werden. Denn inmitten von Ödnis herumzustehen, haben weder die drei Architekturmonumente verdient noch die kostbaren Museumssammlungen, um deren zukünftigen Standort derzeit gerungen wird.
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