Architektur aus der Steiermark. Hrsg: Ilka und Andreas Ruby. 332 Seiten mit 111 farbigen, ganzseitigen Abb. und 45 Grundrissen, Schnitten und Ansichten. Deut./Engl., Broschur, 39,90 Euro. Verlag Haus der Architektur, Graz 2009
~Martin Höchst
Der an Hochglanzveröffentlichungen gewöhnte Leser wird sich beim Jahrbuch Graz Steiermark 2008/2009 wundern: Das Papier glänzt nicht, zudem zeigen die ganzseitigen Fotos und Pläne nicht nur die Architektur der zwölf vorgestellten Projekte, sondern auch Menschen und die Gegenstände, mit denen sie sich umgeben. Die jeweils folgenden Texte sind aus Interviews mit Passanten, Nutzern, politisch Verantwortlichen und Architekten entstanden, die sich teilweise recht kritisch äußern. Das unterstreicht, dass es sich bei diesem Buch nicht um eine reine Leistungsschau, sondern um eine Auseinandersetzung mit gebauter Umwelt und ihren Nutzern handelt.
Durch eingestreute Bilder von Landschaften und skurrilen Fundstücken am Wegesrand hat der Leser Teil an den Eindrücken, die die Fotografin auf ihrer Reise von Projekt zu Projekt durch die Steiermark gewonnen hat.
Sie nutzt die Freiheit, sich der Architektur auf ihre Weise zu nähern und präsentiert z. B. das neugestaltete Stadtzentrum von Trofaiach (yes-architecture) als Szenario für ein älteres Ehepaar, das in einer grünen Einkaufstasche stöbert. Beim schwarzen Wohn- und Geschäftshaus »Rose am Lend« in Graz (Innocad) stehen zwei Frauen auf einem Balkon, die so schwarz wie das Haus gewandet sind. Die Grenzen zwischen Inszenierung und Alltag verwischen. Der Blick pendelt zwischen Mensch und Umgebung. Die Geschichten, die die Bilder erzählen, heben die Überlegungen zur Architektur weit über die rein ästhetische Betrachtung hinaus. Angemessenheit und Nutzbarkeit, aber auch die lustvolle Auseinandersetzung mit Traditionen werden zum Thema.
Dass das Haus Yug in Frauenthal (x-architekten) – auf den Fotos fest in der Hand spielender Kinder – den Architekturpreis des Landes Steiermark 2008 erhalten hat, wird sympathisch beiläufig erwähnt. Für die Projektauswahl und die Preisvergabe war der Berliner Architekturkritiker Andreas Ruby verantwortlich. Dank der mutigen Entscheidung, einen subjektiven Blick von außen auf die aktuelle Architektur der Steiermark zu riskieren, konnte ein gut gestaltetes, spannendes Buch entstehen.
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