Verboten: Berliner Mauerkunst

~Dagmar Ruhnau

Mit beiden Beinen hinein in finstere Zeiten – oder waren sie doch eher bunt? Den Autor jedenfalls faszinieren offensichtlich beide Aspekte der Berliner Mauer. Getrennt sind sie durch ihre Darstellung in schwarz-weißen bzw. farbigen Bildern. In der ausführlichen Einleitung stellt der Autor akribisch und mit mehreren originalen DDR-Bauzeichnungen den genauen Aufbau des Grenzstreifens und die verschiedenen Generationen der Mauerbestandteile (von den aufeinandergestapelten und vermörtelten Betonbalken ab 1961 bis zu den Betonfertigteilen Marke »Grenzmauer 75«) vor. Die glatten Fertigteile aus B 300 gaben die beste Open-Air-Leinwand ab, die verschiedene junge Künstler im Jahrzehnt vor dem Mauerfall nutzten, um sich systematisch und fantasievoll am Thema »Mauer« abzuarbeiten. Ralf Gründer war dabei und kannte die meisten davon persönlich. Das spürt man in der Auswahl der dokumentierten, heute verschwundenen Werke, in jeder Bildunterschrift, ein Bildnachweis nennt sogar bloß »Anja von der Filmakademie«. Damit weitet sich zum Glück der Blick etwas. Wir bekommen einen ungefähren Eindruck von der kreativen »Szene« im Berlin der achtziger Jahre. Zu dem halben Dutzend Mauerbemaler gesellen sich Graffitisprayer, Bands, Künstler und Freaks, die mit unterschiedlichsten, hier ebenfalls dokumentierten Aktionen »dem SED-Unrechtsstaat kreative Symbolhandlungen entgegen(setzten), die die stille Kraft in sich trugen, Unmögliches in Möglichkeiten zu verwandeln«, wie es der Autor in seiner Danksagung formuliert. Übrigens trägt das Buch über dem Titel einen Aufkleber »Verboten«, der sich nicht nur auf die unerlaubte Nutzung der Mauer als Leinwand und Spielobjekt bezieht, sondern auch auf eine einstweilige Verfügung, die ein anderer Verlag den Machern wegen eines gleichlautenden Buchtitels in seinem Programm ins Haus geschickt hat.