Hrsg. von M. C. Pedersen und C. Lappin.144 Seiten mit 93 Farbabbildungen. Format 28 x 29,5 cm, in Englisch. Gebunden, 45 Euro, 78 sFr. Steidl Verlag, Göttingen, 2004
Abseits der gewohnten Architekturfoto- grafie bewegt sich Robert Polidoris gnadenloser Blick auf die gebaute Welt, die alte wie die neue. Epochen- und kulturübergreifend stehen antike Stätten neben postmodernen Palästen, Felserosionen im jordanischen Petra neben fantastischen Hochhausgebilden aus dem nahen und fernen Osten oder der Retortenstadt Las Vegas. Es sind betörende Bilder von urbanen Ruinen, von den Baustellen der Boomtowns: Elendsquartiere zwischen Konzernzentralen, fragile Gotteshäuser hinter Hochhausscheiben, antike Ausgrabungen neben der Autobahn: Polidori liebt das Spiel mit den Kontrasten, die Konfrontation der Stile, den Zusammenprall der Kulturen. Lediglich ein Bild des kriegszerstörten Beirut egalisiert die verschiede- nen Sprachen der Architektur: Gleichwertig nebeneinander stehen hier die Ruinen der Kolonialbauten, der Nachkriegsarchitektur und der modernen Rohbauten. Seine Bilder sind keine Architekturfotografie im herkömmlichen Sinne, sie sind poetische und philosophische, fast schon religiöse Foto- essays über die Vergänglichkeit der Archi- tektur. Mit seinem neuen Blick auf Altbekanntes, mit seiner sezierenden Sicht auf die ungeschönte Realität verfolgt Polidori die hastige Metamorphose der Metropolen. Und doch wirken die Aufnahmen seltsam zeitlos, ja zeitenthoben. Sie strahlen eine meditative Ruhe aus, ein tiefes Einverständnis mit der Welt. Sie bilden die Wirklichkeit ab, ohne zu werten. Und diese Bilder erstarren niemals zum Klischee. Auch Oskar Niemeyers Brasilia ist erst auf den zweiten Blick zu erkennen, wenn Polidoris Augenmerk den bunten Marktständen unter dem futuristischen Fernsehturm gilt. Peter Struck
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