Grüntuch Ernst Architects. Hrsg. von Kristin Feireiss. 360 Seiten, 26 x 21,5 cm. 480 farbige, 170 schwarzweiße Abbildungen, gebunden, 59 Euro. Prestel Verlag, München, 2004
Es ist zunächst nur ein Werkbericht des Architektenpaars Armand Grüntuch und Almut Ernst, die zu jenen wackeren Baukünstlern Berlins gehören, die sich nicht haben gleichschalten lassen. Vielleicht hat deshalb ihr an sich unspektakuläres Haus am Hackeschen Markt so emphatische Kritiken bekommen, weil es mit seiner konsequenten Aluminium-Glasfassade einen Kontrapunkt setzt, zu den Altbauten ringsum, aber auch zur aktuellen Stadtbaudoktrin. Schon sind zwei weitere Büro- und Wohnhäuser in der Nähe entstanden, die erweisen, dass man von einer Handschrift sprechen kann, eine, die eher an außerberlinische Architekten erinnert, an Ingenhoven, an Teherani. Kräftigen Farbakzenten sind Grüntuch Ernst nicht abgeneigt, zu sehen an den beiden Schulen, die in Berlin und Falkensee entstanden sind, rationalistische, offen und helle Anlagen, deren räumliches Raffinement sich erst auf den zweiten Blick erschließt. Es fällt auf, dass die spektakulären dynamistischen Entwürfe, eine elegante Brücke für Berlin, ein futuristisches Stadion für Köln, schwungvolle Schul- und Hochschulbauten für Hamburg, Lübeck und Wismar und bewegte Hochhäuser noch nicht den Weg in die Realisierung gefunden haben. Das ungewöhnliche Buch lässt jedoch erahnen, welch gestalterisches Potenzial noch in den beiden steckt. Die Kapitel könnten unterschiedlicher nicht sein, der Farbbildteil »Spirit«, der ruhige Textteil auf Chamois-Papier, die von Rudolf Stegers klug erklärten »Projects«, die »Lines« – Konstruktionszeichnungen auf Transparentpapier oder die »Concepts«, ein filmischer Fotoessay von Bettina Kubanek. Ein Architekturbuch für Architekten, optisch, haptisch und inhaltlich ein Ereignis. Falk Jaeger
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