Von Mark Ovenden. Softcover, Text in englischer Sprache, 288 S., 23 Euro, Penguin Books, London 2013
~Lars Quadejacob
»London Underground« steht nicht nur für das weltweit älteste U-Bahn-System, sondern auch für eines der ersten Unternehmen, das umfassend auf Corporate Architecture und Corporate Design setzte. Eine ganze Reihe gestalterischer »Firsts« entstanden hier: eines der ersten Firmenlogos aus grafischen Grundformen (das Roundel, 1908), die erste Firmenschrift (Johnston Sans, 1916) und die bahnbrechende Darstellung von Netzplänen in abstrahierter Form (1932). Initiiert wurden diese CI-Pioniertaten durch Underground-Direktor Frank Pick als frühem Beispiel eines Designmanagers. Die Tragweite seiner Ideen steigerte sich nochmals durch die 1923 begonnene Zusammenarbeit mit dem Architekten Charles Holden. Dieser konzipierte funktionalistische Stationsgebäude, die zeichenhaft in den Stadtraum wirkten – durch wiederkehrende Motive wie Baukörper aus geometrischen Grundformen, gegliedert durch horizontale Betonbrüstungsbänder. Zum 150jährigen Jubiläum des Nahverkehrssystems ist nun ein Buch erschienen, das die Entwicklung ausschließlich unter dem gestalterischen Blickwinkel nachvollzieht. Am Anfang eines jeden Kapitels steht eine Einführung zum behandelten Zeitabschnitt; überblicksartig und gut verständlich geschrieben. Anschließend folgen jeweils detaillierte Beispiele aus Architektur sowie Interior- und Grafikdesign. Text und Bild sind über Nummern und Verweise gut verlinkt und ermöglichen so jede Nuance nachzuvollziehen: Ein faszinierendes, reich bebildertes Panorama, bei dem es immer wieder Entdeckungen zu machen gibt – etwa das wohl erste »Graphic Design Survey« zu Schriften und Werbung im Stadtraum (1907) oder einfach die beeindruckend variantenreichen Adaptionen des Holden-Stils für Kleinarchitektur und Ausstattung mit Bänken, Wartehäuschen, Schildern, Uhren, Leuchten, Fahrplankästen, Zugzielanzeigen usw. So kann auch der bereits häufiger dokumentierten Holden-Ära noch Neues abgewonnen werden. Doch vermag das Buch genauso das Interesse an den anderen Epochen zu wecken: den ganz frühen, in denen die heute so selbstverständlichen ÖPNV-Abläufe erst mühsam entwickelt wurden, wie auch zu den Nachkriegsjahrzehnten. In diesen konnte man nicht durchgehend an die große Tradition anknüpfen, dennoch wurde häufig erneut ein bemerkenswertes Niveau erreicht, in den 80er Jahren etwa mit bunt postmodern überarbeiteten Stationen, in den 90ern mit jenen im Edelstahllook Sir Norman Fosters, derzeit mit den entstehenden Neubauten für die Crossrail-Durchmesser-Linie.
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