Die Geschichte ihrer Bauten. Hrsg. von Ralph Lindner und Hans-Peter Lühr. 224 Seiten mit 296 meist farbigen Abbildungen. 28 EUR, Sandstein Verlag, Dresden, 2008
~Peter Struck
Zum 100-jährigen Bestehen der Dresdner Gartenstadt Hellerau liegt nun erstmals eine umfassende Bilanz über dieses bedeutende Ensemble der Reformarchitektur vor – angesiedelt zwischen der Künstlerkolonie der Darmstädter Mathildenhöhe und dem alle Lebensbereiche durchdringenden Konzept des Bauhauses. Doch avantgardistische Architektur in Bauhaus-Manier bildet in Hellerau die Ausnahme; sie ist buchstäblich an den Rand gedrängt wie das Haus Chrambach von H. Walter Reitz oder das Plattenhaus H 1018 von Bruno Pauls. Innovativ war allerdings die Erstellung von 360 »Maschinenhäusern«: 50 dieser vorgefertigten Holzhäuser gruppieren sich zu einer Mustersiedlung innerhalb der Gartenstadt.
Neue Maßstäbe setze Hellerau vor allem als übergreifendes soziales und kulturelles Gesamtkunstwerk, als utopischer Entwurf einer neuen Einheit von Arbeit, Wohnen und Kultur, von Möbelfabrik, Werkssiedlung und Festspielhaus. Erst ein übergeordneter, einheitlicher Gestaltungswille hält die individuellen Architektursprachen von Richard Riemerschmid, Hermann Muthesius und Heinrich Tessenow zusammen und sorgt für den einzigartig geschlossenen Charakter der Gartenstadt.
Die 13 Essays namhafter Autoren widmen sich jedoch nicht nur der prägenden Phase bis 1914, sondern schlagen einen Bogen bis zu Thomas Herzogs Produktionsgebäude von 2006 und zeigen die aktuelle Erweiterung der Gartenstadt nach dem Masterplan von Riemerschmid. Der große Bildanteil mit historischen und aktuellen Fotografien, ein Katalog der signifikanten Gebäude sowie fünf Stadtpläne vermitteln ein besonders anschauliches Bild der architektonischen und städtebaulichen Entwicklung der ersten deutschen Gartenstadt. Das wunderbar gestaltete Buch ist eine wahre Freude!
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