Berliner Backsteinbauten von Hans Heinrich Müller.
Von Paul Kahlfeldt. Dissertation. 191 Seiten, mit 180 Abbildungen, gebunden. 34,80 Euro; 58,50 sFr
Jovis Verlag, Berlin, 2004
Eine etwas verkürzende Wahrnehmung der klassischen Moderne sieht deren Innovationskraft im radikalen Bruch mit allen überkommenen Architekturtraditionen. Doch einige der bemerkenswertesten Werke der Frühmoderne entstanden, indem ihre Erbauer Formen und architektonische Bilder aus früheren Epochen adaptierten – wie etwa der Architekt Hans Heinrich Müller (1879 – 1951). Müller errichtete zwischen 1924 und 30 als Hausarchitekt der Bewag alle Neubauten der Berliner Elektrizitäts- versorgung – Abspannwerke, Trafohäuschen, Verwaltungsgebäude. Wie er dabei den traditionellen Werkstoff Backstein zum Ausdrucksmittel kraftvoller Modernität macht, wäre schon beeindruckend genug; doch dabei verbindet sich das Malerische auf eigentümliche Weise mit dem Dynamischen: So zeigt die runde Schaltwarte seines Abspannwerks Humboldt Oval- formen, die an windschnittige Karosserien erinnern, doch die gotisierenden Spitzbögen, durch die man den runden Turm der Schaltwarte erblickt, adaptieren Motive der im 13. Jahrhundert errichteten Marienburg an der Nogat. Nicht nur die Backsteingotik der Deutschordensritter, auch Motive alt- persischer Ziegelarchitektur (Grabtürme, Moscheen) greift Hans Heinrich Müller für seine wunderbaren »Funktionsbauten« auf und überführt sie in expressive, dabei jedoch stets von klarer Achsialität bestimmte Formen. In der Synthese aus Strenge und Poesie liegt der Zauber seiner Architektur. Der Architekt Paul Kahlfeldt beschäftigt sich seit Jahren mit Müller. Dieses Buch enthält die abgeänderte Fassung seiner Promotion an der TU Delft. Frank Peter Jäger
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