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… zusammen wohnen? (Ulm)

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… zusammen wohnen? (Ulm)

... zusammen wohnen? (Ulm)
~Dagmar Ruhnau

Ulm wird nicht unbedingt als Industrie-Standort wahrgenommen. Dennoch verursachte auch dort die Industrialisierung einen massiven Zuzug von Menschen aus den umliegenden Landstrichen. Zwischen 1875 und 1910 verdoppelte sich Ulms Einwohnerzahl auf 60 000. Wenn das auch nicht viel scheint, so musste doch jeder einzelne zumindest ein Bett zum Schlafen haben. In Zeitungsanzeigen, die beim Aufgang zur Ausstellung in der zweiten und dritten Etage des Ulmer Stadthauses als Erstes den Blick einfangen, suchen »Mädchen vom Land« eine »ordentliche Schlafstelle«. Eine, bei der sie nicht den Übergriffen anderer Gäste oder gar des Hausherrn ausgesetzt waren.
Der Ulmer Oberbürgermeister Heinrich von Wagner startete 1894 ein Wohnbauprogramm, das nicht nur Verhältnisse wie in Berliner Mietskasernen, sondern auch Mietwucher und schlechte Bausubstanz sowie »unsittliche Zustände« verhindern sollte. »Gärteln statt politisieren« und »Eigentum versöhnt« lauteten die Leitgedanken. Nach dem Vorbild englischer Gartenstädte entstanden die ersten drei Quartiere, in denen kleine Beamte, Gewerbetreibende und Handwerker, sogar Arbeiter Wohnungen und Häuser von der Stadt erwerben konnten. 1900 wurde das Konzept auf der Pariser Weltausstellung ausgezeichnet. Die Käufer mussten sich jedoch Kontrollen durch die Stadtverwaltung gefallen lassen, mit denen Hygiene und Ordnung durchgesetzt werden sollten. Selbstverständlich forderte das zum Widerstand heraus und so entstanden unabhängige Gemeinschaften, die sich im Lauf der Jahre von kleinen Selbstbauvereinen zu großen Genossenschaften entwickelten. In der Ausstellung »… zusammen wohnen? Siedlungskonzepte des 20. Jahrhunderts« werden mehrere dieser Genossenschaften – die auch Kooperationspartner der Ausstellung sind – kurz vorgestellt. Das Tätigkeitsfeld hat sich stark gewandelt: vom Wohnungsbau für junge Familien zu Modernisierungen, Errichtung von seniorengerechten Wohnungen und sogar städtebaulich relevanter Sanierung ganzer Straßenzüge.
Die chronologisch aufgebaute Ausstellung verschweigt auch die »Sündenfälle« nicht. So zum Beispiel die Übernahme der Genossenschaften durch die Nazis oder die missratenen Hochhaussiedlungen der sechziger und siebziger Jahre. Gerade diese beiden zeigen jedoch die veränderte Wahrnehmung der Bewohner: Statt entsetzt abgeleht (wie u. a. von Otl Aicher dokumentiert) werden die Siedlungen heute für ihre stadtnahe grüne Lage geschätzt.
Den Abschluss bilden aktuelle Projekte – die Verbindung von Wohnen und Arbeiten in alten Fabrikgebäuden, ein Gebäudeensemble vom Anfang der Ausstellung begegnet uns als Sanierungsprojekt wieder, energiesparendes Bauen als neuer Schwerpunkt. In ausgelegten Büchern können sich Besucher zu Themen »Wie im Alter wohnen«, »Mehrgenerationen-Wohnen« und »Lieber in der Stadt oder auf dem Land wohnen« äußern. Zum letzten Thema finden sich fast gar keine Einträge – wohl ein Indiz dafür, dass sich Stadt und Land gar nicht mehr eindeutig trennen lassen.
Bis 26. August. Stadthaus Ulm, Münsterplatz 50, Mo–Sa 9–18, Do bis 20, So 11–18 Uhr, www.stadthaus.ulm.de
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