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Wendepunkt(e) im Bauen (München)

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Wendepunkt(e) im Bauen (München)

Wendepunkt(e) im Bauen (München)
~Roland Pawlitschko

»Das Prinzip der Industrialisierung erfordert die Verlegung der Produktionsstätte von der Baustelle oder dem Werkplatz in die Fabrik, dadurch wird der Bau zur Montage.« Der in großen roten Lettern auf die Wand gebrachte Schlüsselsatz aus Konrad Wachsmanns 1959 veröffentlichtem Buch »Wendepunkt im Bauen« hat nicht an Aktualität verloren: Während industrielle Fertigungsprozesse längst vollautomatisierten Abläufen folgen, wird auf Baustellen – auch im Zeitalter der Digitalisierung – in der Regel noch immer handwerklich gearbeitet, gezimmert, gemauert und betoniert. Dieser scheinbare Stillstand im Bauwesen veranlasste die Kuratoren Mirjana Grdanjski, Mechthild Kaufmann und Winfried Nerdinger 50 Jahre nach Wachsmanns programmatischer Publikation zu einem erneuten Blick auf die Geschichte und die Auswirkungen des seriellen Bauens.
In den ersten beiden von insgesamt drei Ausstellungsräumen erwartet die Besucher ein langer Tisch mit bemerkenswert präzisen und großen Modellen von Gebäudetragwerken, die jeweils Meilensteine bestimmter serieller Bauweisen verkörpern. Die Palette reicht von dem Mitte des 19. Jahrhunderts komplett vorgefertigten Münchner Glaspalast über hölzerne Zollingerdächer bis hin zu der auf nur wenigen Standardbauteilen basierenden Konstruktion Wachsmanns für einen überdimensionalen Flugzeughangar (s. Abb.) oder Betonfertigteilsystemen der 70er Jahre. Chronologisch hintereinander gereiht erzählen die mit Plänen und Texten, vereinzelt auch mit Filmen, gut erläuterten Projekte dabei von einer zunehmenden Komplexität, die im dritten Ausstellungsraum schließlich in computergesteuerten Entwurfs- und Fertigungsmethoden von heute mündet. Die große gestalterische und konzeptionelle Bandbreite der dort (wiederum vor allem in Modellen) präsentierten Beispiele des digitalen Bauens im 21. Jahrhundert steht versinnbildlichend dafür, dass es mithilfe digitaler Ketten nun endlich möglich ist, individualisierte und zugleich erschwingliche Häuser zu bauen. Genau an diesem Punkt liegt der grundlegende Unterschied und Wende- punkt gegenüber der Serienfertigung Konrad Wachsmanns, dessen vielfältige Ideen sich weder im Industrie- noch im Wohnungsbau je durchsetzen konnten. Zum einen blieben die für eine wirtschaftliche Fertigung notwendigen großen Stückzahlen bis zuletzt unerreicht, zum anderen führte Massenfertigung – wie etwa bei den Plattenbauten der DDR – in den meisten Fällen nur zu Stumpfsinn und Monotonie.
»Industrialisierung ist nicht nur Rationalisierung der Prozesse, sondern der Schlüssel zu einer neuen Umwelt und neuen Lebensmöglichkeiten.« Diesen zweiten zentralen Satz aus Wachsmanns Buch haben die Kuratoren ebenfalls hervorgehoben. Woran dieses von vielen Architekten des seriellen Bauens unermüdlich verfolgte Bestreben letztlich scheiterte, bleibt aufgrund des fehlenden Rahmens jenseits der reinen Projektpräsentation allerdings ebenso offen wie die Frage nach einer neuen Verantwortung der am Bau Beteiligten, die sich aus der nahezu grenzenlosen Vielfalt der digitalen Möglichkeiten ergibt. Wer hierzu mehr erfahren will, sollte sich den hervorragenden Ausstellungskatalog besorgen, in dem sich nicht nur Hintergrundinformationen zu allen Exponaten finden, sondern auch einige sehr lesenswerte Essays zum Thema.
Bis 13. Juni. Pinakothek der Moderne, Barer Straße 40, Di-So 10-18, Do bis 20 Uhr. Katalog 39 Euro. www.architekturmuseum.de
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