Die Schau kommt zur rechten Zeit. Wenn viele Architekten und Designer gegenwärtig im Fundus der Stil- und Formelemente der Hippiejahre wühlen, kann es nicht schaden, einen genauen Blick auf die Epoche zu werfen und sich auch deren gesellschaftliche Rahmenbedingungen ins Gedächtnis zu rufen. Genau dies tut die Ausstellung in der Frankfurter Schirn. Sie beleuchtet die wichtigsten Etappen der Protestbewegung, der Popkultur und der Drogengeschichte jener Tage. Weil dieser Kontext seinen Niederschlag in allen Bereichen der Gestaltung fand, stehen Architekturmodelle neben Lightshows, Plattencover neben Filmen, Gemälde neben Postern. Originale Skizzen und Collagen von Archigram erlauben es, die Darstellungstechnik und Arbeitsweise der Architekten zu studieren. In ihre Wohnmodule der »Plug-In-City« etwa zeichnen sie spärlich bekleidete Pin-ups – die sexuelle Revolution lässt grüßen. Ein Kind seiner Zeit ist auch Hans Holleins Vorschlag für ein »non-physical environment«: Er klebte 1967 einfach eine LSD-Kapsel auf ein Stück Papier. Ganz physisch lässt sich dagegen eine Wohnlandschaft von Verner Panton erleben, da ein originalgetreuer Nachbau seiner »Fantasy Landscape« betreten werden darf. Auch wenn in der Schau insgesamt die Kunst dominiert, sehenswert ist das Ganze nicht zuletzt auch wegen der Ausstellungsgestaltung: Ben van Berkel entwickelte den Formenkanon der Exponate weiter, ohne ihn zu imitieren. Wand, Decke und Boden scheinen so expressiv ineinander zu fließen, dass Panton seine helle Freude daran gehabt hätte. Die silbrig-kühle Farbgebung ist jedoch neutral genug, um den ausgestellten Objekten keine Konkurrenz zu machen. Christian Schönwetter
Bis 12. Februar. Schirn Kunsthalle, Römerberg, Di, Fr bis So 10 – 19; Mi, Do 10 – 22 Uhr, Katalog 29,80 Euro
Teilen: