~Ralf Wollheim
Die Auseinandersetzungen um die angemessene Selbstdarstellung der Republik im Berliner Spreebogen sind nicht neu. Bereits in den Zwanziger Jahren gab es zahlreiche Vorschläge, wie sich die neue demokratische Regierung im Umfeld des Reichstags behaupten sollte. Aber der erste staatliche Bau der Weimarer Republik diente nicht der Repräsentation, sondern entstand ausgerechnet für die Reichsschuldenverwaltung. Die Anleihen mussten bedient werden, der Verwaltungsapparat wurde immer größer. So entstand 1924 trotz knapper Kassen ein eher schlichter Zweckbau nach Plänen von Germa Bestelmeyer, der als angemessen preußisch bezeichnet wurde: »Eine Stätte ernster Arbeit, treuer Pflichterfüllung, straffer Disziplin und uneigennützigen Gemeinsinns.«
Eine Verbindung von Repräsentation und Zweckrationalität kennzeichnet auch die in der Ausstellung der TU-Plankammer vorgestellten Entwürfe. Diese Projekte entsprechen sicherlich nicht der landläufigen Avantgardevorstellung der Zwanziger Jahre. Stilistisch knüpfen sie eher an die Reformarchitektur der Vorkriegszeit an. »Wie gotisch einst ein Schimpfwort war, ist es heute wilhelminisch«, kommentierte Friedrich Paulsen die Suche nach einer angemessenen Haltung. Doch die Monumentalität der Entwürfe von Otto Kohtz und Hans Poelzig für den Spreebogen wirkt heute eher befremdlich. Dabei sind in der Ausstellung der Plankammer, die seit 2007 wieder Architekturmuseum der TU-Berlin heißt, wunderbare Originale versammelt: Die dramatischen Kohlezeichnungen von Poelzig zeigen Planungen für den Spreebogen und für ein so genanntes Reichsehrenmal, die zumindest als Zeichnungen beeindrucken.
In dem Buch zur Ausstellung von Christian Welzbacher verändert sich das Bild der eher konservativen Staatsbauten. Schließlich entstanden auch die Erweiterung der Reichskanzlei durch Eduard Jobst Siedler oder der Barcelona-Pavillon in staatlichem Auftrag. Die Vielfalt der Bauaufgaben, die verschiedenen, teilweise nachgeordneten Baubehörden und vor allem die Wettbewerbe unter Beteiligung freier Architekten prägen ein differenziertes Bild dieser eher unbekannten Architektur der Zwanziger Jahre.
Bis 2. Februar, Architekturmuseum der TU-Berlin, Straße des 17. Juni 150 (Architekturgebäude), Mo–Do 12–16 Uhr
Teilen: