Hermann Finsterlin (1887 – 1973) war alles andere als ein Architekt, und keiner seiner Entwürfe wurde je realisiert. Er war Bohemien, studierte unter anderem Malerei und malte, allerdings mit wenig Erfolg. Bekannt wurde er durch die Aufnahme seiner utopischen Architekturskizzen in die »Ausstellung für unbekannte Architekten« 1919 in Berlin. Damit hatte er den Nerv der Zeit getroffen, als nach der Erfahrung des Weltkrieges viele von einer besseren Welt träumten. Es konnte kaum utopisch genug gedacht werden, und es ging dabei nicht um die Praxistauglichkeit der Entwürfe. Bruno Taut oder die Brüder Luckhardt zeichneten ähnliche Architekturfantasien und nahmen Finsterlin, der ganz unbescheiden das Pseudonym »Prometh« wählte, in den elitären Zirkel der Briefeschreiber der Gläsernen Kette auf, deren Mitglieder gemeinsam auf der Suche nach dem Glück des Individuums und der Gesellschaft waren und kristalline Strukturen bis zur Überbauung der Alpen oder wie Finsterlin biomorphe Körper für Künstlerateliers und Klöster zeichneten. Auch der in Itzehoe ansässige Wenzel Hablik, dessen fantastische Entwürfe damals ebenfalls in Berlin ausgestellt waren, gehörte zu diesem Kreis. Es war also nahe liegend, Finsterlin nach Itzehoe zu holen und einige seiner Traumgebilden gleichende Formfantasien im Wenzel Hablik Museum zu zeigen. Die Arbeiten stammen aus der Sammlung Siegfried Cremer des Westfälischen Landesmuseums in Münster. Leider ist die Auswahl nicht durchweg überzeugend, und die Zeichnungen differieren stark in ihrer Qualität. Unverständlich ist, weshalb die knappe biografische Skizze Finsterlins sein aktives künstlerisches Mittun im Nationalsozialismus unterschlägt. Ulrich Höhns
Bis 9. Mai im Wenzel Hablik Museum, Reichenstraße 2;. Di – Fr 14 –17, Sa 14 – 18, So 11 – 18 Uhr; www.wenzel-hablik.de
Teilen: