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Hans Hollein (Graz)

Ausstellungen
Hans Hollein (Graz)

~Paul Andreas

Nach dem Ende der Postmoderne war es stiller um ihn geworden, obwohl er sich selbst nie als ein »PoMo« verstanden wissen wollte. 15 Jahre später widmet ihm nun in einem letzten Coup der vor Monaten im Streit geschiedene, ehemalige Chefkurator der Neuen Galerie, Peter Weibel, eine opulente Retrospektive. Nomen est omen: Auf dem gesamten 2. OG des gerade restaurierten »Universalmuseums« breitet sich das grenzüberschreitende Lebenswerk des Universalkünstlers Hans Hollein aus: Architekturprojekte, Ausstellungsgestaltungen, Medienenvironments, Kunstinstallationen, Bühnen- und Kostümgestaltungen, Designobjekte und Mobiliar reichen sich in zehn weiträumigen Ausstellungssälen die Hand. Nicht strikt kategorisiert, sondern mit offenen Übergängen gruppiert, frei nach Holleins berühmtem Cross- the-Border-Slogan von 1966: »Alles ist Architektur«.
Herausgekommen ist eine inspirierende Schau, die weniger Chronologien als Themen folgt, wobei erfreulicherweise Holleins experimenteller, Schaffenszeit den 60er und frühen 70er Jahren mehr Platz eingeräumt wird als späteren Dekaden. Frühe Raumstadtvisionen sind zu sehen, mit denen Hollein über Wien und Manhattan eine zweite Ebene der Megastrukturen errichten wollte. Aber auch seine zierlichen Fotomontagen, mit denen er suggerierte, dass sich Architektur darin erschöpfen könnte, technische Nutzteile wie Automotoren und Zündkerzen oder aber auch ganze ingenieurtechnische Lebenswelten wie Flugzeugträger in reale Stadt- und Naturlandschaften zu verpflanzen. Es ist aber nicht nur die Faszination für die Technologie, die in seinen Ideen aufleuchtet. Vom Bauen und seinen Zwängen zur Materialität befreit sich Hollein auch in medialen Gedankenexperimenten: Mikroräume wie sein pneumatisches Mobilbüro für die Aktentasche (s. Abb.), wie Raumfahrtanzüge und Telefonzellen sollten über audiovisuelle Kanäle und technische Infrastrukturen mit der Außenwelt kommunizieren. Selbst die radikale Vorstellung, Raum nicht länger über eine gebaute Substanz zu erschaffen, hat Hollein nicht ausgespart: Seine »Architekturpille« verlegt das Phänomen Architektur augenzwinkernd auf die Ebene pharmazeutischer Kapseln und der halluzinativen Kraft der menschlichen Psyche.
Es sind diese Exkurse in die Immaterialität des Raums und der Kommunikation, die Kurator Peter Weibel, selbst ein bedeutender Medienkünstler, sichtlich an Holleins Werk faszinieren. Allerdings bleiben sie letztlich nur ein Kapitel in seinem Opus magnum. Wie die Ausstellung wiederum in zahlreichen detaillierten Präsentationsmodellen zeigt, wollte Hollein am Ende doch wie jeder Architekt bauen. Dass seine Bauwerke dabei zu komplexen wirkungsästhetischen »Schauwerken« mutierten, ist nicht zuletzt auch seiner intensiven Auseinandersetzung mit der visuellen Kultur der Massenmedien geschuldet. Nicht Gebäude, sondern »Gebilde« wollte Hollein schaffen – und das vollkommen im Einklang mit dem erweiterten Kunstbegriff seiner Zeit. Als eine episodische Fußnote zeigt die Ausstellung eine auf das Jahr 1974 datierte Postkarte, auf der handschriftlich vermerkt steht: »Hiermit erkläre ich, dass Hans Hollein ein Künstler ist.« Gezeichnet Joseph Beuys.
Bis 9. April. Neue Galerie im Joanneum, Sackstraße 16, A-8010 Graz, Di-So, 10-17 Uhr, Katalog: Hans Hollein. Hrsg. Peter Weibel, Hatje Cantz Verlag, Ostfildern 2011, 58 Euro, www.museum-joanneum.at/de/neue_galerie
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