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Eugène Atget (Berlin)

Ausstellungen
Eugène Atget (Berlin)

~Bernd Hettlage

Seine Fotografien wirken manchmal wie Bilder aus einer fluchtartig verlassenen Stadt: Leere Straßen, in denen das nasse Pflaster glänzt, im Hintergrund ragt, im Nebel nur zu erahnen, ein Kirchturm in die Höhe, während vorne noch die Lumpenhaufen vor den Häusern liegen oder das Gemüse in den Auslagen eines Geschäfts. Immer scheint der Himmel bedeckt. Nur selten tauchen auf den langzeitbelichteten Aufnahmen schemenhaft ein paar Menschen auf.
Eugène Atget war in der Tat der Chronist einer verschwindenden Stadt. Zwischen 1897 und 1927 fotografierte er das alte Paris, jene fast dörflich anmutenden Straßen und Viertel, welche die großflächigen Umgestaltungen Baron Haussmanns im 19. Jahrhundert gerade noch überstanden hatten, die aber der weiter grassierenden Modernisierungswut bald würden weichen müssen. Unermüdlich durchstreifte Atget mit seiner Plattenkamera und einer 20 Kilogramm schweren Ausrüstung die Stadt. Er wollte systematisch und vollständig die alten Pariser Viertel fotografisch archivieren, von den Häusern, Plätzen und Straßenkreuzungen über die Geschäfte und ihren Interieurs bis hin zu Details wie Treppengeländern und Tür- klopfern.
Anlässlich seines 150. Geburtstags widmet der Martin-Gropius-Bau dem französischen Fotografen nun eine umfangreiche Retrospektive – es ist die erste in Deutschland überhaupt. Aus den mehr als 8 500 Aufnahmen, die sein Werk umfasst, wurden 350 gut erhaltene Abzüge ausgewählt, alle im Format 18 x 24 cm. Die Ausstellung ist in sieben Kapitel aufgeteilt, die sich über ebenso viele Säle verteilen – analog zu den sieben thematischen Fotoalben, die der Fotograf ab 1909 für Auftraggeber wie die Bibliothèque nationale anfertigte. Atget ordnete all seine Aufnahmen zu Serien und nummerierte sie durch. Schon zu Lebzeiten galten die Fotos als dokumentarische Schätze und wurden von zahlreichen Institutionen erworben.
Doch Atget, der erst mit 31 Jahren zu fotografieren begann, war nicht nur ein Chronist. Er hat seine Bilder komponiert. Bildvorder- und -hintergrund, Fluchtlinien und Motivausschnitte sind sorgfältig gewählt. Manchmal stellt sich eine fast magische Poesie ein, wenn etwa Gesichter in Schaufenstern auftauchen oder weichgezeichnete, menschenleere Parklandschaften wie aus einem Traum zu stammen scheinen. Seine Bilder beeinflussten die Surrealisten. André Breton und Man Ray erkannten als Erste den künstlerischen Wert seiner Arbeiten.
Für die umfangreiche Ausstellung im Martin-Gropius-Bau sollte man sich Zeit nehmen. Auch wenn die kleinformatigen Bilder gewöhnungsbedürftig sind – größere Abzüge gibt es von Atget nicht – und ihre puristische Reihung auf gleicher Höhe anfangs etwas monoton wirkt, so entfalten die Fotografien in der Gesamtheit zunehmend ihren Reiz. Und viele Bilder lohnen auf dem Rückweg durch die Säle zum Ausgang einen zweiten Blick.
Bis 6. Januar. Martin-Gropius-Bau, Niederkirchner Str. 7, Mi–Mo 10–20 Uhr, Di geschlossen, Eintritt 7 Euro, Katalog 29, 90 Euro www.gropiusbau.de
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