Mit einer Auswahl von 115 Fotografien und vier Filmen würdigt das Sprengel Museum das szenische Werk von Ella Bergmann-Michel, die vielen eher als Grafikerin bekannt ist. Vor allem während der Zeit als Mitglied im »Neuen Frankfurt«, einem Reformbund aus Stadträten, Architekten und Künstlern, widmete sie sich bis in die dreißiger Jahre hinein der Fotografie. Neben offiziellen Auftragsarbeiten für den Bund und Dokumentationen über neue Siedlungen und Gebäude ihres Mannes Robert Michel entstehen zahlreiche künstlerische Fotoarbeiten, die den besonderen Reiz der Ausstellung ausmachen.
Ihre Experimente aus Licht und Bewegung, ihre Momentaufnahmen vom Leben in der Stadt, von Industrielandschaften, Verkehr und Arbeit sind reich an visueller Poesie. Es folgen strukturelle, fast abstrakte Aufnahmen von Baugerüsten als Studien für einen Film über das Bauen. Auch die vielen Fotos zu einer Darstellung über das Leben in den Frankfurter Siedlungen sind Vorstudien zu einem nicht realisierten Filmprojekt – konzipiert wie Standbilder einer lange belichteten Sequenz. Daraus folgen fünf kurze Dokumentarfilme, u.a. über das Frankfurter Budge-Altersheim von Mart Stam, Ferdinand Kramer und Werner Moser. Deutlicher noch als ihre Fotografien zeigt dieser Film die soziale Komponente des Bauens. Nicht der unbelebten, »reinen« Architektur gilt ihr Interesse, sondern dem wahren Leben in den Siedlungen als lebendiger Organismus in einer ganz normalen »Gebrauchsarchitektur«. Damit betritt Ella Bergmann-Michel einen bis heute weitgehend vernachlässigten Weg architektonischer Betrachtungen. Peter Struck
Bis 17. April. Sprengel Museum Hannover, Kurt Schwitters-Platz, Di 10 – 20 Uhr, Mi – So 10 – 18 Uhr. Der Katalog (Steidl Verlag) kostet 20 Euro
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