Selten hat ein Anbau eine solch vehemente Architekturdiskussion ausgelöst wie jener der Schweizer Botschaft in Berlin von den Baseler Architekten Diener & Diener. Bewundert und verurteilt wurde die strenge Haltung gegenüber der Geschichte, die zu einer schmerzhaft kontrastiven Nachbarschaft führte. Bauten von Diener & Diener fordern die Auseinandersetzung. Sie verweigern sich konsequent der schnellen Konsumierbarkeit. Deswegen leistet das Architekturmuseum der TU München jetzt mit einer Werkschau Aufklärungsarbeit. Gezeigt werden selbstbewusste Architekturen, die keine Handschrift verraten, weil sie aus einem intensiven, abwägenden Diskurs mit dem Ort und der Geschichte in Hinblick auf Qualität und Zukunft des stadträumlichen Zusammenhangs entstehen. Diese analytische Präzisierung der Form macht die Ausstellung nachvollziehbar: Im ersten Raum erheben sich 24 Modellblöcke über den entsprechenden Lageplänen. So ergibt sich eine urbane Topografie, die Bestehendes und Geplantes, Altes und neu Gebautes zur Einheit verschmilzt. Die Zitate und Beschreibungen an den Sockeln lesen sich wie Lehrsätze eines städtebaulichen Meisterkurses. Im anschließenden Studiensaal liegen edel gebundene Projektdokumentationen zum Blättern aus. Das Büro hat in den letzten 26 Jahren an 72 Wettbewerben teilgenommen, davon 28 gewonnen. Die Lektüre der Mappen vermittelt eine umfassende Bedachtsamkeit mit überraschenden Bezügen zur Kunstgeschichte. Diese Wahrnehmungsoffenheit wird im dritten Ausstellungsraum an drei Bauten konkretisiert. Anspruchvoll bis ins Detail fordern Architektur wie Ausstellung genaues Hinsehen. Ira Mazzoni
Bis 9. Januar im Architekturmuseum der TU München in der Pinakothek der Moderne, Barer Straße 40, Di, Mi, Sa+So 10 – 17, Do+Fr bis 20 Uhr, Katalog 14 Euro
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