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Der Architekt (München)

Ausstellungen
Der Architekt (München)

~Klaus F. Linscheid

Schwergewichtig kommt sie daher, die neue Ausstellung des Architekturmuseums der TU München und verlangt dem Besucher ein hohes Maß an Standhaftigkeit und Durchhaltevermögen ab. Winfried Nerdinger setzt mit seiner letzten Präsentation als Direktor des Museums (er leitet ab 1. Oktober als Gründungsdirektor das Münchner NS-Dokumentationszentrum) einen fulminanten Schlusspunkt. Sein Anspruch eines »weitgespannten Überblicks mit vielen Facetten zu Geschichte, Entwicklung, Problemen und Themen des Berufsstands« lässt eines bereits vermuten: Das Thema ist schwer zu illustrieren.
Architektur wird als die Mutter der Künste betrachtet und der Beruf des Architekten – des Ur-Baumeisters – zählt zu den ältesten Tätigkeiten der Menschheit überhaupt. Seit etwa 5 000 Jahren ist dieser Berufsstand bekannt und hat sich in den verschiedenen Epochen und Kulturkreisen – vom Alten Ägypten und Mesopotamien über die griechische und römische Antike bis zum Architekten des 21. Jahrhunderts – sehr unterschiedlich entwickelt. Dieses historisch aufzuzeigen ist nur ein Ansatz der Ausstellung. Ein weiterer versucht, das Innere dieser Berufsgruppe zu ergründen und herauszuarbeiten, was DEN Architekten ausmacht. Charaktere mit einem sehr breit angelegten Wissen waren Architekten schon immer. »Der Architekt muss nicht nur den Entwurf aus dem Kopf hervorbringen, sondern auch die vielen am Bau tätigen Gewerke beherrschen und steuern«, konstatiert Nerdinger. Daher sieht er den Architekten »im Spagat zwischen Alleskönner und sich aller Disziplinen bedienender Dilettant«. Von der Antike bis heute hat sich daran wenig geändert. Geändert haben sich allerdings die zahlreichen Hilfsmittel, sprich Arbeitsutensilien, derer sich Architekten bedienen, um ihre Ideen in eine lesbare Form zu bringen. Eine kleine aber feine Auswahl ist in einer Vitrine zu sehen. Edle Reißzeuge, Zirkel, Winkel, Lineale, Schablonen und Stifte muten heute antiquarisch an, obwohl die meisten der derzeit tätigen Architekten sicher noch mit dem einen oder anderen dieser Werkzeuge gearbeitet haben.
Mit der Popularität der Computerzeichnungen und -animationen verschwanden nicht nur die haptisch ansprechenden handkolorierten Architektenillustrationen, auch der Modellbau geriet mehr und mehr ins Abseits. Die dreidimensionale Formfindung einerseits und die Veranschaulichung eines Bauwerks in Form eines Präsentationsmodells für Bauherrn und Entscheider andererseits spielen dennoch weiterhin eine Rolle in der Arbeit zeitgenössischer Architekten.
Zu einem umfassenden Exkurs über Architekten (und Architektur) gehören auch Themen, die weniger direkt sichtbar, aber dennoch nachweisbar sind. Gemeint sind u.a. Parallelen zwischen Architektur und Musik. Proportion, Harmonie und Klang eines Gebäudes lassen sich mithilfe musikalischer Gesetzmäßigkeiten belegen. Schon Paul Valéry spricht in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in seinem Dialog »Eupalinos ou l‘architecte« richtigerweise von Städten, in denen es Gebäude gebe, die schweigen, andere, die redeten und wenige, die »singen sogar«.
Nicht immer sind es reale Behausungen für Menschen, die von Architekten geschaffen werden. Auch auf der Bühne und im Film haben sie ihre Spuren hinterlassen. In zwei weiteren Räumen weist die Ausstellung auf Werke von Andrea Palladio bis Zaha Hadid hin, bei denen die Bühne zum Experimentierfeld wurde. In dem legendären Bestseller »The Fountainhead« von Ayn Rand verkörpert Gary Cooper den Architekten Howard Roark, der sich nur seiner künstlerischen Freiheit verpflichtet fühlt. Die schon aus der Antike bekannten Querelen zwischen Architekt und Bauherr oder das Klischee vom »Lebemann« werden in diesem Film aus dem Jahre 1949 thematisiert und haben erstaunlicherweise nichts von ihrer Aktualität verloren. Ausschnitte aus dem Film sind in München zu sehen.
Anders als in früheren Ausstellungen des Architekturmuseums fällt es diesmal jedoch insgesamt schwer, ein wirkliches »Aha-Erlebnis« zu haben. Gleichwohl eine sehenswerte Ausstellung.
Bis 3. Februar. Der Architekt – Geschichte und Gegenwart eines Berufsstandes. Pinakothek der Moderne, Barer Straße 29, 80799 München, Di-So 10-18, Do bis 20 Uhr. Reich bebilderte, zweibändige Publikation bei Prestel, 76 Euro (in der Ausstellung). www.architekturmuseum.de
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