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Andrea Branzi (Antwerpen)

Ausstellungen
Andrea Branzi (Antwerpen)

~Karl R. Kegler

Auf der Biennale in Venedig verblüffte Andrea Branzi 2010 mit Dioramen, die den Geist einer »Neuen Charta von Athen« verdeutlichen wollten. Keine funktionalistische Stadt der Zukunft, sondern die gegenwärtige Stadt als Favela und Laboratorium des Humanen, der räumlichen und technologischen Offenheit sind Thema seines Programms. Anknüpfend an diese Visionen zeigt das Vlaams Archtectuurinstituut im Antwerpener Kulturzentrum deSingel bis Ende Mai aktuelle Arbeiten Branzis, der als Mitbegründer der Mailänder Avantgardgruppe archizoom schon in den 60er und 70er Jahren Design- und Architekturgeschichte schrieb. Das Konzept der Ausstellung entwickelte Kuratorin Katrien Vandermarliere in enger Abstimmung mit dem Mailänder Altmeister, wobei bestehende Kontakte zwischen Flandern und Oberitalien zum Tragen kamen. Seit den 80er Jahren gibt es einen intensiven Austausch zwischen Branzi und der Design- und Sammlerszene in Belgien.
Mengenmäßig dominieren Designstücke, die auf surreale Weise Archetypen der Natur und des Humanen verarbeiten. Branzi collagiert in seinen Möbelobjekten z. B. perfekt gearbeitete Oberflächen mit rauen Birkenstämmen oder glatten malvenfarbigen Keramiken, die Schädel oder Hirne darstellen. Das faszinierendste Objekt ist das große Modell eines filigranen Museums. Angefüllt mit Miniaturplastiken aus allen Kulturen und Zeiten steht der aufgeständerte Bau über einem verzaubert-entrückten Friedhof wie ein Lagerhaus von Erinnerungen. Dass bei Betrachtung dieser Objekte keine morbide Stimmung aufkommt, ist einem perfekt kalkulierten Gleichgewicht aus ästhetischem Minimalismus, Surrealität und Symbolsprache geschuldet. Mit diesen klinisch-sauberen Inszenierungsmitteln gestaltete Branzi auch die Dioramen seiner Stadtvisionen, die im Film projiziert werden, wobei im Hintergrund etwas penetrant Musik von Sigur Ros und Stockhausen läuft. Eine der Vitrinen greift auf eine Präsentationsform zurück, die Branzi und archizoom bereits in den 70er Jahren in der Inszenierung ihrer Stadtutopie »endless city« erprobt haben: Spiegel vervielfältigen die Objektwelten Branzis gewisser- maßen ins Unendliche.
Die nicht allzu umfangreiche Ausstellung ist eine ästhetisch faszinierende Präsentation, die zwischen Nostalgie, Humanität und Optimismus oszilliert. Die städtebauliche Vision einer grenzenlos offenen, vielfältig urbanen Kultur ist jedoch nicht ohne innere Widersprüche. Armut, Schmutz und Unzulänglichkeiten der realen Gegenwart verschwinden hinter der elegant-minimalistischen Ästhetik, welche die reversiblen Strukturen von »Favelas« metaphorisch und optimistisch als Labore des Neuanfangs inszeniert. Der darin enthaltene, utopische Aspekt korrespondiert mit weiteren aktuellen Ausstellungen, die das sehr aktive Vlaams Archtectuurinstituut zurzeit betreut. Erst kürzlich zeigte das Institut räumliche Zukunftsvisionen für Belgiens Nordseeküste. Bis zum 18. April ist diese zweite Ausstellung noch im Ausstellungszentrum in Dornbirn zu sehen.
Bis 26. Mai. Andrea Branzi. Objecten & Territoria. Vlaams Archtectuurinstituut, Desguinlei 25, B-2018 Antwerpen, Mo-Fr 10-19, Sa 16-19 Uhr. www.desingel.be
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