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Wurzelbehandlung: Kellerabdichtung und Schutz erdberührter Bauteile

Kellerabdichtung im Bestand
Wurzelbehandlung

Feuchte Keller trockenzulegen, ist eine der häufigsten Baumaßnahmen im Bestand. Wie können erdberührte Wände Wasser dauerhaft aussperren und dadurch weitere Schäden am Gebäude verhindern? Wie lässt sich die Kellerabdichtung an den eigentlich unzugänglichen Fassadenbauteilen effizient auf Vordermann bringen?

Die Fassade ist besonders dort gefährdet, wo sie mit dem Erdboden in Berührung kommt: Wenn die Bauteile hier schlecht gegen das Eindringen von Feuchte geschützt sind, kann das zu größeren Schäden am und im Gebäude führen. Während bei der Planung von Neubauten Abdichtungssysteme oder Drainageanlagen von Anfang an berücksichtigt werden können, ist beim Bauen im Bestand ein anderes Vorgehen nötig. Da sich der Zustand der Bauteile und der bestehenden Kellerabdichtung vor Beginn der Baumaßnahmen nicht ohne weiteres beurteilen und sich daher eine vorausgehende Planung nicht abschließen lässt, kann über die geeigneten Maßnahmen zum Schutz vor eindringender Feuchte häufig erst vor Ort entschieden werden.

Nachträgliche Kellerabdichtung

Eine nachträgliche Abdichtung erdberührter Bauteile kann notwendig werden, wenn:

  • sich Nutzungen von Räumen ändern, die an erdberührte Fassadenbauteile angrenzen,
  • bestehende Abdichtungen von Fassaden instandzusetzen sind oder
  • hydraulische Situationen im Einflussbereich von Fassaden sich verändert haben.

Werden Kellerräume von freistehenden Wohngebäuden mit wasserdichter Sohlplatte zukünftig höherwertig genutzt, so kann eine von außen aufgebrachte Vertikalabdichtung an der Fassade nach DIN 18195–6 oder je nach Situation eine geeignete Injektionsmaßnahme von der Bauteilinnenseite her die erdberührten Bauteile vor dem Eindringen von Feuchte schützen.
Bei älteren Gebäuden ist es häufig nötig, die unwirksame oder beschädigte bestehenden Kellerabdichtung nachträglich instandzusetzen. Aber auch bei Neubauten kann es vorkommen, dass aufgrund von Planungs- und Ausführungsfehlern nachträgliche Abdichtungsmaßnahmen durchgeführt werden müssen. Dazu zählen etwa Schäden an „Weißen Wannen“, für deren Instandsetzung sich inzwischen insbesondere Injektionsverfahren technisch durchgesetzt haben.
Hat sich über die Lebensdauer eines Gebäudes der hydraulische Lastfall geändert, kann es ebenfalls nötig werden, erdberührte Fassadenbauteile nachträglich abzudichten. Das ist etwa bei einem veränderten Grundwasserspiegel der Fall oder wenn beispielsweise Regenwasser, das früher in die Kanalisation abgeleitet wurde, heute vor der Fassade auf dem Grundstück versickert wird und der Boden nicht ausreichend wasserdurchlässig ist. Gebäude, die nur gegen Bodenfeuchte ausreichend geschützt sind, bedürfen dann einer nachträglichen Abdichtung gegen drückendes Wasser.
Um eine wirtschaftliche, umweltverträgliche, nutzungsgerechte und technisch einwandfreie Abdichtung erdberührter Fassadenbauteile im Bestand zu erreichen, sollte sich die Planung in folgende Schritte gliedern:

  • Bestandserfassung und -aufnahme,
  • Schadenserkennung und -erfassung,
  • Nutzungsüberlegung und -abwägung,
  • Vorentwurf und Entwurf, u.U. planungsbegleitende Qualitätsprüfung,
  • Ausschreibung, Regelungen und Vergabe sowie
  • bauausführungsbegleitende Planung und Qualitätsprüfung.

Die Feuchte in erdberührten Fassadenbauteilen lässt sich mit substanzzerstörenden oder zerstörungsfreien Verfahren ermitteln. Letztere bieten sich etwa an, wenn auf der Innenseite einer Kellerwand wertvoller Bauschmuck oder eine Bemalung geschützt werden sollen. Der Feuchtezustand kann in diesen Fällen mit Baufeuchtemessgeräten, etwa Feuchtemetern, Feuchtesensoren oder Feuchteindikatoren,festgestellt werden.
Im Bereich der Gründung von Gebäuden kann Wasser auf das Bauwerk unter anderem als Kapillarwasser, Haftwasser, nichtstauendes Sickerwasser, stauendes Sickerwasser und Grundwasser einwirken (DIN 4095 und DIN 18195). Die DIN 18195 ordnet diesen sogenannten Lastfällen, welche die erdberührten Bauteile auf unterschiedliche Art und Weise beanspruchen, jeweils geeignete Abdichtungsmaßnahmen zu.Wasser im Baugrund kann einen hydrostatischen Druck auf Bauteile ausüben, ein Grundwasserspiegel, der über der Gründungssohle von Gebäuden liegt, stellt eine hydrostatische Belastung dar. Auch wenn der Grundwasserspiegel unterhalb der Bauwerkssohle liegt, kann es durch zeitweiligen Wasseraufstau zu einer hydrostatischen Belastung kommen. Um festzustellen, ob es sich tatsächlich um den Lastfall aufstauendes Sickerwasser handelt, ist die Hinzuziehung von Baugrundsachverständigen zwingend erforderlich.
Steht Grundwasser oder Schichtwasser an erdberührten Bauteilen dauerhaft an, so ist mit dem Lastfall drückendes Wasser zu rechnen, unabhängig von der Bodenart, der Eintauch- und Gründungstiefe des Bauwerks. Um welchen Belastungsfall es sich letztlich handelt, lässt sich am ehesten durch Baugrundgutachten nach DIN 4020 mit Baugrunderkundungen bis unterhalb der Gründungssohlen erkennen.

Abdichtungsverfahren

Die verschiedenen Verfahren für nachträgliche Bauwerksabdichtungen und deren Anwendungsbereiche sind in folgenden Normen, Richtlinien und Merkblättern dargestellt:

  • Dichtungsbahnen, DIN 18195–6, Außenabdichtungen, Lastfall von außen drückendes Wasser nach Abschn. 7.2.1 der DIN 18195–61.
  • Kunststoffmodifizierte Bitumenbeschichtungen (KMB), DIN 18195–6 / Richtlinie für die Planung und Ausführung von Abdichtungen mit kunststoffmodifizierten Bitumendickbeschichtungen (KMB) der Deutschen Bauchemie e.V., Außenabdichtung, Belastungsfall „aufstauendes Sickerwasser“ nach Abschn. 7.22 der DIN 18195–6; Drückendes Wasser < 3,0 m nach KMB-Richtlinie
  • Dichtungsschlämmen, WTA-Merkblatt 4–6–05/D / Richtlinie für die Planung und Ausführung von Abdichtungen von Bauteilen mit mineralischen Dichtungsschlämmen der Deutschen Bauchemie e.V. / Richtlinie für die Planung und Ausführung von Abdichtungen erdberührter Bauteile mit flexiblen Dichtungsschlämmen der Deutschen Bauchemie e.V. , Außen- und Innenabdichtungen
  • Injektionsverfahren, WTA-Merkblatt 4–4–04/D / WTA-Merkblatt 4–6–05/D / ABI-Merkblatt (STUVA) / Deutsche Bahn AG Richtlinie 804.6102, Mauerwerksinjektion, Flächen- und Schleierinjektion für alle Belastungsfälle

Kellerabdichtung unter Freilegen des Bauteils
Bei der Instandsetzung bestehender Gebäude ist grundsätzlich anzustreben, die Abdichtungsebenen auf der Außenseite der freigelegten Bauteile anzuordnen. Für Abdichtungen gegen den Lastfall aufstauendes Sickerwasser eignen sich vor allem KMB mit Gewebe- oder Vlieseinlage, Polymerbitumen-Schweißbahnen, Bitumen- oder Polymerbitumenbahnen und Kunststoff- und Elastomer-Dichtungsbahnen. Vor dem Aufbringen der Dichtungsbahnen muss die Oberfläche des Bauteils entsprechend vorbereitet werden.
Mineralische Dichtungsschlämmen sind Gemische aus Werksfeinmörtel, bestehend aus Zement, Zuschlagstoffen und besonderen Zusatzstoffen, die sich ebenfalls zur Abdichtung erdberührter Fassadenbauteile nutzen lassen. Es wird zwischen starren und flexiblen mineralischen Dichtungsschlämmen unterschieden.

Kellerabdichtung ohne Freilegen des Bauteils
Lassen sich die Abdichtungsebenen nicht auf den Außenseiten der Wände ausführen, etwa weil ein Aufgraben und Freilegen wegen schützenswerten Pflanzenbestands direkt am Gebäude nicht in Frage kommt, so werden sie in der Regel auf die Innenseite verlegt. Innenabdichtungen sind keine nach DIN 18195 genormten Abdichtungsverfahren.
Auf der Innenseite erdberührter Bauteile liegende Abdichtungen sind wannenartig auszuführen. Die Bauteile werden bis zu diesen innenliegenden Schichten durch aufstauendes Sickerwasser beziehungsweise drückendes Wasser durchfeuchtet. Aus den Lastfällen resultierende hydrostatische Beanspruchungen müssen über die Rückseiten der Abdichtungssysteme schadensfrei unter zulässigen Verformungen abgetragen werden können.
Bei der Entscheidung für eine innenliegende Abdichtungsebene sollte gleichzeitig eine Horizontalabdichtung gegen kapillar aufsteigendes Wasser vorgesehen werden. Diese lässt sich mechanisch oder mit einem Injektionsverfahren herstellen. Bei den genannten Konzepten sollte sich die Abdichtung nicht auf die vertikalen Bauteile beschränken, sondern – falls keine druckwasserdichte Sohldichtung vorhanden ist – auch die Gebäudesohle in die Maßnahmen miteinbeziehen. An diese horizontale Abdichtungsebene sollte die vertikale Abdichtung dann wasserdicht anschließen. Auch Innenwände, die in die erdberührte Außenwand einbinden, stellen ein Problem dar. Um die Abdichtung auch im Einbindungsbereich weiterzuführen, bieten sich Injektionen oder eine Abtrennung der Innenwand mit anschließendem Durchführen der Abdichtung an.
Auch die Ausführung eines wasserdichten Innentroges aus Beton ist eine mögliche, aufwendige Lösung, um das Gebäude gegen den Lastfall drückendes Wasser abzudichten. Kaum empfehlenswert ist es allerdings, die Bauteilinnenseiten mit Dichtungsschlämmen zu behandeln: Diese Art der Innenabdichtung entspricht nicht den anerkannten Regeln der Technik, ist im Aufwand erheblich und gewährleistet nicht den nötigen Schutz des Gebäudes.
Eine weitere Möglichkeit, erdberührte Bauteile abzudichten, ohne sie freischachten zu müssen, sind Injektionsverfahren. Schleierinjektionen erzielen durch Gel-Erdstoff-Gemische, die vor den Bauteilen im Baugrund injiziert werden, eine abdichtende Wirkung. Flächeninjektionen haben zusammenhängende und wasserdichte Abdichtungen von erdberührten Bauteilen zum Ziel: Die Injektionsgüter dringen in die Porengefüge der Bauteile ein und verdrängen das in den Porengefügen vorhandene Wasser.

Fazit

Wenn erdberührte Bauteile bestehender Fassaden von außen mit genügendem Arbeitsraum zugänglich gemacht werden können, sind Außenabdichtungen nach DIN 18195 zu präferieren. Die DIN 18195 ist allerdings eine Norm für den Neubaubereich und daher nicht für alle Probleme, die sich bei der Altbauinstandsetzung ergeben können, geeignet. Lassen sich beispielsweise die abzudichtenden Fassadenbauteile nicht ausreichend freilegen, müssen Injektionen bzw. eine Kellerabdichtung von innen als Alternative herangezogen werden.
Wenn die Abdichtungsebene auf der Innenseite der erdberührten Fassadenbauteile ausgeführt wird, so ergibt sich daraus der Nachteil, dass diese Elemente dauerhaft durchfeuchtet sind und somit zusätzlich mit nachträglich einzubringenden Horizontalsperren gegen kapillar aufsteigende Feuchte geschützt werden müssen. Zudem müssen sich die hydrostatischen Belastungen aus dem Lastfall drückendes Wasser über die Innenabdichtungen problemlos abtragen lassen; auch die Auftriebssicherheit muss gewährleistet sein.
Durch eine Vergelung des Baugrundes vor den erdberührten Fassadenbauteilen beziehungsweise durch eine Injektion, welche die Dichtheit der Fassade erhöht, wandert die Abdichtungsebene vor oder in die Bauteile. Bei diesen Verfahren sind Nachinjektionen möglich; die Abdichtungsqualität ist jedoch abhängig vom injizierten Material, der Sachkenntnis der Planer und der Erfahrung der Bauausführenden.
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die jeweils geeignete Methode zur nachträglichen Kellerabdichtung stets für den Einzelfall erarbeitet werden muss, um eine nachhaltige Lösung zu erzielen. Da Abdichtungen stets wannenartig geplant und ausgeführt werden sollten, empfiehlt es sich jedoch, auf die Anschlüsse zwischen vertikalen und horizontalen Abdichtungsbestandteilen besondere Sorgfalt zu verwenden; das gleiche gilt für unvermeidbare Durchdringungen. Wenn geplant ist, unterschiedliche Abdichtungsmethoden einzusetzen, sollte zuvor die Verträglichkeit im System überprüft und objektbezogen das optimale Verfahren gewählt werden.


Autoren: Dipl.-Ing. (FH) Achim Bethe und Architekt Prof. Dr.-Ing. Martin Pfeiffer. Beide lehren, praktizieren und forschen am Institut für Energie und Klimaschutz (IEK), Fakultät II der Fachhochschule Hannover.


Weiterführende Literatur:
Bethe, Achim; Pfeiffer, Martin: Praxisgerechte Bauwerksabdichtungen; Forum Verlag Herkert, Merching 2009
Pfeiffer, Martin u.a.: Energetische Gebäudemodernisierung; Fraunhofer IRB Verlag, Stuttgart 2008


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