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Schäden durch Solaranlagen auf geneigten Bestandsdächern

Dachschäden durch Solaranlagen
Die Sonne scheint auch für ungeschickte Monteure

Bei der nachträglichen Montage von Solartechnik kann viel schiefgehen, v. a. wenn Anlagenbauer die Regeln des Dachdeckergewerks nicht detailliert beachten. Wie lassen sich Fallstricke in Sachen Dichtheit, Sicherheit, Brand- und Wärmeschutz umgehen?

Text: Géraldine Liebert, Ralf Spilker, Matthias Zöller in Zusammenarbeit mit der DGS; Fotos: AIBau, DGS

Im Zeitraum 2008-17 wurden grob geschätzt etwa 2,4 Mio. PV- und Solarthermieanlagen auf geneigten Dächern errichtet; der Gesamtbestand in diesem Zeitraum beläuft sich auf 2,76 Mio. Anlagen. Aufgrund einer Umfrage unter Sachverständigen für Schäden an Gebäuden, für das Dachdeckerhandwerk sowie für Solartechnik schätzen die Autoren der Studie [1], dass die Quote für Dachschäden durch Solaranlagen unter 0,5 % liegt. Dies entspräche einer Menge von unter 1 200 Anlagen jährlich und ist ein erfreulich geringer Anteil. Dennoch ließe sich auch diese Zahl weiter minimieren. Die Schäden werden v. a. durch handwerkliche Fehler, aber auch durch fehlerhafte oder fehlende Planung bzw. statische Vorbereitung des Dachtragwerks verursacht. Solaranlagenbauer werden bei Bestandsdächern deutlich häufiger als Dachdecker beauftragt. Sie verfügen aber oft nicht über das Wissen über den richtigen Umgang mit dem unter der Solaranlage liegenden Dach. Während bei neuen Solaranlagen die Planung der Schnittstellen zwischen Dach und Anlage zumeist in einer Hand liegt, haben die Solaranlagenbauer oft keine Informationen über das bestehende Dach. Nicht selten erfolgt sogar die arbeitsvorbereitende Besichtigung nur vom Boden aus. Daher sollte die Zusammenarbeit zwischen Solarinstallateuren und Dachdeckern nicht nur bei der Montage, sondern auch bei der Weiterentwicklung der Regelwerke und Empfehlungen (s. Weitere Informationen) intensiviert werden. Regelwerke werden zwar perspektivisch verfasst, sie können aber auch, sofern sie einheitlich sind, als geeignete Bewertungsgrundlage dienen. Während die Dachdeckerregeln immerhin allgemeine Hinweise zur Montage von Solaranlagen enthalten, liefern Solaranlagenbauer gut funktionierende Anlagen ab, kümmern sich aber zu wenig darum, dass das bestehende Dach auch weiterhin einwandfrei funktioniert.

Regeln, die das jeweils andere Gewerk mit einbeziehen, dienen der Ausführungssicherheit und damit dem wirtschaftlichen und nachhaltigen Erfolg. In diesem Artikel werden besonders typische Schadensbeispiele gezeigt, ergänzt durch Nennung weiterer Schadensursachen.

Ziegel und Dachsteine

Zahlenmäßig lagen in der der Untersuchung zugrundeliegenden Umfrage [1] die Schäden an Dächern mit kleinformatigen Deckelementen wie Dachziegeln und Dachsteinen vorne. Das kann darauf zurückgeführt werden, dass diese Art von Dächern sehr verbreitet ist. Die Schadensquote ist hier aber geringer als bei Metalldeckungen oder Faserzementwellplatten. Ein Grund dürfte darin liegen, dass geneigte Dächer, insbesondere mit Dämmschichten, oft fehlertoleranter sind. Aufgrund zweiter Entwässerungsebenen und hohem Austrocknungspotenzial führen kleinere Undichtheiten i. d. R. nicht zu Schäden.

Die Befestigung von Solarelementen auf solchen Dächern erfolgt üblicherweise mit Dachhaken, die mit dem Holzdachstuhl verbunden werden und zwischen den Deckungen herausragen. Dabei sind die Deckelemente entsprechend anzupassen. Da die Deckung üblicherweise keine vorgeformten Ausnehmungen hat, werden sie vor Ort manuell erstellt: Falze oder Rippen werden ausgeschnitten, ausgeschliffen oder gefräst. Überdeckung und Verfalzung sowie die Kontaktflächen der Dachziegel werden an den Durchdringungsstellen geändert. Durch diese Öffnungen in der Dachhaut verringert sich die Regensicherheit, ggf. müssen hier Ersatzmaßnahmen getroffen werden. Je nach Art der Änderung verliert der Bauherr eventuell sogar seinen Gewährleistungsanspruch gegenüber dem Dachdecker, wenn Schäden auf die nachträglichen Veränderungen zurückzuführen sind. Um Schnittstellenprobleme bezüglich der Gewährleistung zu vermeiden, sind vertragliche Vereinbarungen dazu zu empfehlen.

Beispiel 1: Bruch der Dachziegel

Bei einem ziegelgedeckten Einfamilienhaus wurden nach der Montage einer PV-Anlage Wasserflecken im ausgebauten DG festgestellt. Eine Kontrolle der Eindeckung ergab eine hohe Anzahl an gebrochenen Ziegeln [Abb. 2-4]. Alle betroffenen Ziegel befanden sich unter Dachhaken der Tragkonstruktion für die Solaranlage. Die Haken waren mit sehr geringem Abstand zum unteren Ziegel montiert, als Unterlage wurden weiche Holzplättchen genutzt. Diese lagen nicht vollflächig zwischen Sparren und Dachhaken auf. Zudem erfolgte die Verschraubung des Hakens mit dem Sparren mit nur einer Schraube [Abb. 4]. Zur Instandsetzung wurden alle Dachhaken mit ausreichend festen, vollflächig aufliegenden Unterlagen versehen und mit jeweils mindestens zwei Schrauben erneut montiert. Hierbei wurden auch passende Aussparungen an den Ziegeln hergestellt.

Dachschäden durch Solaranlagen, Probleme mit Ziegeln

Typische Fehler bei der Ziegel- oder Dachsteinbearbeitung sind darüber hinaus gänzlich fehlende Aussparungen oder Ausnehmungen an der falschen Stelle. Dadurch wird der Ziegel angehoben und schließt nicht mehr zum nächsten auf, sodass hier Regen in größeren Mengen eindringen kann. Das Gleiche gilt auch für zu große Aussparungen, etwa wenn der Ziegel unten auf seiner gesamten Breite verkürzt wird [Abb. 5].

Eine häufige Fehlerquelle ist die Verschraubung: Unzureichende Dachhakenbefestigung wegen zu schmaler Latten können zum Verkippen der Schrauben und Druck der Unterkonstruktion der Solaranlage auf die Ziegel führen. Schrauben werden nicht festgezogen, die Dachhaken ohne Druckausgleich direkt auf den Dachsteinen montiert, Dachanker falsch gesetzt.

Auch ungeeignetes Material, etwa zu weiche Dachhaken, führen zu statischen Problemen und damit zu Druck auf die Ziegel. Genauso wird oft übersehen, dass verschiedene Baustoffe sich thermisch bedingt unterschiedlich ausdehnen, wodurch Reibung und z. B. Knackgeräusche auftreten können. Risse und Löcher werden mit Klebebändern geflickt, statt die gebrochenen Ziegel auszutauschen. Insbesondere bei Biberschwanzziegeln können Brüche gefährlich sein, weil die abgebrochenen Teile vom Dach rutschen und auf Personen und Gegenstände fallen können. Darüber hinaus werden bei Unterschreitung der Regeldachneigung häufig notwendige Zusatzmaßnahmen wie ein wasserdichtes Unterdach unterlassen – oder die Ziegel werden unsachgemäß mit Mörtel verstrichen, der wieder herausfallen kann.

Metalldeckungen

In der Umfrage zeigte sich bei Faserzementwellplatten und Metalldeckungen eine höhere Schadensquote als bei Dachziegeln. Häufig entstehen Dachschäden durch Solaranlagen, wenn Monteure die Trapezbleche und Sandwichelemente betreten und dabei eindrücken oder sogar aufbiegen. Fehlbohrungen, die bei unsauberem Einmessen oder unpassender Unterkonstruktion auftreten, werden nicht oder nur unzureichend geschlossen. Dazu wurden z. B. Reparaturbänder benutzt, vom Hersteller empfohlene Instandsetzungsschrauben aber nicht. Auch bei den Metalldeckungen sind Montagen ohne Dehnungsausgleich der Elemente Fehlerquellen, ebenso die Behinderung der thermischen Ausdehnung. Bei Verschraubungen wurden u. a. zu große Schraubenabstände konstatiert, außerdem nicht fest genug oder zu fest angezogene Schrauben, die zur Verformung der Blechelemente führen, nicht (für die jeweilige Ausführung) zugelassene oder statisch nicht nachweisbare Schrauben. Oft haben Dichtscheiben keine plane Auflagefläche, oder die Befestigung ist an der falschen Stelle ausgeführt: etwa neben der Kalotte statt darauf. Dadurch liegt sie nur teilweise auf dem Obergurt auf, der Kraftschluss reicht nicht, wodurch sich die Dichtringe verformen und nicht mehr abdichten – sofern sie nicht ganz fehlen. Auch bei Metalldächern führen nicht zum System passende Dachneigungen zu Schäden.

Beispiel 2: Zu geringe Blechüberdeckungen

In einem untersuchten Fall wurde die asbesthaltige Faserzementdeckung von mehreren landwirtschaftlichen Gebäuden durch Trapezbleche ersetzt, auf denen nachträglich Solaranlagen montiert wurden. Die Befestigung erfolgte über Aluminium-Langprofile, die, in Kunststoffhaltern gelagert, auf die Obergurte der Trapezbleche geschraubt waren. Die Trapezbleche wurden, anders als üblich und vom Hersteller vorgesehen, mit sehr geringer Überlappung montiert [Abb. 6]. Die Verschraubung des Montagesystems auf den Blechen erfolgt normalerweise ohne Vorbohren. Im Bereich von Überlappungen verlangt der Hersteller des Montagesystems jedoch ein Vorbohren, um das Abheben der Bleche gegeneinander und das Entstehen von Spalten zu verhindern [Abb. 7]. Aufgrund der geringen Überlappung der Blechtafeln mussten häufig Schrauben an den Rand der Obergurte gesetzt werden. Einige Schrauben sind dabei sogar im Knickbereich der Bleche angeordnet. An diesen Stellen ist die Dachdichtheit nicht gewährleistet.

Dachschäden durch Solaranlagen - Problempunkt Blech

Beispiel 3: Zu schmale Dachunterkonstruktion

Bei einer Solaranlage über einem Sandwichdach kam es zu einer Vielzahl von Fehlbohrungen, da die Pfetten aus Z-Blechprofilen nur schmale Obergurte hatten. Viele Schrauben hatten daher keine Verbindung mit den Pfetten [Abb. 8]. Die Modul-Unterkonstruktion der Solaranlage rutschte in Richtung Traufe ab, sodass die Stockschrauben schief standen [Abb. 9]. Durch die Verformung der Dichtringe konnten diese nicht mehr abdichten. Löcher von Fehlbohrungen wurden zudem nicht geschlossen [Abb. 10]. Um die Gebrauchstauglichkeit wieder herzustellen, musste die Anlage demontiert und auf das Tragwerk ausgerichtete Stockschrauben neu gesetzt werden. Dabei konnten die Löcher fachgerecht abgedichtet werden.

Funktionsbeeinträchtigungen

Nicht nur Montagefehler, auch unzureichende Beachtung von öffentlich-rechtlichen Bauvorschriften und andere Planungsfehler sind Probleme, die hin und wieder vorkommen. Aus wirtschaftlichen Gründen werden Dachflächen häufig maximal ausgenutzt. So werden notwendige Abstände zu den Dachrändern unterschritten, wodurch z. B. Windsogkräfte am First zu stark auf die Module wirken oder das Regenwasser durch zu weit vorstehende Elemente über die Regenrinne hinausschießt und die Fassade in Mitleidenschaft zieht. Auch wenn Solarmodule zu nah am Schneefanggitter enden, kann der Schnee über das Gitter hinwegrutschen und auf die Verkehrsflächen vor Gebäuden fallen.

Aus Unachtsamkeit wird der Brandschutz oft unzulässig reduziert. Nicht nur die Abstände zu Kaminanlagen nach DIN V 18160-1 werden immer wieder unterschritten, auch PV-Module werden zu nah an Brandwänden montiert oder sogar über Brandabschnitte hinweggeführt. Auch die ungeschützte Führung von Leitungen durch oder über Brandwände hinweg ist unzulässig. Im Bereich von Fluchtwegen dürfen keine PV-Leitungen, Wechselrichter und andere PV-Komponenten installiert werden.

Checklisten zum Vermeiden von Dachschäden durch Solaranlagen

Die Studie des AIBau enthält neben der Dokumentation zahlreicher Schadensfälle und ausführlichen Betrachtungen der einschlägigen Regelwerke auch eine zusammenfassende Checkliste, was vor, während und nach der Montage von Solaranlagen beachtet werden soll. Sie kann kostenlos unter www.aibau.de heruntergeladen werden. Auch ein Bericht zur nachträglichen Montage von Solaranlagen auf Flachdächern ist dort zu finden.


Weitere Informationen:
[1] Géraldine Liebert, Ralf Spilker, Matthias Zöller; Ralf Haselhuhn, Udo Siegfriedt: Solaranlagen auf geneigten Dachflächen im Gebäudebestand Aachener Institut für Bauschadensforschung und angewandte Bauphysik gGmbH und Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie e. V., Aachen/Berlin, 2019 (gefördert mit Mitteln der Forschungsinitiative ZukunftBau des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR), Bonn
Für die Verbindung von Solaranlagen mit geneigten oder flachen Dächern gibt es bislang nur einzelne Regelungen, u. a.:

  • Hinweise für die Herstellung, Planung und Ausführung von Solaranlagen, DIBt, Berlin, 2012
  • MVVTB 2017/1: Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen zum Brandverhalten, DIBt, Berlin, 2017
  • Hinweise und Beispiele zum Vorgehen beim Nachweis der Standsicherheit beim Bauen im Bestand, Stand 7.4.2008, Fachkommission Bautechnik der Bauministerkonferenz (ARGEBAU), www.dibt.de
  • VDI 6012 Regenerative und dezentrale Energiesysteme für Gebäude, VDI, Düsseldorf, 2016
  • ZVDH-Grundregel für Dachdeckungen, Abdichtungen und Außenwandbekleidungen, 1997, mit u. a. ZVDH-Fachregel Dachziegel und Dachsteine, 2016; -Fachregel Faserzement-Dachplatten, 2018; -Merkblatt Unterdächer, 2010; -Merkblatt Einbauteile, 2016; -Fachregel Metallarbeiten, 2011; -Merkblatt Solartechnik, 2001, 2011-04 und 2011/2016, Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks, Köln
  • ZVSHK-Richtlinien für Ausführung von Klempnerarbeiten an Dach u. Fassade, Zentralverband Sanitär Heizung Klima, 2016
    IFBS 2019-01 Solartechnik im Metallleichtbau. Hinweise für die Planung und Ausführung, IFBS, Düsseldorf, mit Qualitätsverband Solar- und Dachtechnik, München, 2012/2019

Eine umfangreiche Liste von Regelwerken und Veröffentlichungen zur (nachträglichen) Installation von Solaranlagen auf flachen und geneigten Dächern ist in den o. g. Forschungsberichten des AIBau enthalten.


Über die Autoren:

Géraldine Liebert

1998-2004 Architekturstudium an der RWTH Aachen. 2001-04 und wieder seit 2005 Mitarbeit am AIBau, Aachen. 2004-05 Mitarbeit bei Busmann + Haberer, Berlin. Seit 2009 staatlich anerkannte Sachverständige für Schall- und Wärmeschutz.

Ralf Spilker

Bis 1985 Architekturstudium an der RWTH Aachen, Mitarbeit bei Rainer Oswald, bauphysikalische Beratung, Ausführungsplanungen, Gutachtenerstellung. 1990-91 Mitarbeit im Architekturbüro Prof. Kahlen und Partner, Aachen, 1991-93 in der Architekturwerkstatt Aachen. Seit 1994 Mitarbeit am AIBau. Seit 2010 selbstständige Tätigkeit als öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Schäden an Gebäuden.

Matthias Zöller

Architekturstudium an derTU Karlsruhe. Honorarprofessur am KIT Karlsruhe, öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Schäden an Gebäuden. Forschungstätigkeit am AIBau und Leitung der Aachener Bausachverständigentage. Referent für das IfS Institut für Sachverständigenwesen in Köln und mehrere Architektenkammern. Mitherausgeber u. a.
der Zeitschrift IBR Immobilien- & Baurecht.


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