Avenier Cornejo architectes haben ein veraltetes Seniorenheim auf einem innerstädtischen Grundstück umgebaut – jetzt bietet es zusätzliche Betreuungsplätze und zugleich konnten die vorhandenen Zimmer um ein paar Quadratmeter wachsen.
Die französische Hauptstadt kümmert sich verstärkt um ihre Pflegeheime: Das Centre d’Action Sociale de la Ville de Paris (CASVP) hat ein Modernisierungs- und Bauprogramm gestartet, um die Lebensbedingungen in den Einrichtungen zu verbessern. Jüngstes Beispiel ist das Heim »Sara Weill-Raynal« im Osten der Stadt. Bot das Haus seinen Bewohnern bislang beengte Zimmer ohne eigenes Bad, so ist es nun beträchtlich erweitert worden, sodass ein zeitgemäßer Standard möglich wurde. Keine leichte Aufgabe in einem dicht bebauten Innenstadtviertel, bei dem man den grünen Garten hinterm Haus nicht unbedingt mit Anbauten verstellen möchte. Avenier Cornejo architectes ergriffen daher im wahrsten Sinne des Wortes die Flucht nach vorn: Weil das Nachkriegsgebäude aus der Straßenflucht zurückwich, konnten sie es an der Vorderseite um eine Raumschicht von ca. 2 m ergänzen, es schließt nun bündig mit dem Nachbargebäude zur Rechten ab. Von den beiden Attikageschossen bot das obere noch genug Platz für eine Aufstockung. Insgesamt konnten auf diese Weise 460 m² Nutzfläche neu geschaffen und die Zahl der Bewohnerzimmer von 89 auf 94 erhöht werden.
Das Innere haben Christelle Avenier und Miguel Cornejo komplett umstrukturiert. Auf jeder Etage findet sich jetzt ein gemeinsames Esszimmer, wie bei einem Einfamilienhaus gedacht als Ort der Begegnung und des Austauschs. Es ist jeweils zentral gelegen und zu den Fluren hin offen. Die Zimmer sind als vollwertige Lebensräume konzipiert und vermeiden mit Holzvertäfelungen, hellen Bodenbelägen und einer attraktiven Farbgestaltung Krankenhausatmosphäre. Großzügige Fenster lassen viel natürliches Licht herein und sorgen für eine Verbindung zur Stadt. Gleichzeitig erzeugt eine dicke Fassade mit besonders tiefen Laibungen einen Eindruck von Solidität und Schutz, unterstrichen durch das Material Backstein. Daraus wurden sogar die Fensterbänke gemauert, anstatt sie einfach mit Blech zu bekleiden. So verleiht das Sichtmauerwerk dem Pflegeheim eine hochwertige Anmutung. Darüber hinaus korrespondiert es mit einigen älteren Gebäuden der näheren Umgebung. Verwendet wurde der Stein »Kolumba«, den der dänische Hersteller Petersen Tegl im Programm hat, seit er ihn zusammen mit Peter Zumthor für das 2007 eröffnete Diözesanmuseum in Köln entwickelt hatte. Im EG des Pflegeheims fügen sich die Flachziegel zu einem Filtermauerwerk, das Licht ins Innere lässt, aber vor neugierigen Blicken von Passanten schützt. Auf der Rückseite dagegen öffnet sich das Gebäude großzügig zum Garten. Ein neuer Weg, begleitet von zahlreichen Betonbänken, führt dort im Zickzack um die großen alten Bäume herum.
~Olaf Bensels