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Gestapelte Container

Gründerzentrum in Karlsruhe
Gestapelte Container

Das ehemalige Schlachthofareal in Karlsruhe wandelt sich derzeit zu einem Kreativquartier. Nicht leicht war es, eine passende Verwendung für die frühere Schweinemarkthalle zu finden. Was fängt man mit einem Raum an, der 36 m tief, bis zu 7 m hoch und v. a. von oben über zwei verglaste Dachaufbauten belichtet ist? Die Architekten der stadteigenen Fächer GmbH errichteten darin ein kleines Dorf aus 68 ausrangierten Seefrachtcontainern, die sie zu Arbeitsräumen umfunktionierten. Dafür ließen sie die Wände der Behälter aufschneiden, um verglaste Fronten einsetzen oder mehrere Module zu einer größeren Einheit zusammenlegen zu können. So entstanden Arbeitsräume unterschiedlicher Größe, von einem bis zu drei Containern. Ein paar Module rüsteten die Planer zu Toiletten um, andere verwandelten sie in einen Besprechungsraum. In drei Lagen übereinandergestapelt, machen die Behälter die Höhe der Halle nutzbar und lassen gleichzeitig genug unverbaute Fläche frei, sodass sich der ursprüngliche großzügige Raumeindruck auch heute noch nachvollziehen lässt.
Die Container werden nur an Existenzgründer aus der Kreativszene, bevorzugt an Absolventen der Karlsruher Hochschulen, vermietet. Aus elf präzise definierten Branchen, darunter Buch, Kunst, Theater, Presse und Design, wählt die Fächer GmbH Bewerber aus. Die Mieter kommen in den Genuss günstiger Räume und zahlen pro Container von 13,5 m² nur 100 Euro kalt. Der freie Raum in der Halle steht ihnen gratis als zusätzliche Fläche zur Verfügung, sei es für Ausstellungen, Präsentationen, als Entspannungszone oder temporärer Arbeitsplatz. An Sesseln, Tischen und Topfpflanzen, die dort bereits aufgestellt wurden, lässt sich ablesen, wie gut diese halböffentliche Zone angenommen wird. Ein Café dient darüber hinaus als Treffpunkt, steht aber auch allen anderen Nutzern des Schlachthofareals und Gästen von außen offen. Der Name »Perfekt Futur« gibt dem ganzen Projekt eine erkennbare Identität.
Das Gebäude ist mit einfachen Mitteln für die neue Nutzung hergerichtet worden. Dass es als Denkmal von der EnEV befreit ist, erleichterte ein behutsames Dämmen mit Augenmaß. Der mit Schweineexkrementen belastete Boden musste ausgetauscht werden und erhielt bei dieser Gelegenheit eine Wärmedämmung und neue Fundamente für die Container. Die Wände bleiben ungedämmt, um außen den roten Sandstein, innen das Ziegelmauerwerk und die alten Fliesen sichtbar zu belassen, die von der früheren Nutzung der Halle erzählen. Nebenräume, die in den 70er Jahren außen angebaut worden waren, wurden wieder entfernt, Türen, die man damals in die Fassaden gebrochen hatte, wieder zugemauert. Um diese Flächen als neu zu kennzeichnen, haben die Architekten sie in gelbem Backstein ausführen lassen. Das verleiht den Fassaden nun einen collagierten, vielleicht etwas unruhigen Charakter, der möglicherweise nicht jedermanns Sache ist, der aber gut zum bunten Innenleben der Halle passt. In allen Öffnungen ist eine neue Wärmeschutzverglasung mit Aluminiumrahmen eingebaut. Wo die alten Stahlsprossenfenster noch erhalten waren, wurden diese ein Stück nach außen vor die neuen Fenster verschoben.
Die feinen Betonrippen der Dachflächen waren so marode, dass sie selbst bei großem Kosteneinsatz nicht zu retten gewesen wären. Daher wichen sie einem gedämmten Trapezblechdach, das in der Untersicht zumindest auf den ersten Blick ein ähnliches Bild erzeugt. Da die vorhandenen Dachaufbauten kein Sichtmauerwerk, sondern Putzflächen zeigten, war hier das Aufbringen eines WDVS vertretbar. Die Halle wird mit einer Gasheizung auf 18 bis 20 Grad temperiert – wer es in seinem Container wärmer haben möchte, kann dort eine Elektroheizung zuschalten.
Es sind solche einfachen Standards, die dazu beitragen, die Baukosten und Mieten niedrig zu halten. Die Container schlugen in der Anschaffung mit je 2 400 Euro zubuche. Die Architekten suchten aus einem Lager in Rotterdam ausgemusterte Exemplare in passenden Farben zusammen. Mit Transport, Umbau, Stapelung in der Halle und ergänzenden Treppen kosteten die Behälter letztlich 10 000 Euro pro Stück. Hinzu kommt noch der Aufwand für die Sanierung der Halle. Rechnet man alles zusammen, ergeben sich rund 1 100 Euro pro qm Bruttogeschossfläche. Doch die Container tragen nicht nur zum Kostensenken bei, sondern auch zur Denkmalverträglichkeit der Hallenumnutzung: Ihr Einbau ist komplett reversibel. ›
Standort: Alter Schlachthof 39, 76131 Karlsruhe
Auftraggeber/Architektur: Karlsruher Fächer GmbH & Co. Stadtentwicklungs-KG, Karlsruhe, www.faecher.karlsruhe.de
Architektur: GJL Architekten Grube Jakel Löffler, Karlsruhe, www.gjl.de
Tragwerksplanung Halle: Becker Architektur- und Ingenieurbüro, Karlsruhe, www.beckerkarlsruhe.de
Tragwerksplanung Container: Professor Pfeifer und Partner, Ingenieurbüro für Tragwerksplanung, Karlsruhe, www.pfeifer-tragwerk.de
BGF: 2 360 m²
BRI: 11 430 m³
Baukosten: ca. 2,6 Mio. Euro
Beteiligte Firmen:
Aluminiumfenster/-türen Halle: AWS 65, Schüco International, Bielefeld, www.schueco.de
Aluminiumfenster/-türen Container: MB-45(S), Aluprof Deutschland, Schwanewede, www.aluprof-system.de
Fußboden Halle: Industriebelag aus Hartbeton, Rheobond 008, Chemotechnik, Abstatt, www.chemotechnik.de
Wand-/Fußbodenbelag Bäder: Elastische, trittschalldämmende Boden- und Wandbeschichtung, BASF Coatings, Münster, www.basf-coatings.de
Weitere Informationen unter www.db-metamorphose.de
  • 1 Eingang
  • 2 Café
  • 3 Gruppenbüro
  • 4 Einzelbüro
  • 5 Multifunktionsfläche
  • 6 temporärer Arbeitsbereich
  • 7 Besprechungsraum
  • 8 Servicecontainer
  • 9 Dachterrasse
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