Für die evangelische Kirche haben Berschneider + Berschneider ein heruntergekommenes Kloster saniert. Die Gratwanderung zwischen Erhalten und Erneuern ist geglückt: mit Handwerkskunst wie anno dazumal, beherzten Eingriffen und subtiler Materialwahl.
Das ehemalige Kapuzinerkloster am Rande der Altstadt von Neumarkt i.d.OPf. hat eine wechselvolle Geschichte zu erzählen. Erbaut wurde es nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges aus den Resten einer Burgruine. Nach etwa 130 Jahren Nutzung durch die katholische Gemeinde, wurde das Kloster 1802 während der Säkularisierung Bayerns aufgelöst und die Bauten verkauft. Einen Teil der Räumlichkeiten nutze man als Brauhaus mit Gastwirtschaft, andere Zimmer wurden an Arme vergeben, die Kirche in drei Scheunen aufgeteilt. Später übernahm die evangelische Gemeinde die Gebäude und nutzte sie wieder für Gottesdienste, Wohnzwecke und Gewerbe. Doch ein Großteil der Anlage verfiel und war durch jahrelangen Leerstand vom Abriss bedroht.
Die Architekten Berschneider + Berschneider bewiesen, dass es sich lohnt, die Rettung eines solchen Ensembles in Angriff zu nehmen. Zu Beginn wurde kräftig aufgeräumt und ausgemistet. Einbauten der jüngeren Vergangenheit wurden abgebrochen und Stück für Stück schälte sich die denkmalgeschützte historische Substanz wieder heraus. So kam der ursprüngliche Kreuzgang zum Vorschein und der Abriss einer Zwischendecke im Brauereigebäude gibt heute den Blick auf den originalen Dachstuhl frei. Bei allen Sanierungsarbeiten setzten die Architekten mit den beteiligten Gewerken auf traditionelle Handwerkskunst. So wurden die Fehlbodenkonstruktionen statisch und brandschutztechnisch ertüchtigt, alte Putzflächen gesichert und mit passendem Kalkputz ergänzt, die freigelegten Gewölbe instandgesetzt und – wo notwendig – nachgemauert, marode Holzbalken des Dachstuhls ersetzt.
Der originale Dielenboden der Brauerei fand eine neue Verwendung im Dekanatsgebäude. Auch einige Fenster konnten die Planer erhalten, andere ließen sie in gleicher Gestalt aus Eichenholz nachbauen und in die vorhandenen Öffnungen einsetzen.
Während gänzlich neu hinzugekommene Bauteile auch als solche erkennbar bleiben und sich damit vom Bestand ablösen, nutzte man bei der Instandsetzung vor allem historische Materialien: Die Holzoberflächen wurden mit Leinöl behandelt, der Kalkputz mit passendem Anstrich sorgt für ein gutes Raumklima. Sowohl im Bestand als auch bei den Ergänzungen wurde auf Beschichtungen verzichtet und jedem Baustoff seine ursprüngliche Anmutung gelassen. So fügen sich warmgewalzter Stahl im Treppenhaus mit dem Wachenzeller Dolomit als Natursteinboden, grob geschalte Betonwände mit Eichenholzdielen und feiner Kalkputz mit brüniertem Messing zu einem stimmigen Bild zusammen. Nun kann die evangelisch-lutherische Gemeinde die Gebäude wieder nutzen, als Gotteshaus, Pfarrzentrum und großen Saal, und darf sich dabei über authentisch bewahrte Räume freuen, die dennoch modern wirken.
~Petra Bohnenberger
Weitere Bilder vom Umbau und der Sanierung finden Sie auf der Webseite der Kirchengemeinde
Weitere Informationen über die Geschichte der ehemaligen Klosterkirche (heute Christuskirche)