Eines der Hauptwerke von Carlo Scarpa ist kürzlich mit großer Sorgfalt restauriert worden – auf Basis der über 2000 Zeichnungen, die der Architekt in den 70er Jahren für das Projekt in der Nähe von Treviso angefertigt hatte.
Eines der Hauptwerke von Carlo Scarpa ist kürzlich mit großer Sorgfalt restauriert worden: der Bestattungskomplex Tomba Brion in San Vito d’Altivole, der als eine Art Gedenkstätte an den verstorbenen Gründer der Elektronikmarke Brionvega erbaut und 1978 fertiggestellt worden war. Seinerzeit hatte Scarpa im Zuge der acht Jahre andauernden Planung und Ausführung rund 2200 Zeichnungen angefertigt, weitere 300 standen durch die am Bau beteiligten Unternehmen zur Verfügung und lieferten nun, 43 Jahre später, eine umfangreiche Grundlage für die Instandsetzung des Komplexes. Betreut wurden die Maßnahmen durch den Architekten Guido Pietropoli, einen ehemaligen Schüler Scarpas. Er ließ Teile aus sogenanntem Muntzmetall ertüchtigen, Elemente aus Birnen-, Eben- und Lärchenholz überarbeiten, die Stahlbetonkonstruktion sanieren, auf den Beton aufgebrachte Kalkputze und Vergoldungen restaurieren und Mosaike aus Muranoglas instandsetzen.
Für die insgesamt 600 m² große Stahlbetonkonstruktion wurde zunächst ein Jahr lang eine Musterfläche bearbeitet, um unter anderem Reinigungsmethoden gegen biogenen Bewuchs zu testen und zu bewerten. Hierbei bestand vor allem die Schwierigkeit, die Textur der Holzschalung weitgehend unverändert zu erhalten. Schließlich brachte Mikrosandstrahlen mit fein gemahlenen Walnussschalen das gewünschte Ergebnis, unterstützt durch ökologische Giftstoffe auf Basis von fungizid wirkendem Oregano, die man mit Rücksicht auf die Biolandwirtschaft in der Umgebung einsetzte. Ebenfalls problematisch war die unzureichende Überdeckung der Bewehrung im Bereich der in den Beton eingearbeiteten feingliedrigen Abtreppungen, sodass auch zukünftig eine kontinuierliche Wartung notwendig ist. Im Rahmen der Betonsanierung wurden zudem die Vergoldungen an den vertikalen Kanten und dekorativen Teilen restauriert und die in der Vergangenheit fälschlicherweise aufgebrachten Nitrolacke vorsichtig entfernt.
Aufgrund der intensiven Auseinandersetzung mit den bauzeitlichen Materialien sowie der notwendigen Voruntersuchungen dauerte das Vorhaben insgesamt drei Jahre. Allein die Lärchenholzbekleidung des Pavillons auf dem Wasser vollständig zu demontieren, in der Werkstatt zu überarbeiten und vor Ort zu rekonstruieren, brauchte 1 ½ Jahre. Dabei wurde der braune Anstrich einer vorangegangenen Sanierung entfernt, um zukünftig die natürliche Oxidation des Holzes zu einer silbergrauen, mit dem Beton korrespondierenden Farbgebung zu ermöglichen. Selbst die Grünflächen ließ Pietropoli wiederherstellen – sie waren über die Jahre um 15 cm eingesackt, weil der Regen das Erdreich in die darunter liegende Kiesschicht ausgespült hatte.
~Marie Grützner
2014 erschien eine sehr lesenswerte Monografie über das Gesamtwerk von Carlo Scarpa.