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KZ-Gedenkstätte im Hunsrück

Irritierender Körper
KZ-Gedenkstätte im Hunsrück

KZ-Gedenkstätte im Hunsrück
Nahe der Ortschaft Hinzert entstand 1938/39 ein »Polizeihaft- und Erziehungslager« für am Bau des Westwalls eingesetzte Arbeiter, das 1940 als Konzentrationslager der SS unterstellt und in das Vernichtungssystem des NS-Staats integriert wurde. Mehr als 13 000 Männer, viele von ihnen Widerstandskämpfer aus dem besetzten Luxemburg, waren in Hinzert interniert und wurden als Zwangsarbeiter ausgebeutet; mehr als 300 Menschen fanden durch Hinrichtungen oder infolge miserabler Arbeitsbedingungen den Tod.

Unmittelbar nach Kriegsende ließ die französische Militärregierung einen Ehrenfriedhof anlegen. Weil ein eigentliches Informationszentrum fehlte, beschloss der Landtag von Rheinland-Pfalz 2002 die Errichtung eines Dokumentations- und Begegnungszentrums. Den Architektenwettbewerb (Juryvorsitz: Helmut Striffler) im Jahr darauf gewann das in Frankfurt und Saarbrücken ansässige Architektenteam Wandel, Hoefer, Lorch + Hirsch, das in Frankfurt durch das Mahnmal Börneplatz, in Berlin durch das Mahnmal Deportationsbahnhof Grunewald, in Dresden durch die Synagoge und in München durch das im Bau befindliche Jüdische Museum bekannt geworden ist.
Das Gebäude, das am 10. Dezember 2005 eröffnet wurde, ist keine schlichte Box, die sich auf eine dienende Rolle beschränkt. Mit gedenkstättenspezifischen Pathosformeln aber operiert das Bauwerk ebenfalls nicht. Gleichwohl ist das Dokumentationshaus in höchstem Maße irritierend – und zwar deswegen, weil es sich den üblichen Kategorisierungen entzieht: Die Architekten entwarfen eine Hülle aus rostigem, 12 Millimeter dickem Corten-Stahl, die aus winklig zueinander versetzten Dreiecken besteht. Dadurch steift sich die Struktur aus, sie ist Tragwerk und Fassade zugleich. Im Norden scheint das lang gestreckte Gebäude, das im Inneren neben dem Ausstellungsraum auch einen kleinen Veranstaltungssaal und ein Büro birgt, dem leicht abfallenden Terrain zu entwachsen, Richtung Süden öffnet es sich mit einer großflächigen Verglasung zum Gelände des früheren Konzentrationslagers. Auf die Scheiben wurde ein Siebdruck aufgebracht, so dass sich für die Besucher beim Blick nach draußen historische Perspektive und heutige Landschaft überlagern. Die Formgebung des Äußeren zeichnet sich auch im Inneren des Gebäudes ab – Wände und Decken bestehen aus dreieckigen Birkensperrholzplatten, auf welche die Texte und Fotos der Ausstellung unmittelbar aufgedruckt sind.
Mit Hilfe computergesteuerter Fertigungsverfahren ist ein verstörender, expressiver Baukörper entstanden, der wie ein Fremdkörper in der Landschaft liegt und sich dabei doch in diese einfügt; der spröde und starr, aber zugleich auch geschmeidig, fast organisch wirkt.

~Hubertus Adam

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