Viel bürgerschaftliches Engagement führte letztlich zum Erfolg, nachdem zunächst gar nichts vorwärtsgehen wollte und das Bauprojekt zum Politikum geriet. Der nun vollendete Erweiterungsbau für das Jüdische Museum ist ansprechend, funktional und aufregend anders – wenigstens für Fürther Verhältnisse. Die Architekten stellten den meistenteils gründerzeitlichen Nachbargebäuden an der Königstraße eine Architektur zur Seite, die auf den ersten Blick beinahe textil leicht wirkt. Der Verweis der Architekten, dass solches Bauen im Nahen Osten das Gegebene sei und man sich davon habe inspirieren lassen, verfängt.
Tatsächlich, so selbstverständlich anders wie dieser Neubau tritt entlang der Königstraße kein zweiter Bau in die Öffentlichkeit. Mag sein, dass der an den Neubau angrenzende Platz mit Baumbestand in der Fürther Steinwüste dazu beiträgt, dass man als Passant unweigerlich hinguckt, stehen bleibt oder gar Platz nimmt auf den Quadern, die um eine alte Platane gruppiert sind. Aber zuerst ist es doch der Baukörper selbst, der die Blicke auf sich ziehen kann. Die ockerfarbene Klinkerfassade wirkt wie ein Kleid, dessen klassisch klarer und einfacher Schnitt von einem streng orthogonalen Saum nüchterner Bänder gefasst ist. Die Fenster sind wie Taschen in den Baukörper eingeschoben. Ein gazeartig wirkendes Klinkergeflecht begleitet aufgezogenen Schleiern gleich die Augen des Bauwerks.
Im Neubau, der zu ebener Erde und einmal auch im Luftraum über dem kleinen Innenhof mit Verbindungsstegen an den Altbau angebunden ist, stehen nun zwei große Wechselausstellungsräume, ein großer Bibliothekssaal und ein Depot zur Verfügung. Im 2. OG ist die Verwaltung eingerichtet. Das rückwärtige Hofareal wird als Hausgarten genutzt. Auf Hochbeeten ziehen die Museumsmitarbeiter dort Gewürzpflanzen, die in der jüdischen Küche von jeher Verwendung finden. Gekocht wird mit Schulklassen in der neuen Projektküche, und auch die Ausstellungen werden zukünftig von Projekten begleitet, die Schüler ganz speziell für das Jüdische Museum Franken einrichten. Im Altbau des Museums wird weiterhin die Geschichte jüdischen Lebens in Fürth erinnert und aufgeblättert, im Neubau findet das heutige Leben statt.
Die Stadtgesellschaft vor Ort erfreut sich dieser zarten Architektur inmitten historistischer Strenge und verhaltener Opulenz.
- Standort: Königstraße 89, 90762 Fürth
Architekten: Entwurf: ARGE Gatz, Kuntz+Manz Architekten, Bamberg/Würzburg; Umsetzung: Ulrich Manz, umarchitekt, Bamberg
Bauzeit: Mai 2015 bis Mai 2018
Fassadenbekleidung:
GIMA-Ziegel, Typ Elva FK – Sonderformat 240/90/52 mm;
GIMA-Formziegel – Länge 260, 380, 410 und 490/90/52 mm
www.gima-ziegel.de