Im Künzelsauer Ortsteil Gaisbach wächst seit 1969 kontinuierlich die Firmenzentrale des weltweit agierenden Verbindungsmittelherstellers. Nun hat der mitunter als Schraubenkönig titulierte Unternehmer Reinhold Würth seiner Frau das jüngste Ergebnis seines unermüdlichen mäzenatischen Engagements gewidmet: David Chipperfield bekam nach einem Wettbewerb den Auftrag zum Bau einer Kongress- und Veranstaltungshalle. Ähnlich dem Marbacher Literaturmuseum der Moderne thront sie wie eine Akropolis auf der Anhöhe. Drinnen findet derzeit der neu gegründete Klangkörper der Würth Philharmoniker seine Heimat. Eine Bibliothek und ein Museum (neben 14 weiteren Kunstmuseen der Sammlung Würth) sollen noch folgen.
Mit dem Bau in abstrakter Stahl-Glas-Moderne im Sinne Mies van der Rohes haben Chipperfield und sein Partner Alexander Schwarz ihre auch andernorts zu beobachtende Tendenz zu rationalistischer Perfektion auf die Spitze getrieben. Zwei Wangenmauern bilden mit dem Baukörper einen offenen, steinernen Hof – Vorplatz, erweitertes Foyer, Open-Air-Veranstaltungsort und idealer Platz für großformatige Skulpturen zugleich.
Das Foyer – mit Eschenholz bekleidete Wände, Würth-roter Fußboden – erschließt zwei sehr unterschiedliche Säle. Zur Rechten, ein Geschoss tiefer gelegt, ein feiner Kammermusiksaal mit 600 Plätzen in gediegener Atmosphäre, rechteckig, Typus Wiener Musikverein, ausgekleidet mit lebhaftem Walnussfurnier. Geradeaus öffnet sich eine Veranstaltungshalle für bis zu 2 500 Besucher, die auf eine sehr disziplinierte Art die sachliche Ästhetik multifunktionaler Messe- und Veranstaltungsarchitektur zelebriert, mit schlichten Sitzbanktribünen, Holzlamellenwänden und einer offenen, hoch installierten Dachkonstruktion. Für klassische Konzertaufführungen wird der Bühnenbereich mit holzbekleideten Wänden gerahmt. Erstaunlich ist die transparente Akustik dieses als Mehrzwecksaal eigentlich mit vielen Kompromissen behafteten Raums bei seiner Nutzung als philharmonischer Konzertsaal, die wohl von der multireflektorischen Streuwirkung der offenen Decke profitiert.
Schon von Weitem strahlt das asketisch-elegante Carmen Würth Forum eine Aura aus, die in der hohenlohischen Provinz durchaus überrascht.
- Standort: Am Forumsplatz 1, 74653 Künzelsau
Architekten: David Chipperfield Architects, Berlin
Bauzeit: Januar 2016 bis Juni 2017, Einweihung Juli 2017