18,5 Mio. Euro sind für eine 50 000-Einwohner-Stadt wie das rd. 50 km nördlich von Ulm gelegene Heidenheim eine stattliche Summe. Deshalb muss ein Bürgermeister ein solches Projekt gut begründen und dafür sorgen, dass den hohen Ansprüchen vieler nach einem sozialen Treffpunkt für alle, einer vielfältigen Nutzung und niedrigen Unterhaltskosten Rechnung getragen wird. Bei der neuen Stadtbibliothek, die zusätzlich das Kreismedienzentrum, das Stadtarchiv und ein Café beherbergt, ist das hervorragend gelungen.
2013 war ein zweiphasiger, öffentlicher Realisierungswettbewerb ausgelobt worden. Der Entwurf von Max Dudler und seinem Team ging – wie man aus heutiger Sicht sagen kann – verdient aus beiden Preisgerichtssitzungen als Sieger hervor. Rücksichtnahme auf die Umgebung bei gleichzeitiger Eigenständigkeit des Hauses, ein durchdachter, klar gegliederter Grundriss, hochwertige, langlebige Materialien und das Wissen um die Wünsche der Nutzer kennzeichnen das 110 m lange Gebäude.
Errichtet wurde es auf einem zentral in der Stadt gelegenen Gelände, auf dem bis dato eine Strafvollzugsanstalt gestanden hatte, an der Grenze zwischen großflächiger Nachkriegsbebauung im Westen und kleinteiliger (Wohn-)Bebauung im Osten. Um zwischen den beiden Bereichen zu vermitteln, arbeitete Dudler mit unterschiedlichen Gebäudehöhen: An den Enden erreichen die Attiken jeweils eine Höhe von 20 m, dazwischen messen sie mal 12, mal 15 oder 17 m. Die einheitliche Fassade aus gelblich-beigefarbenen Wasserstrichziegeln im Normal- und Dünnformat hält alles zusammen und verleiht dem Haus nach außen hin einen hochwertigen Charakter. Große, teils 4 x 4 m messende Fenster rhythmisieren die langen Fassaden zusätzlich.
Den Innenraum prägen weiße Decken, Wände und Möbel, ein geschliffener Zementestrich, dem als Zuschlag Donaukies beigefügt wurde, sowie Eichenholzfurnier für Handläufe und Einbaumöbel. Farbe bringen die derzeit 70 000 Medien ins Spiel, die zusammen mit der warmen Anmutung des Holzes eine wohltuende Atmosphäre erzeugen. Wer gerne im Freien sitzt, schmökert auf einer der beiden Dachterrassen.
Besonders beeindruckend ist der lange Bibliotheksflur im 2. OG, der sich über die gesamte Gebäudelänge erstreckt. Wobei »Flur« hier nicht der richtige Begriff ist. Die Zonierung durch Lesesäle und Kabinette, die verschiedenen Raumhöhen sowie das 110-m-Bücherregal voller Romane verwandeln ihn in einen abwechslungsreichen Aufenthaltsbereich – reizvolle Ausblicke in die Stadt inklusive.
- Standort: Willy-Brandt-Platz 1, 89522 Heidenheim an der Brenz
Architekten: Max Dudler, Berlin/Zürich/Frankfurt/München
Bauzeit: Januar 2015 bis November 2017