Hannover
Matthäuskirche
~Peter Struck
Zum hundertjährigen Bestehen der Matthäuskirche trennte sich die Gemeinde von ihrem viel zu großen Gemeindehaus nebst Grundstück und integrierte das neue Gemeindezentrum stattdessen in den Kirchenbau. Der im Zweiten Weltkrieg zerstörte Kirchenraum war bereits 1972 durch eine gefaltete Bauform aus Betonscheiben ersetzt worden, welche seitdem Chor und Kirchturm verbindet. An drei Seiten des Turms erweitern jetzt drei Elemente den Bau: Eine der Flanken läuft in einem spitzen Winkel aus, die andere schiebt sich wie ein Bügel über die ehemalige Sakristei. Der dritte Bauteil sitzt wie ein Sattel auf dem flachen Verbindungstrakt zwischen Turm und Kirchenschiff und stockt ihn um zwei gläserne Geschosse auf.
Obwohl Bauphasen und Zeitschichten klar nebeneinanderstehen, gelingt den Architekten die funktionale Verschmelzung. Zum Dreh- und Angelpunkt des Ensembles wird der Kirchturm, der das zentrale Treppenhaus und einen Fahrstuhl aufnimmt. Das vormals vermauerte Portal bildet nun den Eingang zu den neuen Räumlichkeiten. Alle drei Neubauteile sind funktional und optisch auf diese Stirnseite hin konzipiert – Unstimmigkeiten in den Seitenansichten wurden in Kauf genommen.
Mit ihren Glasfaserbetonplatten nimmt die Erweiterung das Grau der Altbauten (Kalkbruch- und Sandstein, Betonscheiben) auf und spielt sich auch in der Formgestaltung nicht in den Vordergrund: Sie ist schlicht und streng, fast ein wenig zu sachlich geraten. Nur an einer Stelle wagt sie sich doch zu weit vor: Dort, wo der Neubaubügel unvermittelt mit der Sakristei kollidiert. Will diese Lösung außen ästhetisch nicht recht überzeugen, so ist gerade hier der Innenraum am reizvollsten, wo ehemalige Fassaden zu Innenwänden werden und sich die Treppenspindel der Turmfassade jetzt auf Augenhöhe befindet. Und gerade diese überraschende Verbindung von musealen und modernen Elementen gelingt besonders gut.
Standort: Wöhlerstraße 13 Architekt: woelk wilkens architekten, Hannover Fertigstellung: Dezember 2007
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