~Falk Jaeger
Fensterlose Archivbauten in der Innenstadt, das ist in jüngster Zeit nicht immer gutgegangen. Ein Romantik-Museum, das kostbare Handschriften sammelt und ausstellt, muss auf Tageslicht ebenfalls verzichten und benötigt neutrale Dunkelräume.
Christoph Mäckler hat sich damit beholfen, dass er die Haupttreppe und Technikräume an die Vorderfront gelegt hat. Den Baukörper hat er zwar in drei historisch anmutende Hausfassaden gegliedert, die unterschiedlich verputzt wurden und auf diese Weise mit dem Goethe-Haus eine vierköpfige Hausfamilie bilden. Die unregelmäßige Verteilung der Fenster signalisiert jedoch, dass es sich um einen Neubau handelt.
Zuvor hatte Goethes im Krieg total zerstörtes und 1949–50 rekonstruiertes Geburtshaus als einsamer Stiftzahn inmitten banalen 50er-Jahre-Wiederaufbaus gestanden, nun wird der Große Hirschgraben wieder mehr als Altstadtgasse empfunden.
Nach Eintritt durch den Haupteingang überrascht zunächst das großzügige zweigeschossige Foyer mit den Panoramafenstern zu Hof und Garten. Durch den Garten führt auch der neue Zugang zum Goethe-Haus. Dessen erhaltene Brandwand und weitere Details erinnern an den historischen Kontext, so auch der Foyerboden des Neubaus, der mosaikartig aus Altziegeln und Trümmerverwertungsziegeln zusammengesetzt ist. Die Geschichte des Orts liegt buchstäblich zu Füßen.
Eine in blaues Licht getauchte Kaskadentreppe führt in die drei OGs. Sie verjüngt sich nach Art illusionistischer Renaissancetreppen, was sie perspektivisch länger erscheinen lässt. Auf halber Höhe eine Estrade in der Wand wie in einem mittelalterlichen Burgturm, die ovale Wendeltreppe, kleine Erker mit Ausblick auf historische Situationen, ein Fensterchen mit Klappladen als Zitat aus Dichtung und Wahrheit sind weitere Reminiszenzen. Aus dem spektakulären Blauen Erker blickt man durch die Glasziegel auf die verschwommen erlebbare, in das tiefblaue Licht der Romantik getauchte Straße.
Reichlich vordergründige Symbolik und postmoderne Zitierfreude also, aber die Direktorin schätzt dieses »Haus, das mitspricht«, das zum Architekturerlebnis wird, wie die Ausstellungsgestaltung selbst alle Sinne anregt und hilft, das abstrakte, gefühlsbeladene Thema Romantik zu vermitteln.
Standort: Großer Hirschgraben 23-25, 60311 Frankfurt a. M.
Architekten: MÄCKLERARCHITEKTEN, Frankfurt a. M.
Eröffnung: September 2021
www.deutsches-romantik-museum.de
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