~Uta Winterhager
Als der Bauplatz geräumt war, gab die Brache den Blick auf einen lange verborgenen Architekturschatz: St. Johannes XXIII, ein brutalistisches Meisterwerk der späten 60er Jahre frei. An seiner Seite plante das Erzbistum Köln den Neubau eines Berufskollegs für rund 1 000 Schüler, mit dem drei unterschiedliche Schulstandorte zusammengeführt werden sollten. Das Kölner Büro 3pass gewann den vom Bistum ausgelobten Wettbewerb mit einem recht kompakt erscheinenden viergeschossigen Baukörper auf polygonalem Grundriss. Spannung erzeugt die mit hellem Ziegel umhüllte Figur dort, wo sie den Blockrand verlässt und Freiräume schafft. Ein Knick in der Wand lässt das Kolleg von der Kirche abrücken und versammelt die Schülerschaft auf einem kleinen, geschützten Platz im Zwischenraum, bevor sie das Gebäude betreten. Drinnen dann das Unerwartete: Es öffnet sich eine Halle vom EG bis zu einem Dach, das nur von einer ultraleichten pneumatischen Luftpolsterkonstruktion überspannt wird. Die amorphe Form der Dachöffnung wiederholt sich in den darunterliegenden Etagen, doch kein Ausschnitt ist gleich, sodass das sanfte Vor und Zurück der Brüstungen so erscheint, als sei es nur kurz zur Ruhe gekommen. Dabei strahlt der Bau eine ungeheure Freundlichkeit aus. Authentische, sanfte Materialien – geschliffener Estrich, unbehandelter Sichtbeton und helle Hölzer maximieren die Tageslichtausbeute, während die technische Ausstattung im Verborgenen bleibt. Die Wegeführung ist simpel, da alle Klassen- und Arbeitsräume, wie auch Bibliothek, Mensa und Turnhalle aus der großen Mitte heraus erschlossen werden. Wer hier eine Ausbildung zum Erzieher, Heilerziehungspfleger oder Heilpädagogen macht, soll den Schultag jedoch nicht allein im Klassenzimmer verbringen. Begegnungen sind ebenso wichtig wie Räume, die Bewegung und verschiedene Gruppenkonstellationen zulassen. So laden offene Lernzonen und eine großzügige mit Sitzstufen verbreiterte Treppe zum gemeinsamen Arbeiten und Zusammensein ein.
Ein wenig Kolumba-Flair mag man hier spüren. Sind es die kostbaren Ziegel im wilden Verband, das kleine Fleckchen Filtermauerwerk, die breite, handschmeichelnde Brüstung? Ganz sicher wurde auch hier der gestalterische Anspruch eines Bauherrn, den seine Geschichte zum nachhaltigen Handeln quasi verpflichtet, ganz außergewöhnlich sensibel umgesetzt.
- Standort: Berrenrather Straße 119-129, 50937 Köln-Sülz
Architekten: 3pass Architekt/innen Stadtplaner/innen Kusch Mayerle, Köln
Bauzeit: Mai 2012 bis April 2016
db deutsche bauzeitung 11|2016