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Wohnort Stadt

Konversion ehemalige Fahrzeugwerkstätten Falkenried, Hamburg
Wohnort Stadt

Auf einem frei gewordenen Gewerbegebiet in einem der beliebtesten Stadtteile im Nordwesten Hamburgs entstand eine hochwertige Bebauung in einer Mischung aus Wohnen, Arbeiten und Freizeit. Die Hansestadt will mit diesem neuen innerstädtischen Quartier Abwanderungstendenzen entgegenwirken und vor allem einkommensstarken Familien und Paaren eine Alternative zum Haus im Grünen bieten. When a trading estate in one of the most sought-after areas in the northwest of Hamburg become vacant, there followed a high-quality development as a mixture of residential, business and leisure accomodation. With such centrally sited quarter Hamburg seeks to counter the population drift and to offer families and couples with higher income an alternative to a house in country suburbs.

Text: Cornelia Krause Fotos: Christian Richters, Klaus Frahm, Opole 6 x 6

In den Köpfen vieler Menschen existiert nach wie vor das Bild von der hässlichen Stadt und den beengten Wohnverhältnissen auf der Etage – Voraussetzungen, die man nicht gerade mit Lebensstandard verbindet. Also ab ins Grüne, dort, wo die Luft besser, die Gärten größer und die Wege weiter sind … Diese Schicht potenzieller Abwanderer aber will Hamburg nicht verlieren und sorgt daher für alternative Angebote, allerdings eher an die Adresse einkommensstarker Familien und Paare gerichtet. Geeignetes Bauland bieten die nach und nach frei werdenden Industrie- und Gewerbegebiete in bester Innenstadtlage. Zu einem der jüngsten Projekte gehört das Gelände der ehemaligen Fahrzeugwerkstätten Falkenried in Hamburg-Eppendorf, einem der bevorzugtesten Wohnviertel Hamburgs rund um die Alster. Hier funktioniert Urbanität noch so, wie Stadtplaner sich das vorstellen: Einkaufsstraßen mit stark gemischter, kleinteiliger Nutzung, Wohnungen (darunter auch viele repräsentative) und Büros, Schulen, Kindergärten, Wochenmärkte. Mittendrin lag das Werk der FFG, ein vor über hundert Jahren (damals noch vor den Toren der Stadt) gegründetes Unternehmen, das mit dem Bau von Straßenbahn- und U-Bahn-Waggons und deren Reparaturen weltweit Erfolg hatte. Mangelnde Expansionsmöglichkeiten führten schließlich 1999 zum Umzug nach Hummelsbüttel. Noch vor dem Verkauf des stadteigenen Geländes schaltete sich die Stadtentwicklungsbehörde ein, um dafür zu sorgen, dass das Gelände entsprechend seiner Lage anspruchsvoll beplant wird. Die Voraussetzungen waren günstig, auf der fünf Hektar großen Fläche in Zusammenhang mit der gut erhaltenen Industriearchitektur ein hochwertiges Quartier aus Wohnen, Arbeiten und Freizeit entstehen zu lassen. Mit viel Sorgfalt und Sachverstand wurden alle weiteren Schritte verfolgt: öffentliche Ausschreibung, Verkauf des gesamten Areals an die PGF (einem Konsortium aus Banken und Privatpersonen), städtebaulicher Wettbewerb mit dem Ergebnis eines verbindlichen Masterplans. Auf dessen Grundlage entstanden sechs Bauabschnitte, die mit dem entwickelten Baurecht des neuen Bebauungsplans an (auf Herz und Nieren geprüfte) Investoren verkauft wurden. Den Teilnehmern der ersten Wettbewerbsphase wies man, über die eigentliche Aufgabe hinaus, schon einzelne Bearbeitungsschwerpunkte zu. Dabei überzeugte das Büro Bolles Wilson die Jury mit der Ausarbeitung ihres Masterplanes so sehr, dass sie nicht nur als Sieger hervorgingen, sondern auch gleich mit dem Bau der prägenden Achse beauftragt wurden. Damit waren zwei Baufelder bereits vergeben. Für die noch verbliebenen vier wurden jeweils kleine Gutachten mit mehreren Teilnehmern ausgelobt.
Keine Frage, mit dem Entwurf der Münsteraner erhielt das Gebiet die geforderte Qualität und eine Besonderheit, die nicht nur innerhalb wirkt, sondern auf das gesamte Quartier ausstrahlt, denn die an den »Speckgürtel« rund um die Alster angrenzenden Stadtteile haben es immer schwerer den Anschluss zu halten. Und genau hier setzt die Falkenriedplanung an. Sie nutzt die Randlage zwischen zwei unterschiedlich wertigen Quartieren als Gelenk, das den Bewohnern der stark befahrenen Hoheluftchaussee im Südwesten eine attraktive Verbindungsachse bietet und umgekehrt. Denn trotz hohen Verkehrsaufkommens ist die Ausfallstraße eine lebendige Einkaufsmeile, an der viele beliebte Seitenstraßen hängen. So ideal sich die Planung anhört, sie wurde dennoch von viel Protest begleitet. Die angrenzenden Bewohner fürchteten eine »Schickimicki-Invasion« mit all ihren Folgen. Mieterhöhungen durch Sanierungen, teure Läden, zusätzlicher Autoverkehr mit entsprechenden Parkplatzproblemen.
Ganz unbegründet waren die Befürchtungen sicher nicht, denn was als Ergebnis des Realisierungswettbewerbs gebaut wurde, lässt eine gewisse Exclusivität nicht leugnen. Angefangen mit dem »Tower« von Bolles Wilson, einem 13-geschossigen Wohnhochhaus mit einer gekonnt kombinierten Ziegel- /Glasfassade und auffallend spitzen, in Glas aufgelösten Ecken. Zu ihm gehören zwei flachere Büroriegel, die in ihrer Stellung zueinander und mit ihren markanten Formen das Gelände städtebaulich maßgeblich prägen. Das Ensemble schafft zusätzlich zum eigentlichen Hauptzugang von der Straße Falkenried eine Eintrittsmöglichkeit vom Lehmweg über eine großzügige Treppenanlage und bildet darüberhinaus noch eine Platzwand für die weitläufige Piazza mit Verbindung zur Hoheluftchaussee. Die gegenüberliegende Platzbegrenzung übernimmt die alte Halle E mit ihrer langen Ziegelwand. Hier hat das deutsch-französische Büro LABFAC mit wenigen Eingriffen viel luftigen Raum für Existenzgründer geschaffen. Entlang der U-förmigen, halböffentlichen Erschließungsstraße trifft man als Nächstes auf die zwei Reihen der alten Wagenhallen, die von Spengler Wiescholek zu unkonventionellen Reihenhäusern umgebaut wurden. Die riesigen Tore sind stehen geblieben und begrenzen die einzelen Wohneinheiten. Der Bezug zur alten Nutzung ist sicher gut gemeint, wirkt aber stark aufgesetzt und verkommt zur reinen Dekoration, wie auch der stehen gebliebene Mauerbogen, durch den ein schmaler Weg zur zweiten Wohnanlage von Spengler Wiescholek führt. Zwei Reihen neugebauter Stadthäuser, die trotz Dichte viel privaten Freiraum durch die geschickt gestapelten Ebenen bieten. Die Bebauung begleiten große gärtnerisch gestaltete Innenhöfe. Die eigentlich als Pflegeheim vorgesehene, dann aber doch zu Etagenwohnungen umfunktionierte Anlage von APB Architekten wirkt fast ein wenig brav und zu normal gegenüber den ansonsten experimentierfreudigen Wohnungstypen. Mit einem geschickten Schachzug hat Bothe Richter Teherani das einstige Verwaltungsgebäude an der Straße Falkenried zum Wohnen umgebaut, indem auf der nach innen weisenden Fassadenseite eine raumtiefe Achse aus Betonfertigteilen vorgesetzt wurde, die terrassengroße Balkons ermöglichen. Dadurch bekommt der Backsteinbau zwei ganz unterschiedliche Gesichter, zusammengefasst über ein zusätzliches Dachgeschoss, das in seiner eigenwilligen Form die Veränderung bereits von der Straße ankündigt. Erhalten geblieben ist auch das Pförtnerhaus aus den zwanziger Jahren, das, zum Café / Bistro umgebaut, inzwischen schon viele Gäste aus der Umgebung anzieht. Für die Belebung der großen Piazza aber wird das nicht ausreichen. Etwas abgeschlagen, dafür jedoch mit Blick auf den Isekanal, sind die Wohnungen von Baumschlager Eberle am Lehmweg.
Noch sind nicht alle Gebäude belegt, und auch der Durchbruch zur Hoheluftchaussee ist gerade erst begonnen worden, so dass speziell der Piazza immer noch etwas Unfertiges anhaftet und es noch viel Vorstellungskraft bedarf, die Bilder auf den Verkaufsprospekten zur Deckung zu bringen. Die Einbettung in den intakten Stadtteil aber wird dafür schon sorgen, dass es keine leere Fläche bleibt. kr
Architekten / Investoren: Teilgebiet 1 +2: Bolles Wilson, Münster, und Baumschlager Eberle, Lochau (Österreich) / Bayerische Hausbau, München/Hamburg Teilgebiet 3: LABFAC, Paris / Hamburg Team, Hamburg Teilgebiet 4: Spengler Wiescholek, Hamburg / Townhouses Falkenried, Hamburg Teilgebiet 5: APB Architekten (Beisert, Wilkens, Grossmann-Hensel), Hamburg / Behrendt Wohnungsbau, Hamburg Teilgebiet 6: Bothe Richter Teherani, Hamburg / J + O Falkenried Apartments, Hamburg Grundstücksgröße: 5 Hektar Bruttogeschossfläche: 70000 m2 Wohnungsanzahl: 250 Wohneinheiten
Bildlegende Teilgebiete 1 – 6 1 Bolles Wilson, Baumschlager Ebele (A) 2 Bolles Wilson (im Bau) 3 LABFAC 4 Spengler Wiescholek B Open Sky C Garden Loft D Parkside E Domino 5 APB Architekten 6 Bothe Richter Teherani
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