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wiege der demokratie renoviert

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wiege der demokratie renoviert

wiege der demokratie renoviert
Blick von SŸdwesten mit Rheinebene
~Karin Leydecker

So richtig schön ist das Hambacher Schloss eigentlich nicht. Immerhin hat es 1000 Jahre wechselvolle (Bau-)Geschichte auf dem Buckel und das sieht man ihm auch an. Heute thront es wie eine massige Trutzburg am lieblich bewaldeten Pfälzer Haardtrand und erinnert an den Geist der Freiheit von 1832, der mit dem Hambacher Fest den Beginn der deutschen Demokratiebewegung markiert. August von Voits neogotischer Umbau (1844–46) in ein »pfälzisches Hohenschwangau« blieb Rudiment und erst 1968 wurde die verwitterte Ruine mit einem Notdach geschützt. Zur 150-Jahr-Feier des Hambacher Festes gab das Land Rheinland-Pfalz erstmals Geld für ihre »Wiege der Demokratie« aus: 1980 wurde das Schloss für 12 Mio DM saniert und zur Dokumentationsstätte ausgebaut. Horst Römer (Kaiserslautern), der auch für den rustikalen Stelzenbau »Haus der Deutschen Weinstraße« in Bockenheim verantwortlich ist, führte bei dieser volksnahen Generalaufrüstung Regie. Die hielt ästhetisch nicht lange vor und brachte auch nicht die erwünschten Besucherzahlen.
Aus diesem Grund lobte die Landesregierung in Mainz einen Wettbewerb zum erneuten Umbau des Hambacher Schlosses aus, der für den Schweizer Puristen Max Dudler entschieden wurde. Er soll das Gemäuer gründlich entrümpeln, funktional verbessern und technisch sanieren, denn schließlich funktionieren hier weder Lüftung noch Fußbodenheizung. Nun müssen die braunen Bodenfliesen raus, die geschnitzten Motivtüren ebenfalls und auch die martialische Holzdecke des Festsaales. Diese Holzkonstruktion kaschiert rein dekorativ die darunter eingezogene Betondecke. Aber gerade das Ansinnen, das historisierende Dekoteil zu entfernen, manövrierte die Volksseele in eine regelrechte Identitätskrise: Oh Heimat, deine Holzdecken! Der um sein Zimmermannswerk bangende Professor Römer mischte kräftig mit, indem er die Schönheit holziger Burgenromantik besang, den Dudler-Entwurf als »abgehängten Pappendeckel« diskreditierte und sogar mit dem Rechnungshof drohte. Das Land und die Stiftung Hambacher Schloss schalteten kurzerhand auf Sendepause und ließen Dudler den ersten 3,3 Mio Euro teuren Bauaubschnitt starten. Der wurde denn auch pünktlich zum schwarz-rot-gold beflaggten 175. Hambacher Fest im Mai fertig: Es gab neue Toiletten, eine neue Treppe und einen neuen Aufzug. Den fuhr man rauf und runter, lobte die Aussicht und vermied angestrengt das Wort »Dudler-Decke«. Wie das Schloss nach dem zweiten Bauabschnitt im Jahr 2009 aussehen soll, zeigt das Bild: Die Sanierung zelebriert eine streng reduzierte Formensprache mit harter Fuge zwischen Alt und Neu. Ein neuer, gedrungener Baukörper aus Bruchstein mit Museumsshop und Restaurant, der formal die Ringmauer fortsetzt, wird dem Schloss vorgelagert. Schon im Herbst soll das mit 10 Mio Euro veranschlagte Projekt starten. Und jetzt wird es spannend, denn plötzlich meldet sich die Landesregierung wieder zu Wort: Holzdecke? Kirschholzparkett? Dudler? Großes Fragezeichen! »Es gibt noch kein Detail, das abgesegnet ist!« So macht man das in Rheinland-Pfalz.
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